Natur

„Schwimmendes Kükenzimmer“ vor Schleimünde: Viel Platz für kleine Küstenvögel

„Schwimmendes Kükenzimmer“ vor Schleimünde: Viel Platz für kleine Küstenvögel

„Schwimmendes Kükenzimmer“ vor Schleimünde

Jörg Kasischke/shz.de
Schleswig/Slesvig
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Oliver Granke (Projektmanager der Stiftung Naturschutz S-H) verteilt mit vielen Helferinnen und Helfern das Muschel- Steingemisch auf der Brutinsel, dann ist sie bereit für den Transport zu ihrem Liegeplatz. Foto: Kasischke/SHZ

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Im Stiftungsland Oehe-Schleimünde das größte Brutfloß in ganz Schleswig-Holstein zu Wasser gelassen. Das „schwimmende Kükenzimmer“ bietet Platz für bis zu 100 brütende Flussseeschwalben.

Am Freitag wurde im Stiftungsland Oehe-Schleimünde eins der größten Brutflöße Deutschlands und das Größte in ganz Schleswig-Holstein zu Wasser gelassen. Das „schwimmende Kükenzimmer“ mit einer Gesamtgröße von 80 Quadratmetern bietet Platz für bis zu 100 brütende Flussseeschwalben und deren nahe Verwandte. Dazu gehören zum Beispiel die an der Ostseeküste deutlich seltenere Küstenseeschwalbe oder sogar die Zwergseeschwalbe, deren Bestände in Schleswig-Holstein alle bedroht sind.

Teil eines Küstenvogelrettungs-Projekts

Die Maßnahme der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein ist Teil des Küstenvogelrettungs-Projekts „Better Bird LIFE“. Das Gesamtvolumen des Projekts, das 2021 begann und 2025 endet, beläuft sich auf 8,4 Millionen Euro und wird aus dem EU-Programm LIFE Nature mit 60 Prozent kofinanziert.

„Wir haben hier in Schleswig-Holstein eine besondere Verantwortung für diese Küstenvögel, denn nur noch in den Schutzgebieten finden sie geeignete Brutplätze und genügend Nahrung für ihre Jungen“, sagt Projektleiter Oliver Granke.

Im Fokus der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und deren Projekt-Partner Integrierte Station Geltinger Birk des Landesamtes für Umwelt (LfU) und der Verein Jordsand, liegt die Flussseeschwalbe. „Sie ist eine von den bedrohten Seeschwalben, die hier in Schleswig-Holstein noch am häufigsten brütet“, so Granke.

Ein großer Erfolg wäre es aber bereits, wenn sich die Flussseeschwalbe noch in diesem Jahr auf der neuen schwimmenden Brutinsel niederlassen würde. „Wenn die bedrohten und selten gewordenen Küstenvögel in diesen Tagen aus ihrem Winterquartier – der West- und Südküste Afrikas – zurückkommen, sehen sie hier schon im Landeanflug aus der Luft die perfekten neuen Nistplätze für die Familiengründung“, so Granke.

Fast zwei Tage Bauzeit

Fast zwei Tage haben die Küstenvögelretter und ihre freiwilligen Helfer vor Ort an dem Brutfloß gebaut. Nach Auftragung des finalen Muschel-Steingemisches am Freitagmittag war das Brutfloß fertig für den mit Spannung erwarteten Stapellauf. Beladen mit einem Gewicht von zirka zehn Tonnen an Wohlfühl-Materialen für die Flußseeschwalbe, wurde das „schwimmende Kükenzimmer“ erfolgreich an den vorgesehenen Standort gezogen und dort sturmsicher verankert.

Die Flussseeschwalbe legt ihre Nester am Boden an, dafür braucht der rund 30 Zentimeter große Vogel ungestörte, überflutungsfreie Kiesstrände – und die werden immer rarer. Neben den schwindenden Lebensräumen machen ihnen zudem auch Nesträuber wie Fuchs und Marderhund sehr zu schaffen.

„In den vergangenen Jahren haben sie die Familienplanung der Flussseeschwalbe und ihren nahen Verwandten erheblich gestört, indem sie entweder die Eier aus den Nestern geklaut oder die frisch-geschlüpften Küken gefressen haben“, erzählt Granke. Mit dem neuen Brutfloß bieten die Küstenvögelretter ihnen jetzt einen weiteren Rückzugsort – den die vierbeinigen Räuber nicht erreichen können.

Auch das „Entern“ der Brutinsel sei nicht möglich, da ein passgenau gefertigter Überkletterungsschutz aus Metall, dies verhindere. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Brutflöße sehr gut angenommen werden und die Küstenvögel hier ganz in Ruhe brüten können, so dass es ein Happy End mit vielen kleinen flüggen Küken geben wird“, prognostiziert der Biologe.

Ohne das Stiftungsland, das sich mit 38.000 Hektar über ganz Schleswig-Holstein ziehe, sei es nicht möglich, diesen selten gewordenen Küstenvögeln einen Rückzugsort wie diesen hier zu bieten. In drei Stiftungsland-Gebieten – Oehe-Schleimünde und Geltinger Birk, beides im Kreis Schleswig-Flensburg sowie am Sehlendorfer Binnensee in der Hohwachter Bucht im Kreis Plön – verbessern Projektleiter Oliver Granke und sein Team, die Lebensräume der Küstenvögel. Im Großraum Dänische Südsee arbeiten neun dänische Projektpartner an demselben Zielen.

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