Erneuerbare Energien

Vestas in Husum droht neuer Streik: Das ist noch übrig vom Hersteller von Windkraftanlagen

Vestas in Husum droht neuer Streik

Vestas in Husum droht neuer Streik

Birger Bahlo/shz.de
Husum
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Daniel Petersen wirbt als Gewerkschafter für die Interessen der Vestas-Belegschaft. Foto: Birger Bahlo/shz.de

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Vestas, dänischer Hersteller von Windkraftanlagen, erkor einst Husum zum Hauptsitz für Deutschland. Dann der Abbau – und aktuell drohen Streiks.

Mit einem Bürocontainer in der Otto-Hahn-Straße in Husum fing alles an. Vestas, der dänische Hersteller von Windkraftanlagen, baute den nordfriesischen Standort mitten zwischen all den Pionieren der Erneuerbaren Energien an der Westküste zum Sitz der „Vestas Deutschland GmbH“ aus. Und weiter ging es von hier in den europäischen Markt. Genau dort, wo aber nach und nach vieles eingesammelt und ins neue Hauptquartier in Hamburg verlagert worden ist, drohen in aller nächster Zeit Warnstreiks der verbliebenen Belegschaft. Rund 200 Kollegen seien es noch in Husum, heißt es seitens der Gewerkschaft IG Metall.

Der Streit zwischen der IG Metall und Vestas spitzt sich nämlich weiter zu. Am Donnerstag, 27. Oktober, endet die dreitägige Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeitskampf. Der Konflikt betrifft laut IG Metall rund 1700 Beschäftigte, darunter 700 Monteure, die im ganzen Bundesgebiet mit Service und Wartung von Windkraftanlagen beschäftigt sind. Gefordert werde nach wie vor, dem Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie beizutreten, damit die Kollegen und Kolleginnen in den Genuss deutlich besserer Löhne kämen. Und die Gehälter müssten auch künftig regelmäßig angehoben werden. Hinzu werden klare Arbeitszeitmodelle gefordert, um Älteren den Ausstieg zu erleichtern.

Hier in Husum würden unter anderem noch der Vertrieb, technischer Support, Lagerverwaltung und einige Service-Teams ihren Sitz haben. Außerdem würden ein paar Dutzend junger Leute unter anderem zu Mechatronikern und Industriekaufleuten ausgebildet. Diesen Überblick gibt Daniel Petersen als Gewerkschafter im Gespräch mit shz.de. Er war 1999 als Elektroniker zu Vestas gewechselt, war als Monteur unterwegs, machte Entstöranalysen und war später als Praxistrainer und in der Ausbildung im Einsatz. 2014 wählten ihn die Kollegen in den Betriebsrat, den er seit 2018 führt.

Hochqualifiziert und fern der Heimat im gefährlichen Job

Petersen bringt die Probleme auf den Punkt, die mit der Geschäftsleitung angesprochen werden müssten. Ein Schwerpunkt sei die Lage der Service-Mitarbeiter, die allesamt gut ausgebildete Fachkräfte seien, die oft für längere Zeit fern der Familie im Einsatz seien und die bei Wind und Wetter teils mit Helikoptern zu den Anlagen auf See fliegen und dort einen gefährlichen Job machen müssten.

Es sei wichtig fürs Unternehmen, deren Kompetenzen im Hause zu halten und sie vor Abwerbungen zu schützen, ergänzt auch Martin Bitter, Geschäftsführer und 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Rendsburg, die Argumentation.

Die Vestas-Geschäftsführung hatte laut IG Metall im Juli Gespräche abgebrochen. Daraufhin gab es seitens der Gewerkschaft insgesamt vier Warnstreiks, zuletzt im September ganztägig während der Branchenmesse Windenergy in Hamburg.

Martin Bitter drängt auch wegen des von der Politik beschlossenen Ausbaus der Erneuerbaren Energien darauf, dass der Anlagenhersteller mit dem Beitritt zum Tarif als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werde. „Das wäre weitsichtig, wenn Vestas das nun endlich macht.“

Urabstimmung an 60 Standorten in Deutschland

Neben dem Hauptquartier in Hamburg gibt es Vertriebs-Einheiten in Husum, Hamburg, Berlin, Rheine und Gotha, Produktionsstellen in Lübeck und die Forschung und Entwicklung in Dortmund. Die Urabstimmung läuft an 60 Standorten im Bundesgebiet. Dabei handelt es sich meistens um dezentrale Lager für die Servicekräfte, die von dort zu Windparks in ihren jeweiligen Regionen ausschwärmen. Das ist ungewöhnlich für Unternehmen, daher richtete die Gewerkschaft eine Online-Abstimmung ein und verlängerte das Verfahren auf drei Tage.

Für einen Moment setzt Daniel Petersen in Husum die Brille des Betriebsratsvorsitzenden auf und betont, dass mit der Geschäftsleitung in der Vergangenheit durchaus immer wieder Verbesserungen erzielt worden seien, wobei auch Ideen der Mitarbeiter aufgegriffen worden seien.

 

Ähnlich hatte sich ein Vestas-Sprecher kürzlich geäußert. Das Unternehmen arbeite eng mit dem Betriebsrat zusammen. Eine Diskussion über weitere Verbesserungen der Betriebsvereinbarung sei im Gange.

Unsere Redaktion konnte die Geschäftsleitung zu einer aktuellen Stellungnahme zur laufenden Urabstimmung der Gewerkschaft am Mittwoch nicht erreichen, weder im Headquarter in Hamburg noch in Dänemark.

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