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Referendariat: Darum protestiert der Lehrer-Nachwuchs gegen Neuregelung in SH

Referendariat: Darum protestiert der Lehrer-Nachwuchs gegen Neuregelung in SH

Referendariat: Darum protestiert der Lehrer-Nachwuchs

Frank Jung/shz.de
Kiel
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Streitthema: Wie früh und wie umfangreich sollen Studierende schon unterrichten? Foto: Unsplash/CDC

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Bringt eine Entscheidung von Bildungsministerin Karin Prien mehr Qualität für die Rekrutierung von Lehrer-Nachwuchs oder noch mehr personelle Lücken an Schulen? Die Arbeit von Studierenden als Vertretungslehrkräfte wird bei der Vergabe eines Referendariatsplatzes nicht mehr so honoriert wie bisher.

Obwohl Schulen über einen zunehmenden Lehrermangel klagen, erschwert das Bildungsministerium Nachwuchskräften den Einstieg in den Vorbereitungsdienst (früher: Referendariat). Bei der Platzvergabe können sich Bewerber eine Tätigkeit als Vertretungslehrkraft bereits während ihres Studiums nicht mehr als Bonus anrechnen lassen.

Das sorgt bei Betroffenen für scharfen Protest. „Dadurch wird sich für viele die Zeit enorm verlängern, bis sie einen Referendariatsplatz bekommen“, befürchtet Gesine Grüneberg. Die Lehramtsstudentin hat auf der Plattform Open Petition eine Online-Petition gegen den Kurswechsel gestartet. Bisher 711 Personen haben unterzeichnet. Grüneberg prognostiziert weitere Folgen: „Das mindert den Reiz, während des Studiums als Vertretungslehrkraft zu arbeiten. Diese studentischen Kräfte sind allerdings extrem wichtig, da es sowieso schon einen extremen Lehrkräftemangel gibt.“

Erst mit dem Master unterrichten

Bisher konnten Schulen jemanden als Verstärkung einsetzen, sobald er den Bachelor, also den Abschluss des regulär dreijährigen Grundstudiums, in der Tasche hatte. Seit Beginn des jetzigen Schuljahrs geht das erst, wenn jemand auch den Master des zweijährigen Aufbaustudiums besitzt.

So entfällt der Turbo für die Bewerbung

Die Arbeit von Bachelor-Absolventen an Schulen hat das Land bisher mit fünf Punkten pro Monat honoriert. Das beschleunigte die Bewerbung um einen Platz im Vorbereitungsdienst. Dafür werden 200 Punkte vorausgesetzt, vor allem bemessen an Prüfungsnoten und Wartezeiten. Fing jemand direkt nach dem Erwerb des Bachelors an, hatte er jedoch nach zwei Jahren schon 120 Punkte Bonus.

Aus Sicht von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat die bisherige Praxis jedoch zu viele negative Begleiterscheinungen mit sich gebracht. „Eine derart umfangreiche Tätigkeit neben dem Studium hat in vielen Fällen zu einer Verlängerung des Studiums und zum Teil auch zum Studienabbruch geführt und wirkt sich deshalb kontraproduktiv aus“, sagt Prien.

Damit begründet sie auch die neue Regel. Man wolle damit die Konzentration aufs Studium und einen zügigen Abschluss fördern. Mit der Änderung werde „zugleich die immer wieder geforderte Qualitätsverbesserung für den Vertretungsunterricht umgesetzt“.

In der Tat hatten diverse Bildungsexperten und auch Eltern immer wieder kritisiert, dass studentische Vertretungslehrkräfte zu weit gehende Aufgaben hätten. Gesine Grüneberg verweist aber auch auf ein großes Plus: „Die Erfahrungen an den Schulen stellen eine Bereicherung dar, da man in der Praxis und im ungeschönten Arbeitsalltag am meisten lernen kann.“

Die Hochschulpolitikerin der SPD-Landtagsfraktion, Sophia Schiebe, kritisiert Priens Entscheidung ebenso. Die Ministerin werfe „zukünftigen Lehrkräften Knüppel zwischen die Beine“. Schon gar nicht gehe es an, die bisherigen Regeln für die Bonuspunkte rückwirkend für schon abgeleistete Vertretungsarbeit zu ändern.

GEW: Besser als in der Kneipe zu jobben

Die Bildungsgewerkschaft GEW ist hin- und hergerissen: „Grundsätzlich ist es für Studierende sinnvoller im angestrebten Beruf als Lehrkraft zu jobben als am Tresen in der Kneipe“, sagt Geschäftsführer Bernd Schauer. „Mangels Unterstützung und Mentoring besteht aber die Gefahr, dass sie verheizt werden – und als ausgebildete Lehrkräfte gar nicht mehr in den Schulen ankommen.

Mehr Punkte für Master-Absolventen in SH

Immerhin: Wer nach dem Master als Vertretungslehrkraft unterrichtet, erhält dafür künftig zehn statt fünf Beschleunigungspunkte bei der Bewerbung für den Vorbereitungsdienst. Erstmals gibt es auch Punkte für die Bereitschaft zum Vorbereitungsdienst in Kreisen, in denen der Mangel an Lehrkräften besonders groß ist.

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