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Umweltschützer sehen Elbdeich durch neuen LNG-Anleger bedroht

Umweltschützer sehen Elbdeich durch neuen LNG-Anleger bedroht

Umweltschützer sehen Elbdeich durch LNG-Anleger bedroht

Henning Baethge/shz.de
Flensburg
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Für das LNG-Terminalschiff „Hoegh Gannet“ soll ein neuer Anleger in Brunsbüttel gebaut werden. Hier liegt es noch am bestehenden Gefahrgut-Kai. Foto: Marcus Brandt

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In Brunsbüttel soll die Elbe in Ufernähe 17,60 Meter tief ausgebaggert werden. Kritiker warnen vor gefährlichen Rutschungen am Deich – und lassen sich auch vom Bauherrn und vom Kieler Umweltminister nicht beruhigen.

Noch gibt es keinen festen Platz für das neue, schwimmende Flüssiggas-Terminal in Brunsbüttel: Als das Terminalschiff „Hoegh Gannet“ vor drei Wochen in Anwesenheit von viel Polit-Prominenz erstmals dort festmachte, wurde es am Gefahrgut-Kai des Elbehafens vertäut. Weil dort aber auch Öl- und Gastanker entladen werden, musste es die Position schon bald wieder räumen und nach Cuxhaven ausweichen – von wo es aber demnächst zurückerwartet wird.  

Bis Ende des Jahres soll die „Hoegh Gannet“ nun einen eigenen Dauerliegeplatz an einem neu zu bauenden Anleger im Elbehafen erhalten, einem sogenannten Jetty – doch der könnte zum Problem werden: Umweltschützer fürchten nämlich, dass durch den nahe des Elbufers geplanten Bau und Betrieb des Jettys der Deich in Brunsbüttel abrutscht und schlimmstenfalls größere Teile Dithmarschens überschwemmt werden.

Wird der Deich in Brunsbüttel unterspült?

Damit die „Hoegh Gannet“ nämlich an dem neuen, auf Pfählen ruhenden Jetty liegen und arbeiten kann, soll für sie eine 17,60 Meter tiefe „Liegewanne“ ausgebaggert werden. Die ist damit genauso tief wie der Fluss seit der letzten Elbvertiefung in der Fahrrinne in der Mitte – und schon bei diesem Projekt kam es zu Rutschungen. „Wir befürchten jetzt, dass durch eine Flussvertiefung so nahe am Ufer der Deich unterspült wird“, sagt Sascha Boden von der Deutschen Umwelthilfe.

Beim Betrieb können starke Strömungen entstehen

Außerdem werden beim Betrieb des Terminals große Wassermengen von der „Hoegh Gannet“ angesaugt und wieder abgelassen – allein knapp 20.000 Tonnen Wasser pro Stunde, wenn das auf minus 162 Grad heruntergekühlte Flüssig-Erdgas, kurz LNG, mit Elbwasser erwärmt und regasifiziert wird. Weitere 3000 Tonnen werden pro Stunde bewegt, weil das Schiff mit Elbwasser die Pumpen und Generatoren kühlt. „Dadurch können unter Wasser starke Strömungen entstehen, die die Ufer angreifen“, warnt Reinhard Knof, Sprecher der schleswig-holsteinischen Bürgerinitiative gegen LNG-Terminals.

Verstärkt würden diese Strömungen durch kräftige Schwingungen, denen ein so riesiges Schiff wie die fast 300 Meter lange „Hoegh Gannet“ zwangsläufig unterliegt – erst recht wenn ein LNG-Tanker andockt, um verflüssigtes Erdgas loszuwerden. „Diese Bewegungen übertragen sich auf den Untergrund, wo es zu kleinen Erdstößen kommt, die wiederum in ihrer Vielzahl zu Schäden an der Uferbefestigung führen werden“, fürchtet Knof. Sein Fazit: „Das kann nicht gut gehen.“

Der Bauherr Brunsbüttel Ports widerspricht

Der Bauherr Brunsbüttel Ports widerspricht jedoch. „Wir haben das alles prüfen lassen und sehen keine Gefahr“,sagt Hafenchef Frank Schnabel. Man habe Gutachten anfertigen lassen, die Entwarnung geben. Zudem würden die Planungsunterlagen noch von den Behörden kontrolliert. „Wenn es wirklich eine Gefahr für den Elbdeich gäbe, würde das Projekt ja nicht genehmigt“, sagt Schnabel.

Auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt macht sich keine Sorgen. „Ein Abrutschen des Landesschutzdeichs infolge der Liegeplatzvertiefung ist nicht zu befürchten“, teilt der grüne Minister mit. Seine Küstenschutzverwaltung befinde sich „in engem Austausch“ mit dem Bauherrn, „um negative Auswirkungen auf den Deich sicher ausschließen zu können“. So würden aktuell „Anpassungsmaßnahmen erarbeitet“, die ein Abrutschen des Ufers verhindern sollen. Unter anderem seien Steinschüttungen geplant.

Goldschmidt hat Sicherheitsnachweise verlangt

Zudem habe man vom Bauherrn „Standsicherheitsnachweise für die Deichaußenböschung“ gefordert sowie Angaben darüber, „wie der elbdeichseitige Rand der Liegewanne gegen Erosion gesichert soll“. Auch müsse eine Strömungsmodellierung sowie ein morphologisches Gutachten erstellt werden.

Den Kritiker Knof beruhigt all das allerdings nicht. „Das zeigt, dass unsere Warnung kein Hirngespinst ist, sondern auch die Küstenschutzverwaltung die Gefahr erkannt hat“, sagt er. Den Steinschüttungen vertraut er ebenso wenig wie den angeforderten Studien. „Durch starke Schwingungen des Schiffs können auch Steine ins Rutschen geraten“, sagt er. Und wenn ein Bauherr Untersuchungen für sein eigenes Projekt vorlegen solle, sei das ebenfalls fragwürdig: „Dabei kommen oft Gefälligkeitsgutachten heraus.“

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