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Praktische Führerscheinprüfung in SH: Lange Wartezeiten und hohe Durchfallquote

Praktische Führerscheinprüfung in SH: Lange Wartezeiten und hohe Durchfallquote

Führerscheinprüfung in SH: Lange Wartezeiten

Inga Gercke
Schleswig-Holstein
Zuletzt aktualisiert um:
Prüflinge müssen immer länger auf ihre praktische Fahrprüfung warten. Fahrlehrer und TÜV-Prüfer schieben sich dafür gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Foto: Karin Johannsen

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Aktuell müssen Fahrschüler länger auf ihre praktische Prüfung warten. Fahrschulen und TÜV-Prüfer schieben sich dafür gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Auch die Lkw-Branche ist betroffen. Die sieht aber ein viel größeres Problem auf sich zukommen.

Aktuell teilt der TÜV-Verband auf seiner Internetseite mit, dass es in einzelnen Regionen derzeit zu längeren Wartezeiten für die praktische Führerschein-Fahrprüfung komme.

Auf Nachfrage heißt es von Jochen May, Sprecher bei TÜV Nord: „Bedingt durch Corona gab es in den vergangenen Monaten Wartezeiten bei der Terminvergabe für die praktische Fahrprüfung, die im Durchschnitt 15 Tage betrugen – in einigen Regionen in Norddeutschland auch länger. In der Region Nord- und Ostsee kam es allerdings zu keinem Prüfungsstau.“ 

Uneinigkeit über längere Wartezeiten

Dem widerspricht Frank Walkenhorst, Vorsitzender des Fahrlehrer-Verbands Schleswig-Holstein. Gerade im Süden des Landes sei es zu verlängerten Wartezeiten gekommen.

Corona, Personalmangel, schlechte Ausbildung

Uneinig sind sich Fahrschulen und Prüforganisation auch bei den Gründen. Neben den coronabedingten Prüfungsausfällen sieht der TÜV Nord beispielsweise die zunehmend schlechte Vorbereitung der Prüflinge: „Ein wichtiger Faktor für entstehende Wartezeiten sind die deutlich erhöhten Nichtbestehensquoten“, so May weiter. Schuld dafür sei die „unterschiedliche Ausbildungsqualität der Fahrschulen“. Die hohen Durchfallquoten führten zu Tausenden zusätzlichen Prüfungsterminen, so May. 

Fahrschulen bestreiten Vorwürfe

Der Fahrschullehrerverband spielt den Ball zurück. Frank Walkenhorst sagt dazu: „In SH liegen die Nichtbestehensquoten mit leichten Ausschlägen nach oben oder unten in den letzten Jahren bei zirka 30 Prozent. Wenn die Aussage des TÜVs richtig wäre, müssten die Probleme flächendeckend auftreten, was jedoch nicht der Fall ist“, sagt er.

KBA hat genaue Zahlen – SH schneidet im Vergleich nicht schlechter ab

Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) erfasst neben den bestandenen Prüfungen auch die nicht bestandenen Prüfungen. So fielen 2020 in Schleswig-Holstein 24,8 Prozent und ein Jahr später 26,3 Prozent der Fahranfänger durch die praktische Prüfung. Das ist zwar ein leichter Anstieg, trotzdem liegt die Durchfallquote in Schleswig-Holstein knapp zehn Prozentpunkte unter dem aktuellen Bundesdurchschnitt (2021: 36,4 Prozent und 2020: 34,1).

Für Frank Walkenhorst ist das Problem der Personalmangel beim TÜV. „Es gibt einige ‚Problemregionen‘, die schon fast traditionell bei Anforderungsspitzen nicht genügend Reserven an Prüfkapazitäten zur Verfügung haben“, so Walkenhorst, der selbst eine Fahrschule in Kiel betreibt.

Prüfungen nun auch samstags

Auch das dementiert der TÜV Nord: „In Schleswig-Holstein gibt es aktuell gut 80 aktive Fahrprüfer:innen bei TÜV NORD. Das sind rund 20 Prozent mehr als 2020“, heißt es in einem Antwortschreiben. Zudem reagiere der TÜV und biete aktuell auch Prüftermine an Samstagen an. Außerdem würden Rentner mit Prüfbefähigung sowie Fahrzeugprüfer aus den TÜV-Stationen für die Führerscheinprüfungen eingesetzt. Auch Personal aus anderen Regionen würde hinzugezogen, um in Brennpunkten auszuhelfen, so May.

Wie das Problem in den Griff zu bekommen ist, da sind sich beide Seiten noch uneinig. Aber: „Gemeinsam mit den Fahrschulverbänden und den zuständigen Behörden arbeitet TÜV Nord intensiv daran, um Wartezeiten im Jahr 2023 zu vermeiden“, heißt es vom TÜV.

Fachkräftemangel in der Lkw-Branche

Auch bei Lkw-Fahrprüfungen käme es zu verlängerten Wartezeiten, so Thomas Rackow, Geschäftsführer des Unternehmensverbands Logistik Schleswig-Holstein. Doch er gibt Entwarnung: „Das ist nervig, aber Sorgen, ihr neuer Arbeitgeber könnte sich nach Alternativen umgucken, muss sich keiner machen. Dafür ist der Fachkräftemangel zu extrem, da wird auf Personal gewartet.”

Er sieht ein viel größeres Problem: Aktuell soll es in Deutschland gut 600.000 Lkw-Fahrer geben. 30.000 scheiden jedes Jahr aus, etwa 15.000 kämen jährlich dazu. Setzt sich dieser Trend weiter fort, dann gäbe es in 40 Jahren keine Berufskraftfahrer mehr in Deutschland. 

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