Enertgiewende

So soll der Ausstieg der Stadtwerke Flensburg aus Kohle und Gas funktionieren

So soll der Ausstieg der Stadtwerke Flensburg aus Kohle und Gas funktionieren

Stadtwerke Flensburg steigen aus Kohle und Gas aus

Ove Jensen/SHZ
Flensburg
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Auf dem Gelände der Stadtwerke Flensburg direkt am Ufer der Förde lagern mehr als 70.000 Tonnen Kohle. Bilder wie diese soll es bald nicht mehr geben. Foto: Sebastian Iwersen

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Der Beschluss der Ratsversammlung steht: Bis 2035 soll die Fernwärme in Flensburg komplett CO2-neutral erzeugt werden. Die Stadtwerke wollen dieses Ziel in mehreren Schritten erreichen.

Bedeutend, historisch, epochal – es waren große Worte, mit denen die Ratsmitglieder ihre Entscheidung von Donnerstagabend kommentierten. Die Stadtwerke Flensburg sollen bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden. Keine Stromerzeugung mehr mit Kohle und Gas. Die Fernwärme, mit der fast alle Gebäude in der Stadt beheizt werden, soll ausschließlich aus erneuerbaren Energien kommen. Das soll im Ergebnis mehr als eine halbe Million Tonnen CO2 im Jahr einsparen.

Die Ratsversammlung setzt damit die Forderungen des Klimabegehrens um, deren Initiatoren mehr als 10.000 Unterstützer-Unterschriften gesammelt hatten.

Aber wie genau soll die geplante Umstellung funktionieren? Die Ratsversammlung hat dazu auf derselben Sitzung auch den Transformationsplan der Stadtwerke verabschiedet, der den Weg beschreibt, aber nicht in Stein gemeißelt ist. Für die endgültige Festlegung aller Einzelheiten gibt es noch zu viele Unsicherheiten, so die Stadtwerke.

Die Ratsversammlung hat einen Maßnahmenkatalog und einen Zeitplan beschlossen. Für jede Maßnahme ist ein Jahr vorgesehen, in dem sie umgesetzt werden soll. Allerdings gelten hier Einschränkungen: Die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen stimmen.

„So wird ausgeschlossen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadtwerke durch die Umsetzung überbeansprucht wird und Wärmepreise für Kunden überproportional steigen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadtwerke.

In einem „Arbeitskreis Transformation“ haben Vertreter der Stadtwerke und des Klimabegehrens gemeinsam mit Vertretern von Stadtverwaltung und Kommunalpolitik die Grundlagen festgelegt.

Ende 2023 wollen die Stadtwerke einen Transformationsplan vorlegen. Auf dessen Grundlage sollen dann Fördermittel vom Bund beantragt werden.

Grundsätzlich soll der Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung in drei Phasen erfolgen.

Phase 1: Kohle-Ausstieg

Die erste Phase ist der Kohleausstieg. Diese Phase sollte eigentlich schon Ende des Jahres abgeschlossen sein. Aufgrund der Energiekrise und der Gasknappheit in diesem Jahr war das Ende der Kohleverbrennung verschoben worden, und die Stadtwerke haben für diesen Winter noch einmal große Vorräte gebunkert.

Mit Inbetriebnahme der nächsten, Gas- und Dampfturbinenanlage Kessel 13 soll nun aber nur noch ein einziger Kohlekessel übrig bleiben – zum Einsatz in Zeiten von besonders hohem Energieverbrauch und als Reserve. Nach Angaben der Stadtwerke wird das den CO2-Ausstoß bereits um 40 Prozent reduzieren.

Phase 2: Fernwärme-Erzeugung aus Strom

Ein zweiter Elektrodenheizkessel mit einem Wärmespeicher soll schon im nächsten Jahr Wärme aus Strom produzieren. Für 2025 ist die erste Großwärmepumpe geplant, die Wärme mit Strom und mit Wasser aus der Förde erzeugt. Weitere Großwärmepumpen sollen folgen.

Phase 3: CO2-neutrale Energieträger

Die letzte Phase soll frühestens 2030 beginnen. Nach Abschluss dieser Phase wollen die Stadtwerke vollständig ohne Gas auskommen. Ersetzt werden soll es unter anderem durch Wasserstoff. Voraussetzung dafür ist, dass bis dahin „grüner Wasserstoff“ in ausreichendem Maße verfügbar ist und auch nach Flensburg gelangen kann. Hier gibt es noch zahlreiche Unsicherheitsfaktoren. Karsten Müller-Janßen, der den Transformationsplan bei den Stadtwerken verantwortet, sagt dazu: „Wir werden den Plan für die Dekarbonisierung immer wieder und kontinuierlich an den Stand der Technik, die Brennstoffsituation und die äußeren Rahmenbedingungen anpassen.“

Ob die Stadtwerke im Jahr 2035 wirklich komplett klimaneutral sein werden, kann mit letzter Gewissheit niemand garantieren. Die Ratsversammlung hat dem Bürgerbegehren zugestimmt und ist an diesen Beschluss nun gebunden – allerdings nur für zwei Jahre. Danach könnte der Beschluss theoretisch wieder geändert werden.

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