Schleswig-Holstein

Ulf Kämpfer: Ende Oktober laufen alle Flüchtlingsunterkünfte voll

Ulf Kämpfer: Ende Oktober laufen alle Flüchtlingsunterkünfte voll

Kämpfer: Ende Oktober laufen alle Unterkünfte voll

Carlo Jolly/shz.de
Kiel
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Container- und Sammelunterkünfte, hier in Rendsburg, sind mit hohen Kosten für die Kommunen verbunden. Foto: Frank Höfer/shz.de

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Der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) erklärt, was die Kommunen jetzt bei der Zuwanderung vom Land SH erwarten.

Es sind Hunderte Geflüchtete, die an diesem Septemberabend im Kieler Hauptbahnhof stranden. Nichts geht mehr. Die Skandinavier machen die Grenzen dicht. Es trifft zahllose Syrer, Afghanen oder Iraker, weil sie plötzlich nicht mehr auf die Fähren dürfen – oder auf dem Landweg an der Grenze festsitzen. Dank spontaner Hilfsbereitschaft bekommen sie immerhin Decken, Getränke und Essen. Und an den Folgetagen kommen immer mehr Menschen.

So ist der September 2015 vielen Helfern von damals in Erinnerung geblieben. Tausende Freiwillige packten einfach an, damit die Gestrandeten nicht ins Chaos stürzen. Und heute? Kein Geflüchteter strandet an irgendeinem Bahnhof zwischen Hamburg, Kiel und Flensburg – und wenn, dann nur, weil die Infrastruktur streikt. Ulf Kämpfer sagt heute aber: „Die Lage ist viel schwierige als im September 2015, weil es einfach höhere Zahlen sind.“ Und der Kieler Oberbürgermeister ergänzt: „Der Wohnungsmarkt kann kaum mehr etwas aufnehmen.“

Für Geflüchtete werde es immer schwieriger, aus Sammelunterkünften herauszukommen. „Schon vor der Ukrainekrise und den aktuellen Flüchtlingsbewegungen war es so, dass Menschen seit fünf oder sechs Jahren in unseren Gemeinschaftsunterkünften wohnen.“ Dort seien sie aber kaum in die Stadtgesellschaft integrierbar.

Für Städte wie Kiel ist es einerseits eine Geldfrage: Die Ausgaben für große Sammelunterkünfte wie Schusterkrug in Holtenau mit 900 Plätzen samt Sicherheitsdienst seien hoch. Der SPD-Politiker rechnet mit 15 Millionen Euro ungedeckten Flüchtlingskosten. Dass dieses Geld nicht anderswo gespart werden müsse, sei wichtig für die Akzeptanz der Flüchtlingspolitik. Noch dringender sei aber, dass das Land mehr Unterkünfte selber schafft. Die Landesunterkunft in Glückstadt komme zu spät und werde nicht ausreichen: „Da muss kurzfristig etwas kommen.“

Dass im Gegensatz zu 2015 nirgendwo chaotische Szenen an Bahnhöfen zu sehen seien, hält Kämpfer für ein Problem, weil die Lage nicht sichtbar sei. Diesmal gebe es nicht diese großen Mengen an Transitflüchtlingen, die weiter nach Schweden und Dänemark möchten. „Die Menschen wollen direkt nach Deutschland.“

Und wie lange sind Kiels Unterkünfte aufnahmefähig? „Wir haben jetzt noch ein paar kleine Ideen für Unterkünfte, die wir herrichten können“, so Kämpfer: „Ende nächsten Monats sind wir aber vollgelaufen.“ Dann gebe es nur noch Turnhallen und andere öffentliche Gebäude: „Das wollen wir aber auf gar keinen Fall.“ Alle Puffer aus der Coronazeit seien längst abgebaut. Und selbst eine zeitweise Überbelegung sei nicht gut, weil es Konflikte und Spannungen innerhalb der Unterkünfte verschärfe.

Kämpfers Fazit: „Das Land muss Unterkünfte nachziehen, wir brauchen finanzielle Unterstützung – und irgendjemand muss den Zauberstab finden auf internationaler Ebene, damit zum Herbst der Druck nachlässt auf die Kommunen.“ Die Fernsehbilder vom Mittelmeer machen Kämpfer wenig Mut: „Wenn es so weitergeht wie in den vergangenen Wochen, wird es nicht funktionieren.“

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