Schleswig-Holstein

Richter sehen Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen

Richter sehen Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen

Richter sehen Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen

Eckhard Gehm/shz.de
Kiel
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Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) bezeichnet sich selbst als sehr „wertkonservativ“. Foto: Axel Heimken/shz.de

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Am Mittwoch soll sich Schleswig-Holsteins neuer Justizstaatssekretär zu seinen umstrittenen Mitgliedschaften in zwei schlagenden Studentenverbindungen äußern. Doch bereits vor dem Termin im Innen-und Rechtsausschuss wächst der Druck auf Otto Carstens.

Der CDU-Politiker gehört zwei schlagenden Studentenverbindungen an, dem „Hamburger Corps Irminsul“ und dem „Innsbrucker Corps Gothia“.

Zum „Corps Irminsul“ sagt Michael Burmeister, Sprecher der Neuen Richtervereinigung: „Bei vorläufiger Einschätzung sprechen alle verfügbaren, sehr belastbaren Quellen dafür, dass unser Staatssekretär einer Verbindung angehört, die mit Rechtsradikalen zusammenarbeitet und auch vor gemeinsamen Veranstaltungen nicht zurückschreckt.“

Burschenschaft des Justizstaatssekretärs gehört zum „Hamburger Waffenring“

„Irminsul“ ist laut der Richtervereinigung Teil des sogenannten „Hamburger Waffenrings“, einer Dachorganisation von sechs studentischen Verbindungen. Auch die Burschenschaft „Germania“, die der Hamburger Verfassungsschutz 2019 als rechtsextrem eingestuft habe, sei Mitglied in diesem „Waffenring“.

„Der Versuch, die Einstufung gerichtlich zu verhindern, scheiterte Ende 2020 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg“, sagt Neumann. Begründet worden sei das Urteil (Az. 14 C 2497/20) damit, dass die Burschenschaft „wiederholt bekannte Rechtsextreme für Vortragsveranstaltungen“ eingeladen, Bindungen zum Hamburger Ableger der Identitären Bewegung aufgewiesen und öffentlich mit der „Gewalt- und Willkürherrschaft der NS-Diktatur“ sympathisiert habe.

„Die derzeitige Außenwirkung des Justizstaatssekretärs ist untragbar“

Wie Neumann weiter ausführt, hielten mehrere schlagende Verbindungen in Hamburg wegen der „Germania“-Burschenschaft Abstand zum „Waffenring“. Anders sei das bei „Irminsul“, wie Neumann betont. Und auch vom Staatssekretär gebe es keinerlei Signale dafür, dass er sich von diesen institutionalisierten Kontakten zu gerichtlich festgestellten rechtsradikalen Verfassungsfeinden in irgendeiner Weise distanziere.

Die Neue Richtervereinigung urteilt: „Die derzeitige Außenwirkung des Justizstaatssekretärs ist untragbar und es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob er die Mindestanforderungen an sein Amt erfüllt.“ Wer in hervorgehobener Position den Rechtsstaat vertrete, müsse gewährleisten, jederzeit klare Distanz zu Rechtsradikalen zu wahren.

„Ich finde, schlagende Studentenverbindungen sind eine sehr schöne Tradition“

Der Justizstaatssekretär hat nach eigenen Angaben selbst Mensuren gefochten und einen „Schmiss“, also eine Narbe vom rituellen Fechtkampf der Burschenschaften. In einem Interview erklärte er: „Ich finde, schlagende Studentenverbindungen sind eine sehr schöne Tradition.“

Aber was sagt er zu den Vorwürfen der Neuen Richtervereinigung? Oliver Breuer, Sprecher im Justizministerium, antwortet: „Wir werden uns dazu heute nicht äußern, sondern verweisen auf den Innen- und Rechtsausschuss des Landtages, in dem der Staatssekretär ausführlich Stellung nehmen wird.“

In die Kritik geraten ist Carstens außerdem wegen Plagiatsverdachts bei seiner Doktorarbeit und mittlerweile gelöschten Äußerungen auf seiner Webseite im Wahlkampf. Er hatte unter anderem geschrieben, er sei für „eine Justiz, die den Strafrahmen des Gesetzes ausreizt“ und einen „Strafvollzug, der keinen ,Urlaub‘ darstellt“.  

Bei Schwarz-Grün in Hamburg flogen wegen Mitgliedschaft in schlagender Verbindung die Fetzen

Schon einmal war eine Mitgliedschaft in einer schlagenden Verbindung zur Belastungsprobe für ein schwarz-grünes Regierungsbündnis Nach dem Rücktritt von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust im Jahr 2010 sollte Innensenator Christoph Ahlhaus (beide CDU) zu Regierungschef gewählt werden. Als herauskam, dass er Mitglied der Heidelberger „Turnerschaft Ghibellinia“ war, flogen zwischen den Koalitionspartnern die Fetzen. Ahlhaus trat aus der Verbindung aus.

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