Kleine Nordstädter in Flensburg

„Illegale bauliche Anlage“ – Waldkita-Kinder kämpfen um ihren Bauwagen-Platz

„Illegale bauliche Anlage“ – Waldkita-Kinder kämpfen um ihren Bauwagen-Platz

„Illegale bauliche Anlage“ – Waldkita-Kinder kämpfen um ihren Bauwagen-Platz

SHZ
Flensburg
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Lille und York (vorn) sowie Eltern und Erzieher sind enttäuscht. Sie wissen nicht, wohin mit ihrem Bauwagen. Foto: Gunnar Dommasch Foto: 90037

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Für die Kinder der Wald-Kita ist der taubenblaue Bauwagen ihr Unterschlupf, wenn es regnet. Für die Behörden ist er eine „illegalen baulichen Anlage“ – und soll nun weg.

Jahrelang wurde er geduldet – jetzt soll er weg. Seit 2009 treffen sich die Waldkinder der Kita „Kleine Nordstädter“ an ihrem Bauwagen im Kluesrieser Gehölz. Täglich von 8 bis 14 Uhr verbringen sie dort ihre Zeit mit Spielen, Werken, Basteln rund um eine kleine Lichtung etwa 100 Meter von ihrem Domizil entfernt. Bauen Hängematten, Schaukeln, eine Seilbahn. Und lernen dabei eine Menge nützlicher Dinge über ihre Umwelt.

Der sieben Meter lange, etwa 15 Quadratmeter große Wagen dient lediglich bei Regen als Unterstand für feuchte Klamotten und als Lagerraum. Denn Prinzip eines Waldkindergartens ist, dass sich die Kinder die ganze Zeit draußen aufhalten, ohne vier Wände drumherum.

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Behörde bemängelt fehlende Genehmigung

Doch der Stellplatz der kleinen Naturschützer hat nun ausgerechnet die Untere Naturschutzbehörde auf den Plan gerufen. Da geht es um nicht eingehaltene Abstandsflächen (30 Meter zu jeder Seite) und darum, dass es keine baurechtliche Genehmigung für das Corpus Delicti gebe, aber immerhin Gelegenheit, einen Bauantrag für einen anderen Standort zu stellen. So heißt es in einem Schreiben der Bauordnung aus dem Flensburger Rathaus. Erzieher, Eltern und Kinder sind schwer enttäuscht.


„Das trifft uns hart“, sagt Erzieherin Lena Hansen. Und die kleine Lille mit einem Gänseblümchenkranz im blonden Haar stimmt ein: „Wir brauchen den Wagen hier“, während die fünfjährige Levke kurz und knapp feststellt: „Gar nicht gut!“

Ersatzlösung noch nicht gefunden

Dabei hätten die Erwachsenen damit rechnen können und müssen. Denn nicht erst seit gestern ist die Einrichtung mit der Verwaltung darüber im Austausch, wie eine Ersatzlösung aussehen könnte. „Natürlich wussten wir, dass wir nur geduldet sind“, räumt Pädagogin Lara Ingwersen ein, „aber wir haben nicht damit gerechnet, dass wir schon bis Ende Juli verschwinden müssen.“ Die Betroffenen haben keinen blassen Schimmer, wie sie das anstellen sollen.

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Die 18 Kinder, die gerade von einer Schatzsuche zurück sind, schauen auf ihren taubenblau gestrichenen Bauwagen, Solarpaneele an der Front und ein Vogelhäuschen. Sie warten darauf, dass ihre Eltern sie abholen. „Das ist für uns alle ein bisschen unser Zuhause“, merkt Lara Ingwersen an. Und Laura, Mutter von Pepe, sagt: „Wir hätten erwartet, dass man uns stärkt anstatt wegmobbt.“

Untersagung einer „illegalen baulichen Anlage“

So weit ist es allerdings noch lange nicht. Von einer Räumung redet niemand. Verwaltungssprecher Clemens Teschendorf sagt, nachdem er sich kurz darüber wundert, dass die Verwaltung nicht direkt angesprochen wird: „Wir verschicken solche Briefe auch nicht gern, aber wir müssen aufgrund der Rechtsnorm so agieren.“ Tatsächlich gehe es um Untersagung einer illegalen baulichen Anlage. Verantwortlich dafür ist eine entsprechende Landessatzung aus dem Jahr 2014.

Teschendorf betont, dass man mit dem Träger bereits seit fünf Jahren im Gespräch sei. Im Rahmen dessen habe man Pläne für einen Ausgleichsstandort ins Auge gefasst, die sich zwischenzeitlich leider zerschlagen hätten. Dem Schreiben sei eine Ortsbesichtigung vorausgegangen: „Es wurde kommuniziert, dass der Zustand nicht genehmigungsfähig ist.“ Angeboten worden sei eine Bauberatung und weitere Gesprächsbereitschaft. „Wir wollen doch im Dialog bleiben.“

Aber wie nun kriegt man die Kuh vom Eis respektive den Bauwagen aus dem Wald? „Keine Ahnung, mit dem Traktor vielleicht“, sagt Lena Hansen. „Immerhin steht er auf vier Rädern.“ Clemens Teschendorf ist da ganz zuversichtlich: „Wenn wir im Gespräch bleiben, werden wir eine Lösung finden.“ Wie genau die aussehen soll, verriet er nicht.

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