Energiekrise in SH

Käufer bei Häusern mit Gasheizung zurückhaltend

Käufer bei Häusern mit Gasheizung zurückhaltend

Käufer bei Häusern mit Gasheizung zurückhaltend

Joachim Pohl/shz.de
Schleswig-Holstein
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In Neubauten dürfen ab 2025 keine reinen Gasheizungen mehr eingebaut werden. Foto: Joachim Pohl/shz.de

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Binnen zwei Jahren hat sich der Preis für Gas fast vervierfacht. Das hat auch Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Trotzdem gibt es noch einen weiteren Faktor, den Experten als noch größeren Hemmschuh beim Verkauf sehen.

Steigende Zinsen, explodierende Baukosten, Engpässe bei Materialien – und jetzt auch noch die Energiekrise. Für die Immobilienwirtschaft herrschen derzeit nicht die besten Rahmenbedingungen. Schon ist zu hören, dass Einfamilienhäuser mit einer Gasheizung derzeit kaum noch zu verkaufen sind. Wir haben uns in der Branche umgehört.

Preise für Gas zum Heizen in zwei Jahren fast vervierfacht

„Die Gaspreise für Heizkunden sind in den letzten zwölf Monaten so stark angestiegen wie nie zuvor“, heißt es auf der Seite des Vergleichsportals Verivox. Demnach sind die Preise für Gas zum Heizen von Wohnungen bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr von 6 Cent im Jahr 2020 auf knapp 22 Cent pro Kilowattstunde im Oktober 2022 gestiegen. Das ist fast eine Vervierfachung.

Dass die Zeit des Heizens mit Gas zu Ende geht, zeigt die gesetzliche Vorgabe der Bundesregierung, wonach Neubauten ab 2025 keine Gasheizungen mehr haben dürfen. Doch was ist mit Bestandsbauten?

Grundsätzlicher Tenor bei allen, die tagtäglich mit dem Verkauf von Immobilien zu tun haben: Verkaufsfördernd wirkt eine Gasheizung in einem Einfamilienhaus gewiss nicht. Aber sie macht den Verkauf auch nicht unmöglich. Und: Die stark gestiegenen Hypothekenzinsen seien derzeit der bedeutendere Hemmschuh. Das sagt zum Beispiel Alexander Blazek, Vorsitzender des Landesverbandes von Haus und Grund Schleswig-Holstein. 

Im Schnitt koste ein Einfamilienhaus heute rund 500.000 Euro. Das ist deutlich mehr als noch vor einigen Jahren. Angesichts der gestiegenen Zinsen könnte eine Gasheizung bei einem ansonsten perfekten Objekt am Ende ausschlaggebend dafür sein, doch nicht zu kaufen.

Allerdings müsse man bei dieser Frage auch nach Art und Alter der Heizungsanlage differenzieren. Verfügt das fragliche Objekt über eine moderne Brennwertheizung, habe es bessere Chancen am Markt als mit einer 20 Jahre alten Anlage. „Da muss man dann investieren“, sagt der Haus-und-Grund-Landesvorsitzende. Dann gehe es in der Regel um den Einbau einer Wärmepumpe, das beginne preislich bei 10.000 Euro. Mit einer Tiefbohrung bei Nutzung der Geothermie und bei gleichzeitiger Installation von Photovoltaik auf dem Dach, um die Wärmepumpe mit selbst erzeugtem Strom zu betreiben, werde es deutlich teuer. „Da ist man schnell bei 50.000 Euro, und das ist für Erstkäufer kaum bezahlbar.“

Gut vermietete Mehrfamilienhäuser bleiben sichere Anlage

Grundsätzlich anders sei die Situation bei einem Mehrfamilienhaus. „Ein gut vermietetes Objekt ist auch heute noch eine stark nachgefragte Kapitalanlage“, so Blazek. Da mache die Art der Heizung keinen großen Unterschied aus. „Es gibt immer noch sehr viel Bargeldvermögen, das nach einer sicheren Anlage sucht. Wertpapiere sind vielen Anlegern derzeit zu unsicher.“ 

So schätzt der Flensburger Immobilienmakler Oliver Klenz die Vermarktungschancen von gasbeheizten Wohnhäusern ein. Er habe in jüngster Zeit wenige Häuser mit dieser Technologie verkauft. Die sind im Flensburger Stadtgebiet und in Teilen des Umlands allerdings eine absolute Rarität, hat das Fernwärmenetz der Fördestadt doch eine Anschlussdichte von um die 99 Prozent. Doch Klenz gibt zu bedenken, dass auch die Fernwärme inzwischen zu einem großen Teil mit Gas betrieben wird.

Bei einem Einfamilienhaus mit einer Gasheizung stelle sich die Frage, ob es eine ergänzende Heizung gibt wie etwa einen Holzofen. „Über kurz oder lang muss man sich jedoch Gedanken über einen Austausch machen.“ Der Bestandsschutz gelte für Gasheizungen ab dem Baujahr 1992.

Abwarten auf Entscheidungen der Politik

„Das ist derzeit ein großes Thema“, bestätigt auch Emanuel Grothkopp, Geschäftsführer der Firma Kanal-Immobilien in Rendsburg. Grundsätzlich verzeichne er allgemein ein Abwarten auf weitere Entscheidungen der Politik. „Die potentiellen Käufer sind verunsichert.“ Wer könne sich noch erinnern, dass man früher Werbung mit einer Gasheizung gemacht habe und diese als Kaufargument galt: „Damit konnte man punkten.“ Das sei heute grundsätzlich anders, aber er verkaufe schon noch Häuser mit Gasheizung.

Auch bei der Nord-Ostsee-Sparkasse ist das Thema längst angekommen. Im Süden Schleswig-Holsteins und im Hamburger Randgebiet „heizen gefühlt 80 bis 90 Prozent aller Hausbesitzer mit Gas“, sagt Johannes Möllerherm, Juniorchef von Möllerherm Immobilien in Bargteheide. Die Menschen seien viel sensibler beim Energieverbrauch geworden, fragen ganz direkt, „was kostet mich das Haus im Unterhalt?“ Noch problematischer seien jedoch Objekte mit älteren Ölheizungen.

Auswirkungen auf die Preise erwarte er jedoch erst im kommenden Frühjahr. Noch würden Hausverkäufer abwarten, wenn es keinen starken Zeitdruck gebe. Umbauten und Modernisierung seien nicht nur kosten-, sondern auch zeitaufwendig. „Für die Förderung brauche ich einen Termin beim Energieberater, doch der hat jetzt schon eine 200 Meter lange Schlange vor seinem Laden“, sagt Möllerherm augenzwinkernd.

Eine generelle Aussage, dass Immobilien mit Gasheizungen unverkäuflich sind, lasse sich aufgrund der Individualität eines jeden Objekts nicht treffen. So urteilt Jürgen Sönnichsen, Leiter des Immobiliencenters der Nord-Ostsee-Sparkasse. „Es kommt immer auf das Gesamtpaket an: In welchem energetischen Zustand ist das Haus, welche weiteren Arbeiten sind zu verrichten und natürlich wie ist die Lage? In diesem Gesamtpaket hat die Art der Heizung ein größeres Gewicht bekommen
als noch vor einem Jahr. Dass sie aber ein Knock-out-Kriterium für den Verkauf
einer Immobilie ist, können wir nicht bestätigen.“

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