SHMF geht auf Föhr neue Wege

Das Nieblumer Weingut Waalem wird zum Wiener Kaffeehaus

Das Nieblumer Weingut Waalem wird zum Wiener Kaffeehaus

Das Nieblumer Weingut Waalem wird zum Wiener Kaffeehaus

SHZ
Nieblum/Föhr
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Ein wunderbares Trio: Hrólfur Vagnsson, Victoria Trauttmansdorff und Theresita Colloredo (v. li.). Foto: Christel Leipesberger-Nielsen / SHZ

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Das erste Föhrer SHMF-Konzert in diesem Jahr fand bei Kaffee und Kuchen statt und bot Wiener Lieder statt klassischer Musik.

Im Corona-Jahr geht das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) auch auf Föhr neue Wege, probiert neue Spielorte und neue Formate aus. Statt der klassischen Konzerte in den alten Insel-Kirchen gab es deshalb zum Auftakt der diesjährigen Konzertsaison auf der Insel eine Premiere: Erstmals fand eine SHMF-Veranstaltung auf dem Weingut Waalem statt, erstmals am Nachmittag und erstmals wurden die Besucher während des Konzerts bewirtet. Sachertorte und Kaffee standen auf den kleinen Tischen bereit, mit denen der Saal in ein Wiener Kaffeehaus verwandelt worden war – passend zur Veranstaltung: „Kaffee Alt Wien“.

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Die Besucher hatten ihre Plätze eingenommen, langsam versiegte das Stimmengemurmel, als in die Stille hinein plötzlich ein Telefon schrillte – das uralte, knallrote Gerät, das beim Betreten des Raumes gleich ins Auge gestochen war, passte es doch so gar nicht zum gediegenen Ambiente des Weinguts, zu den Kronleuchtern, den Vitrinenschränken aus dunklem Holz, dem Parkettboden und dem riesigen ausgestopften Eisbären.

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Was für ein Anruf mochte da in die Veranstaltung, die gleich beginnen sollte, hineinplatzen? Keiner – denn das alte rote Telefon war Requisite. Es gehörte zum Programm, so wie das Publikum zu Statisten wurde, zu Gästen des „Kaffee Alt Wien“, dessen Chefin beim Friseur war und regelmäßig Kontrollanrufe machte, um zu überprüfen, ob ihre Kellner auch brav kellnern. Doch diese, der Herr Franz und der Herr Robert, hatten besseres zu tun, holten einen Musiker, füllten sich mit diversen Alkoholika ab und sangen. Sie sangen, erzählten, sangen – und verteilten ihren Schnaps auch im Publikum. „Der ist ja echt“ staunte Antje Nahmens vom Föhrer Festival-Beirat, nachdem sie an ihrem Glas genippt hatte.


Die Schauspielerin Victoria Trauttmansdorff ist Ensemble-Mitglied des Hamburger Thalia-Theaters, außerdem von vielen Film- und Fernsehproduktionen bekannt, ihre Kollegin Theresita Colloredo ist ebenfalls an vielen renommierten Bühnen in Deutschland und Österreich zuhause. Beide haben Wiener Wurzeln und ließen an diesem Nachmittag die Wiener Lieder ihrer Kindheit und die alte Wiener Kaffeehaus-Kultur wieder aufleben, begleitet von einem großartigen, wenn auch ganz und gar nicht wienerischen Akkordeonisten, dem Isländer Hrólfur Vagnsson. Ein unterhaltsames Programm, perfekt dargeboten von einem wunderbaren Trio. Dass trotzdem der Funke an diesem Nachmittag nicht gleich auf alle im Publikum übersprang, lag ganz gewiss nicht an den Künstlern.


War es der Wiener Schmäh, der im fernen Norddeutschland ein wenig aus der Zeit gefallen wirkte, war es die Atmosphäre auf dem Weingut, das erst vor wenigen Jahren im Stil des 19. Jahrhunderts gebaut worden war und seither als Fremdkörper in der Föhrer Landschaft steht? Jedenfalls gab es beim SHMF auf Föhr schon inspirierendere Veranstaltungen – in den altehrwürdigen Inselkirchen, im Alkersumer Museum oder an Bord der „Nordfriesland“.

Die nächsten Konzerte

Dort findet am Dienstag, 27. Juli, übrigens das nächste Konzert statt, das einzige in diesem Jahr an vertrautem Ort, bevor das SHMF am 30. Juli und 1. August mit einem Open-Air in Utersum wieder neue Wege beschreiten wird.

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