Der ökologische Hochzeits-Guide

Nachhaltiger heiraten in Flensburg – geht das überhaupt?

Nachhaltiger heiraten in Flensburg – geht das überhaupt?

Nachhaltiger heiraten in Flensburg – geht das überhaupt?

SHZ
Flensburg
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Das Brautkleid zu mieten stellt eine der vielen nachhaltigen Optionen dar. Bei Renate Nemcic kann man im einzigen Laden Flensburgs Brautkleider mieten oder Second-Hand kaufen. Foto: Marcus Dewanger

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Bei der Hochzeitsplanung nachhaltigere Entscheidungen zu treffen, ist leichter als gedacht. Shz.de hat mit einigen Flensburger Experten der Hochzeitsszene gesprochen und einige Empfehlungen zusammengefasst.

In diesem Artikel erfährst du:

  • Welche Bereiche einer Hochzeit nachhaltig gestaltet werden können
  • Wie man eine Hochzeit in den genannten Bereichen möglichst nachhaltig gestaltet
  • Welche Läden nachhaltige Optionen für Trauungen anbieten

Wenn's gut läuft, heiratet man nur einmal im Leben – dass das nicht so recht mit einem nachhaltigen Lebensstil einhergeht, liegt auf der Hand. Doch wie kann man ein einmaliges Ereignis möglichst langlebig gestalten?

Shz.de sprach mit einigen Flensburger Experten der Hochzeitsszene und hat für dich ein paar Tipps und Tricks zusammengefasst.


Eine Expertin in der Szene ist die Hochzeitsplanerin Maren Seidel. Die Flensburgerin hilft Verlobten bei der Planung und Umsetzung ihres besonderen Tages.


Sie würde sich nicht als „nachhaltige Hochzeitsplanerin“ betiteln, für sie sei das Treffen von ökologischen und nachhaltigen Entscheidungen aber schon Teil des Ganzen. Ihrer Meinung nach kann man in allen Bereichen ökologische Alternativen auswählen: „Es ist eigentlich alles total easy und machbar“, sagt sie.


Möglichst lokal & bio

Nachhaltige Entscheidungen fangen schon bei der Anzahl der Gäste an. „Man muss sich überlegen, ob man wirklich 150 Gäste auf seiner Hochzeit braucht.“ Je mehr Gäste, desto unökologischer werde ihrer Meinung nach die Feier, da auch mehr verbraucht werde.

Die Location sei das erste, auf das sich die Verlobten einigen müssen. Hier könne man nachhaltige Entscheidungen treffen, indem man möglichst lokale Locations auswählt. Seidel empfiehlt: „Möglichst lokal feiern und Locations nicht so weit auseinander auswählen“ – so können lange Fahrtwege minimiert werden.

Sollte das nicht möglich sein, könnte man für die Gäste einen Shuttle-Service bereitstellen, damit nicht unnötig viele Autos fahren müssen.

Fahrtwege einzusparen und damit den CO2-Verbrauch zu senken, lasse sich auch bei Serviceleistungen beachten. Hier empfiehlt die Flensburgerin auf lokale Caterer, Foto- oder Videographen zurückzugreifen, um den CO2-Ausstoß möglichst gering zu halten.



Bei vielen Dingen gilt: Weniger ist mehr

Auch bei der Tischdeko gelte: Weniger ist mehr. Weniger Girlanden, Papierservietten oder Schnittblumen sorgen im Endeffekt auch für weniger Abfall. Bei Blumen als Tischdeko eignen sich Topfblumen oder Kräutertöpfe als gute Alternative zu frischen Schnittblumen. Diese halten länger und „eignen sich nach der Feier auch gut als Gastgeschenk“, so Seidel.

Möchte man Schnittblumen auf der Feier nicht missen, so empfiehlt die Hochzeitsplanerin, die Deko mit anderen Bräuten zu teilen. Das Konzept des sogenannten „Blumensharings“ ist relativ neu und eher in Großstädten bekannt und funktioniert so: Wenn in einer gewählten Location eine Braut am Freitag feiert und die andere am Samstag, so kann die Tischdeko wiederverwendet werden. Voraussetzung ist dabei ein gleicher Geschmack. Dies zu finden, sei eventuell schwierig – jedoch nicht unmöglich. Eine Alternative stelle das „Blumensharing“ auf jeden Falle dar.

Trockenblumen statt Schnittblumen

Wer doch lieber klassische Blumensträuße mag, kann auf Trockenblumen zurückgreifen. Trockenblumen kommen nicht in Töpfen, sondern in einer klassischen Strauß-Zusammensetzung. Der Vorteil von Trockenblumen: Sie halten länger und sind damit eine tolle Erinnerung an den besonderen Tag. Der Nachteil: Sie sind oft teurer als normale Sträuße.

Der höhere Preis kommt durch den langen und aufwendigen Trocknungsprozess zustande, den Trockenblumen durchlaufen müssen. „Sechs bis zwölf Monate müssen diese kopfüber in dunklen Hallen hängen“, sagt die Flensburgerin Henni Rieker. Sie ist die Gründerin von Pretty Pampas und verkauft seit 2020 Trockenblumen – auf dem Flensburger Wochenmarkt sowie in ihrem Online-Shop.

Weiterlesen: Flensburger Wochenmarkt: Henrike Rieger hat ein Trockenblumen-Start up gegründet.

Mieten statt kaufen

Neben dem Verkauf von Blumen können bei ihr auch Trockenblumen für den besonderen Tag gemietet werden. „Bei uns kann man die Blumensträuße für die Tische mieten, große Tischgestecke, einen Traubogen inklusive großem Gesteck, ein Tischgestell mit Eukalyptus und Pampasgräser“, erzählt Rieker und verrät: „Pampasgras und der Traubogen wird eher gemietet.“


Sie selber habe auf ihrer Hochzeit gemerkt, wie viel Blumengestecke am Ende der Feier weggeschmissen wurden und bekam dabei das „Gefühl einer sinnlosen Verschwendung“.

Weiterlesen: Trockenblumen Startup: Pretty Pampas startet auf Hochzeiten durch.

Im Mieten sehe sie einige Vorteile. Sie sagt: „Durch das Mieten der Trockenblumen weiß man, dass diese Blumen nochmal auf einer anderen Hochzeit tanzen und nicht Zuhause den Biomüll verstopfen.“ Zudem könne man durch das Mieten Geld sparen, denn: „Schöne, hochwertige Trockenblumen sind aufgrund der Herstellung ja nicht billig.“

Bisher konnte sie nur gute Erfahrungen mit dem Konzept machen. Die Sträuße und Gestecke werden mit Sorgfalt behandelt, sodass sich weitere Bräute an diesen erfreuen können. Sollte mal Weizen abgeknickt oder Pampas-Gras traurig hängen, so komme das in eine Restekiste und wird anderweitig verwendet. „Weggeschmissen wird wirklich wenig“, resümiert sie.

Im allgemeinen könne das Mieten von Dingen wesentlich zu einer langlebigen Feier beitragen. „Im Grunde kann man alles mieten“, sagt Maren Seidel. Denn alles was gemietet sei, sei im Endeffekt auch ökologischer. Das gilt auch für andere Bereiche der Festivitäten. Dazu zähle auch die Hochzeitskleidung.

Kleider: Second Hand oder ausleihen

Für ein ökologisches Outfit empfiehlt die Hochzeitsplanerin, auf gebrauchte Kleidung zurückzugreifen: „Früher waren wir in der Hinsicht ökologischer, als wir es heute sind. Da haben wir das Kleid von der Oma oder der Mutter genommen.“

Eine weitere Alternative bietet das Ausleihen des Brautkleides. Hier liegt auch der Vorteil, dass erst gar keine neuen Materialen hergestellt werden müssen.

Bislang gibt es nur einen Brautmodenladen in Flensburg, der dieses Verleih-Konzept anbietet: Anitas Brautstübchen in der Norderhofenden 18. Auf den ersten Blick wirkt das Geschäft sehr heimelig und überschaubar. Seit 2010 ist Renate Nemcic die Geschäftsführerin, der Laden bestehe aber schon seit über 20 Jahren.


Brautkleid-Verleih – Einmalig in Flensburg

Damals befand sich das Geschäft in der Rathausstraße und verkaufte anfangs ausschließlich Second-Hand Kleider. „Später kam dann der Verkauf von Neuware und der Verleih von Kleidern dazu“, so Nemcic. Dieses Konzept führe sie nun weiter und ist damit der einzige Brautladen in Flensburg, der Verleih und Second-Hand-Brautmode anbietet.


Der Verleih geschehe jedoch ausschließlich bei Brautkleidern. Das liege daran, dass die Leute besser mit diesen umgehen würden, so Nemcic.

Der Verleih laufe bei ihr wie folgt ab: Ausgeliehen werden können Kleider ab einem Verkaufspreis von 350 Euro. Die Kundinnen zahlen dann beim Verleih dreiviertel des ursprünglichen Preises, der die Reinigung des Kleides schon beinhaltet. Das Ganze werde dann zum Schluss vertraglich abgesichert, in dem auch eine Abgabedatum des Kleides festgelegt wird – dieser ist meist zwei Wochen nach dem Trauungstermin, welcher jedoch flexibel mit Renate Nemcic absprechbar sei.

Einen Haken gebe es jedoch bei der Sache: Größere Frauen profitieren bei dem Konzept eher als kleinere Frauen. „Ich vermiete lieber an größere Kunden, da bei ihnen weniger umgeschneidert werden muss“, sagt Nemcic.

Trotz der Größenpräferenz habe Renate Nemcic mit dem Modell bisher sehr positive Erfahrungen gemacht und werde dieses auch so weiterführen. „Die Kundinnen gehen sehr gut mit den Kleidern um und passen gut darauf auf.“ Sollte ein Kleid beschädigt zurückgegeben werden, müsse der Rest des vollen Verkaufspreises zurückgezahlt werden. Das sei jedoch noch nie vorgekommen, sagt sie.

Nicht alle sind diesem Konzept begeistert

Doch nicht alle Brautmodenbesitzerinnen sind von dem Konzept angetan. Gabriele Schulz, Inhaberin des Geschäftes Festmode Christ in Flensburg, hat sich gegen einen Verleih von Braut- oder Abendmode entschieden. Der Hauptgrund für ihre Entscheidung liege in den unterschiedlichen Größen der Kundinnen.

„Bei jedem Kleid fallen auch Änderungsarbeiten an und wenn die eine eine Kundin 1,60 Meter groß ist und die nächste 1,80 Meter – dann passt das nicht. Was an Stoff weg ist, ist weg“, so Schultz. Der Änderungsaufwand sei sehr hoch und es würde sich ihrer Meinung nach nicht rentieren.

Darunter falle auch die Reinigungsarbeiten, die nach jedem Tragen anstehen. „Die Stoffe leiden darunter“, so die Inhaberin. Deswegen rät sie statt des Ausleihens: „Entweder man kauft ein Kleid neu oder im Second-Hand.“ Wenn man neu kaufen möchte, könne man darauf achten, dass der Anbieter die Kleider möglichst nachhaltig herstellt und nachhaltige Stoffe verwendet.

Second-Hand-Brautmode kann auch bei Renate Nemcic gekauft werden. Ihre Erfahrungen mit den gebrauchten Kleidern sei durchweg positiv, sagt sie und führe weiter aus: „Viele Leute geben Brautkleider ab, weil sie Platz im Schrank machen wollen. Die meisten sind ehemalige Kunden.“

Klein aber oho – Eheringe nachhaltig gestalten

Physisch gesehen sind Eheringe ein kleiner Teil einer Trauung – sie haben aber eine umso größere Bedeutung für die Ehepartner. Groß sind aber auch die Auswirkungen der Materialherstellung auf die Umwelt. Für die Gewinnung der Edelmetalle wie Gold werden sowohl Mensch als auch Umwelt gefährdet. (Für weitere Infos siehe: https://www.regenwald.org/files/de/gold-fakten-download.pdf)

Als umweltschützende Alternative zum herkömmlichen Ringneukauf, könne man Ringe „Fairtrade oder recycelt kaufen“, so Maren Seidel. Laut Fairtrade Deutschland gibt es insgesamt 25 Verkaufsstellen, die recycelte Edelmetalle zum Verkauf anbieten. Doch sollten Recycelte oder gebrauchte Eheringe für eine neue Eheschließung verwendet werden?

Das sei ein „schlechtes Omen“, sagt Sonja Henningsen. Sie ist Mitarbeiterin des Juweliers Timmermann am Südermarkt und sie ist der Meinung, dass das nicht gehe. „In den Trauringen steckt auch immer eine Geschichte“, so Henningsen.

Anderer Meinung ist die Goldschmiedemeisterin Bente Bast. Sie betreibt seit zehn Jahren die Schmuckmanufaktur in der Kompagniestraße 1 in Flensburg. Für sie hat die Nutzung gebrauchter Eheringe keine Auswirkungen auf die neue Ehe. „Wenn ich schöne, gebrauchte Ringe finde – warum sollte ich die dann auch nicht anziehen?“, sagt Bast.

Möchte man in der Hinsicht doch auf Nummer sicher gehen, so könnte alter Schmuck oder alte Eheringe, die noch zu Hause herumliegen, eingeschmolzen werden, um so neue Ringe herzustellen.

Für die Flensburgerin sei gerade der Faktor der umweltschädlichen Edelmetallgewinnung ein Grund, auf entweder recycelten oder bereits bestehenden Schmuck zurückzugreifen.

„Es gibt so viel, was wir noch an Lagerbeständen haben – auch gerade in Deutschland. Da brauchen wir nicht neu gewinnen, sondern können auch das verwenden, was wir haben“, so Bast. Sie selbst arbeite hauptsächlich mit schon gewonnenen oder recycelten Material.

Neben dem Vorteil einer Ressourcenschonung gebe es einen weiteren Vorteil für die Brautleute: Der Prozess kostet weniger. Laut Bast könne bei dem Einschmelzen bestehendes Schmuckes „im Schnitt um die 800 bis 1500 Euro gespart werden.“


Neben Schmuck, Brautkleidern und Deko können somit in vielen Bereichen Entscheidungen in der Hochzeitsplanung ökologischer gestaltet werden.

Der Weg zu einer nachhaltigen Hochzeit beschreibt Maren Seidel zusammenfassend so: „Man fängt bei der Planung an einem Punkt an und kann das Ganze immer weiter spinnen.“

Für sie müssen nachhaltige Entscheidungen auch nicht immer gleich teurer sein. Kaufe man weniger, gebe man gleichzeitig weniger aus. Sie sagt: „An einigen Ecken spart man, wobei man an anderen Sachen wieder mehr ausgibt. Das gleiche sich eigentlich relativ gut aus.“

Für sie ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Thematik zu schaffen. „Es ist alles ein Kreislauf“, so Seidel und gar nicht so schwer, wie man sich ein wenig Gedanken mache.

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