Reichsadler in Flensburg

Streit um Nazi-Symbol an der Schule für strategische Aufklärung

Streit um Nazi-Symbol an der Schule für strategische Aufklärung

Streit um Nazi-Symbol an Ex-Nachrichten-Schule

SHZ
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Das Hakenkreuz wurde 1945 entfernt. Der Reichsadler aus der NS-Zeit breitet seine Schwingen weiterhin an der Fassade der früheren Nachrichtenschule aus. Foto: Marcus Dewanger / SHZ

Diesen Artikel vorlesen lassen.

„Ungläubig und fassungslos“: Urlauberin Sonja Newiak aus Cottbus sorgt mit einem Besucherbrief an die Flensburger für Zustimmung und Widerspruch.

Ihr Brief hat in den sozialen Netzwerken für einigen Wirbel gesorgt. Sonja Newiak aus Cottbus hat in ihrem Urlaub Flensburg besucht, streifte von ihrem Quartier in der „Seewarte“ durch die Mürwiker Straße und stutzte „ungläubig und fassungslos“, als sie vor der Schule für strategische Aufklärung stand. Den großen Reichsadler über dem Portal identifizierte Newiak, die in Brandenburg in der Umweltbewegung, der Friedensbewegung und bei der Linken aktiv ist, sofort als Nazi-Symbol.

In ihrem Besucherbrief fordert sie: „Weg mit dem kriegsverherrlichenden Nazigeist in Kopf und am Stein!“ und fragt: „Hat das tatsächlich noch niemanden gestört in 81 langen Jahren der der Geschichtsaufarbeitung?“

Weiterlesen: Schule für strategische Aufklärung – Offiziere für den Cyber-Raum

In der Flensburger Politik war Katrine Hoop von der Linken die erste, die die Diskussion aufgriff. Sie bezeichnete Sonja Newiaks Kritik als berechtigt und erinnerte an Flensburgs Rolle als letztem Sitz der NS-Regierung am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Der Stadt komme da „eine ganz besondere Verantwortung zur Aufarbeitung und Gestaltung öffentlicher Erinnerungsorte zu“.

Weiterlesen: Aus dem Ende der Reichsregierung Dönitz in Flensburg wurde ein Medienereignis

Aber was bedeutet das für den Adler am Portal der Schule für Strategische Aufklärung? „Weg damit“, wie es die Urlauberin aus Cottbus verlangt? Die Bundeswehr wird mit dieser Forderung immer wieder einmal konfrontiert und verweist darauf, dass der Reichsadler „in der aktuellen Gestaltungsform strafrechtlich unbedenklich“ ist. Das Hakenkreuz, das der Adler einst in seinen Krallen hielt, ist gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entfernt worden.


Die Kasernenanlage mit dem zwischen 1937 und 1939 errichtete Torgebäude der einstigen Nachrichtenschule steht unter Denkmalschutz. Schon allein deshalb sei, heißt es bei der Bundeswehr, „einer aus welchen Gründen auch immer vorgebrachten Reversibilität ein Riegel vorgeschoben. Dasselbe gilt für den nicht ganz so auffälligen Adler am Gebäude der Sportschule in der Fördestraße direkt gegenüber vom Verlagsgebäude des sh:z.


„Erinnerungszeichen an einem historischen Ort“

Die Bundeswehr betont die Funktion des Adlers als „Erinnerungszeichen an einem historischen Ort“. Für die historisch-politische Bildung sei er von großem Nutzen.

Ähnlich argumentiert auch Gerhard Paul, emeritierter Geschichtsprofessor an der Universität Flensburg und profunder Kenner der NS-Geschichte in der Region.


„Im Kern geht es um den vom alternativ-grünen Gesinnungsmilieu gestarteten Versuch, Geschichte und Literatur umzuschreiben, die Geschichte von Symbolen, Namen, Sprachmustern zu befreien, die heute nicht mehr opportun erscheinen“, meint der Historiker. Statt Geschichte umzuschreiben, solle man „sich kritisch mit ihr auseinandersetzen und zu unserer widersprüchlichen Geschichte stehen“.

Offen ist Paul indes für „kleine erklärende Zusatztafeln“ an Orten wie der Schule für Strategische Aufklärung.


Für Eiko Wenzel, der Denkmalschützer in der Flensburger Stadtverwaltung, wäre eine solche Info-Tafel das Mindeste, was die Bundeswehr leisten könnte. Auch er spricht sich strikt dagegen aus, den Reichsadler aus der Mauer zu meißeln, hat aber Verständnis dafür, dass Besucher sich daran stören, dass das Symbol unkommentiert an der Fassade hängt.

„Man darf nicht einfach so tun, als wäre diese Kaserne kein Nazi-Bau“, sagt er. „Sie ist ein Nazi-Bau.“ Wenzel regt einen Ideen-Wettbewerb an, der zum Ziel haben soll, den Reichsadler in ein kommentierendes Umfeld einzubetten. Dabei könnte er sich auch vorstellen, die Fassade selbst zu verändern.

Mehr lesen