Kultur

Horst Gnekow: Legendärer Intendant des Nordmark-Landestheaters in Schleswig

Horst Gnekow: Legendärer Intendant des Nordmark-Landestheaters in Schleswig

Horst Gnekow: Legendärer Intendant des Landestheaters

"Bernd Philipsen/shz.de
Schleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Horst Gnekow (1916-1982) war zehn Jahre lang Leiter des Schleswiger Theaters im Lollfuß. Foto: Gemeinschaftsarchiv Schleswig/SHZ

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Als Horst Gnekow das Nordmark-Landestheater leitete, schaute selbst Bertolt Brecht mit Interesse nach Schleswig.

Als der bis heute unvergessene Intendant Horst Gnekow nach zehnjähriger Tätigkeit am Nordmark-Landestheater in Schleswig im Sommer 1960 nach Luzern in die Schweiz wechselte, um dort seine Karriere fortzusetzen, ging eine herausragende Ära zu Ende. In seiner Amtszeit brachte er – Theaterleiter, Regisseur, Dramaturg und Schauspieler in einer Person – mit dem von ihm geformten Ensemble Inszenierungen auf die Bühne, die überregional Beachtung und Anerkennung fanden. Unter ihm erlebte das Schleswiger Theater eine Blütezeit. Die Theaterwelt schaute in jenen Jahren mit Interesse nach Schleswig, auch Bertold Brecht, der selbst mit Stücken auf dem Spielplan vertreten war.

Horst Gnekow wurde am 25. Juli 1916 als Sohn des aus Marne in Dithmarschen stammenden Gymnasiallehrers Max Gnekow und seiner Frau Käthe, geb. Schmidt, in Wandsbek geboren, damals noch eigenständige Stadt in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Hamburg. Sein Vater unterrichtete am Matthias-Claudius-Gymnasium, an dem der Junior 1934 die Reifeprüfung ablegte. Schon zuvor – nämlich 1933 – hatte er mit einem Schauspielstudium am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg begonnen.

Es schloss sich ein Studium der Rechtswissenschaft sowie der Literatur-, Kunst- und Theaterwissenschaften in Hamburg, Jena, Göttingen und Prag an. 1937 bestand Gnekow an dem Justizprüfungsamt des Oberlandesgerichts in Celle das juristische Staatsexamen. 1940 promovierte er an der Universität Göttingen zum Dr. jur. In seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Das Recht des Regisseurs“ befasste er sich mit Möglichkeiten, Aufgaben und Grenzen der Spielleitung.

Stationen in Bochum, Kiel und Westerland

Darin wandte er sich deutlich gegen den Standpunkt, Regiekunst dürfe nur reproduzierend, also nachgestaltend, sein. Es folgten Engagements als Dramaturg am Schauspielhaus Hamburg (1941-1943) sowie als Chefdramaturg und Spielleiter an den städtischen Bühnen in Essen (1943-1945), am Schauspielhaus in Bochum (1945-1947) und an den städtischen Bühnen in Kiel (1947-1949). Dann wurde ihm die Aufgabe übertragen, das Nordfriesische Landestheater mit Sitz in Westerland aufzubauen und die Bühne als Intendant zu leiten.

Sein Engagement auf Sylt war nur von kurzer Dauer. Denn als Schleswig für das Nordmark-Landestheater einen Neuanfang organisieren wollte, wurde dafür Gnekow verpflichtet. Er kam nach Schleswig, begleitet von einem Teil seines bisherigen Ensembles. Seine Frau und die beiden gemeinsamen Söhne aber blieben in Westerland. Es gelang ihm und seinem Team, innerhalb von 26 Tagen einen neuen Theaterbetrieb aufzubauen und mehrere Inszenierungen gleichzeitig einzustudieren.

Am 24. September 1950 schließlich begann mit der Eröffnungspremiere von William Shakespeares Schauspiel „Der Sturm“ die Ära Gnekow. Theo Christiansen, der als damaliger Leiter des städtischen Kulturamtes eng mit Gnekow zusammenarbeitete und dessen Wirken begleitete, schrieb später über den Intendanten: „Er übernahm mit wenigen Ausnahmen als Regisseur nur schwierige Stücke; er wagte das Risiko des Scheiterns. Bei allen Theaterdiskussionen war er der geistig dominierende Teilnehmer. Das Nordmark-Landestheater erwarb sich in seiner Zeit einen Ruf in der bundesdeutschen Presse. Er hatte eine große Begabung, junge Talente zu entdecken und zu fördern.“

Lebendiges Theater war sein besonderes Anliegen. Er brachte nicht nur Shakespeare auf die Bühne, sondern auch Autoren der Gegenwart und sogenannte Naturalisten. Zu nennen sind als Beispiele Gerhart Hauptmann,

Er wohnte in einem Nebenraum seines Dienstzimmers im Lollfuß

Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Thornton Wilder und Bertold Brecht. „Vor aufrührerischen Stücken machte er nicht Halt“, so die Erinnerung einer Zeitzeugin. „Gnekow machte großartiges, gesellschaftskritisches Theater.“ Das Theaterpublikum war fasziniert, auch wenn es gelegentlich Kritik an Inszenierungen gab. Unter seiner Leitung entstanden in Schleswig nicht weniger als 162 Inszenierungen. Gnekow war ein Theatermensch durch und durch. Er wohnte in einem Nebenraum seines Dienstzimmers im Lollfuß.

Gelegentlich gab es Reibereien zwischen ihm und der Stadtverwaltung – wenn es zum Beispiel um die Anschaffung eines Dienstwagens, um Reisekosten und um die Höhe seines Gehalts ging.

Am 5. Oktober 1959 wählte ihn der Stadtrat von Luzern unter 51 Bewerbern einstimmig zum neuen Theaterdirektor und Generalintendanten. Er verabschiedete sich aus Schleswig am 22 April 1960 mit der Aufführung der Shakespeare-Komödie „Was ihr wollt“. Ihm zu Ehren gab die Stadt anschließend einen Empfang, an dem Kulturpolitiker aus Stadt und Land teilnahmen. Zudem wurde Gnekow zum Ehrenmitglied des Schleswiger Theaters ernannt.

Zum Einstand in Luzern inszenierte er am 20. September 1960 das Trauerspiel „Egmont“ von Johann Wolfgang Goethe in der Bühnenfassung von Friedrich Schiller. Er blieb acht Jahre in Luzern. Seine nächsten Stationen waren Münster und Hof.

Horst Gnekow starb am 10. Juli 1982 in Luzern.

Mehr lesen