Intercity-Halt in Schleswig

Trauerspiel der Behörden: Die Türen des IC aus Kopenhagen bleiben zu

Trauerspiel der Behörden: Die Türen des IC aus Kopenhagen bleiben zu

Die Türen des IC aus Kopenhagen bleiben zu

Joachim Pohl, shz.de
Schleswig
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IC-Halt in Schleswig Richtung Kopenhagen: Auch Fahrräder werden mitgenommen – nach Reservierung. Aber in Richtung Süden bleiben die Türen zu. Foto: Joachim Pohl/shz.de

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Der immer noch nicht realisierte Fahrplan-Stopp des IC Kopenhagen - Hamburg in Schleswig entwickelt sich immer mehr zur Posse. Offenbar können sich deutsche und dänische Behörden nicht einigen.

Es könnte so schön sein: Einsteigen an Gleis 3 im Schleswiger Bahnhof, und eineinhalb Stunden später ist man im Hamburger Hauptbahnhof - ohne weiteren Stopp und ohne das Gedränge, das man im Regionalexpress oft nach dem Halt in Elmshorn hat. Oder Aussteigen an Gleis 3 nach einem verlängerten Wochenende in Kopenhagen und einer Direktfahrt ohne Umsteigen aus der dänischen Metropole nach Schleswig. Ganz abgesehen von den dänischen Touristen, die so Haithabu und Danewerk, Dom und Gottorf leicht und direkt per Bahn erreichen könnten.

Weiterlesen: Freie Bahn nach Kopenhagen – doch die Rückreise bleibt kompliziert

Geht aber nicht. Weit über ein Jahr schon fährt der grenzüberschreitende IC Hamburg - Kopenhagen wegen Bauarbeiten auf der Insel Falster nicht mehr über die Vogelfluglinie, sondern über die Jütland-Route und damit auch durch Schleswig-Holstein. Nach langen Überlegungen und Verhandlungen hatte sich die Bahn dazu durchgerungen, den Zug mindestens einmal in Schleswig-Holstein halten zu lassen, und das sogar in Schleswig. Seit einigen Monaten hält der bullig wirkende dänische Intercity dreimal am Tag auf Gleis 1 Richtung Norden und Gleis 3 Richtung Süden.

Fahrgäste können aber nur an Gleis 1 ein- oder aussteigen. An Gleis 3 gibt es nur einen Betriebshalt, jedoch keinen Verkehrshalt. Aussteigen dürfen hier nur Bundespolizisten, die auf der Fahrt von der Grenze bis Schleswig Fahrgäste kontrolliert haben. Eingestiegen sind sie in Flensburg-Weiche, wo es aber schon seit Jahren keinen offiziellen Bahnhalt mehr gibt. Dieser Stopp quasi auf freiem Feld kostet aber Zeit – und die fehlt der Bahn für einen Verkehrshalt in Schleswig, der mehr Zeit kostet als der ultrakurze Betriebshalt.

Bundespolizisten könnten in Pattburg einsteigen

Die Lösung liegt auf der Hand. Die Bundespolizisten könnten locker mit dem Mannschaftsbus nach Pattburg fahren und kurz hinter der Grenze in den IC einsteigen, der dort ohnehin hält. Nach Abfahrt des Zuges wären sie nach zwei Minuten wieder auf deutschem Hoheitsgebiet. Der Stopp in Flensburg-Weiche entfiele, die Bahn hätte Zeit für einen Verkehrshalt in Schleswig, Fahrgäste könnten ein- und aussteigen.

Die Verhandlungen laufen schon seit Monaten

Seit über einem Jahr verhandeln offenbar deutsche und dänische Behörden über diese Option. Wo die Knackpunkte bei diesem recht übersichtlichen Sachverhalt liegen, kann niemand sagen. Selbst der in dieser Frage seit längerem gut informierte Landtagsabgeordne Johannes Callsen (CDU) weiß nicht, woran es hapert. Eine am Freitagvormittag bei der Pressestelle der Bundespolizei in Berlin hinterlegte Anfrage zu diesem Thema blieb bis Montagabend unbeantwortet. Auch die Bahn weiß nichts Näheres: „Sobald eine Verabschiedung einer Rechtsgrundlage zwischen den Behörden in Dänemark und Deutschland erfolgt ist, die eine Mitfahrt der Bundespolizisten zwischen Padborg und Schleswig ermöglicht, kann der Betriebshalt in Flensburg Weiche entfallen“, sagte auf Anfrage eine Bahn-Sprecherin in Hamburg.

„Die fehlende Halteoption aus Richtung Dänemark ist sehr ärgerlich“, findet Max Triphaus, Geschäftsführer der Ostseefjord Schlei GmbH. „Als zertifiziertes nachhaltiges Reiseziel sind uns umweltbewusste Reiseformen sehr wichtig. Allzu viele Angebote haben wir jedoch aktuell nicht. Beim IC-Halt hatten wir die Hoffnung, für den dänischen Quellmarkt eine spannende und unkomplizierte Reiseoption anbieten zu können“, so der Schleswiger Chef-Touristiker.

Schleswig kann keine dänischen Gäste locken

„Wir hatten bereits ein Werbebudget geblockt, um in Kopenhagen und entlang der wenigen Zwischenhaltestellen auf die Region und das neue Angebot aufmerksam zu machen. Mittlerweile haben wir diese Planung aber wieder verworfen, da es offenbar keine Bewegung in der Sache gibt.“ Triphaus fasst zusammen, was andere auch denken: „Schade, dass Staatsgrenzen in unserem vereinten Europa nach wie vor so große Hürden darstellen.“

Johannes Callsen äußert sich hingegen abwartend: „Gerade nach dem deutsch-dänischen Freundschaftsjahr 2020 wäre eine Kooperation der deutschen und dänischen Polizei zur Realisierung des IC-Haltes auch aus Richtung Kopenhagen in Schleswig ein wichtiges Zeichen. Damit wäre gerade das Weltkulturerbe Danewerk/Haithabu unmittelbar auch für Gäste aus Dänemark erreichbar. Ich erwarte daher, dass es bald zu einem positiven Abschluss der laufenden Gespräche kommt.“ So lange hält der schnelle Zug zwar an Gleis 3, aber aus- und einsteigen dürfen dort niemand – außer den deutschen Grenzpolizisten.

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