Netflix-Gewaltserie als Vorbild

Gewalt im Spiel: Ahmen Kinder in Husum und Umgebung „Squid Game“ nach?

Ahmen Kinder in Husum und Umgebung „Squid Game“ nach?

Ahmen Kinder in Husum und Umgebung „Squid Game“ nach?

SHZ
Husum / Viöl / Nordfriesland
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Screenshot aus der Netflix-Serie: „Rotes Licht, grünes Licht“ (in Deutschland unter „Donner, Wetter, Blitz“ bekannt) ist ein südkoreanisches Kinderspiel, bei dem alle Spieler antreten, um eine gerade Strecke zu überqueren. Eine Person, im Deutschen der „Rufer“ (bei „Squid Game“ ist es eine Puppe), singt „Rotes Licht, grünes Licht“. Während sie singt, dürfen die Teilnehmer rennen. Hört sie auf, müssen alle Teilnehmer erstarrt stillstehen. Wer nicht stillsteht, hat das Spiel verloren. Foto: Netflix/shz.de

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Die Auswirkungen der Netflix-Gewaltserie „Squid Game“ bewegen die Gemüter. Wir haben nachgefragt, ob auch Kinder aus der Region Fans der Serie sind und die Spiele auf den Schulhöfen Einzug halten.

„Mama, kennst du das Spiel rotes Licht, grünes Licht?“ Nein, unsere Leserin Jacqueline Völkel kannte nicht, was ihr Grundschulkind da ansprach, wie sie auf Facebook schreibt. Doch nun aufgeklärt, fürchtet sie, das es überall Thema sein wird, die Nachrichten seien voll damit. Die Kinder können lesen, sehen Videos im TV. Dazu müsse man nicht mal die Serie gucken. Selbst „Verarsche-Videos“ bei Youtube reichen aus, findet sie. „Und dann sind da auch noch die Freunde und Freundes Freunde, die ältere Geschwister haben.“

„Ich töte Dich“: In der erst ab 16 Jahren freigegebenen Netflix-Serie „Squid Game“ kämpfen hochverschuldete Menschen in Kinderspielen gegeneinander um einen Millionen-Gewinn. Wer verliert, muss sterben. Und auf vielen deutschen Schulhöfen wird das mittlerweile nachgespielt. Auch in Husum und Umgebung?

Kein Thema an den Husumer Gymnasien

An den beiden Husumer Gymnasien ist das kein Thema: „Bei mir ist keine Meldung darüber angekommen – und ich habe gerade erst mit unserer Schulsozialarbeiterin gesprochen“, so Susanne Malinowski, Leiterin der Theodor-Storm-Schule. Und ihre Amtskollegin Renate Christiansen sagt dasselbe für die Hermann-Tast-Schule. „Aber die Schulsozialarbeiter haben die Problematik insgesamt schon im Blick, wurde mir berichtet.“


Kein Wunder, denn in den Grundschulen sieht die Sachlage schon etwas anders aus: „Bei uns spielen das schon Kinder nach“, sagt Finnja Claus, Sozialarbeiterin an der Husumer Klaus-Groth-Schule. Das Thema sei in allen Altersklassen präsent: „Aber nur einzelne haben das tatsächlich bei Netflix gesehen, die meisten haben über andere Kanäle wie TicToc davon erfahren oder es einfach auf dem Schulhof von anderen mitbekommen.“

Nachgespielt – aber ohne Gewalt

Und natürlich habe sie auch schon darüber mit den Kindern gesprochen, schon deswegen, weil ja im Serien-Vorbild Menschen getötet werden. „Aber das wird gar nicht nachgespielt. Die Kinder kopieren zwar die Spiele – die ja eigentlich auch Kinderspiele sind –, aber es gibt dabei keine Gewalt“, erläutert Finnja Claus. „Wer verliert, muss sich einfach hinten wieder anstellen und neu anfangen, da gibt es keine Prügeleien oder ähnliches.“


Ähnlich sieht es an der Husumer Bürgerschule aus. „Wir haben schon im Kollegenkreis darüber gesprochen, aber es ist derzeitig kein Problem – und wir hoffen, dass es auch keins wird“, so der stellvertretende Schulleiter, Ulrich Meyer-Petersen. Auch an der Bürgerschule gebe es im Zusammenhang mit „Squid Game“ keine Gewalt, bestätigt Lena Paulsen, die Schulsozialarbeiterin. „Ein Großteil der Schüler kennt das alles und es wird auch hin und wieder gespielt, aber wer verliert, legt sich dann nur kurz hin und steht wieder auf, um weiterzuspielen.“

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Dennoch mache der Umgang mit dem Thema den gut vernetzten Schulsozialarbeitern schon Sorgen: „Wir überlegen, ob wir an die Eltern rangehen müssen, denn die Serie wird zum Teil ja auch mit denen zusammen bei Netflix gesehen“, sagt Lena Paulsen und Finnja Claus ergänzt: „Die Auswirkungen kann man schon an der Schule thematisieren, aber der Umgang mit der Serie insgesamt ist und bleibt eine Aufgabe der Eltern.“


Es gebe Kinder im Grundschulalter, die die Serie gucken, bestätigt Gregor M. Crone vom Kinderschutzbund Nordfriesland. Und das ziehe dann Kreise, sie berichteten ihren Mitschülern davon und es werde nachgespielt. „Wenn wir davon erfahren – die Kinder erzählen uns ja, was sie in ihrer Freizeit machen – sprechen wir sie darauf an und sagen ihnen, dass Gewalt keine Lösung ist und natürlich nicht zur Unterhaltung dienen darf.“

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Auch mit den Eltern werde gesprochen. „Die werden darauf hingewiesen, dass Gewalt nichts für Kinder ist. Und für Erwachsene eigentlich auch nicht.“ Dennoch ist Crone sich darüber im klaren, dass man nicht alle Menschen erreichen kann. „Gewalt in ihren verschiedensten Facetten wird immer ein Problem sein, da müssen wir weiter am Ball bleiben.“ Jedenfalls sei das Thema in den Grundschulen Nordfrieslands angekommen.


Wohl nicht in allen: „Wir haben keine Kenntnis davon, dass unsere Schüler das nachspielen“, sagt Stephan Kinder, Leiter der Grund- und Gemeinschaftsschule Viöl-Ohrstedt-Haselund. Seit dem sh:z-Bericht seien aber Kollegium und Schulleitung aufmerksam geworden. Und falls sich die Lage ändere, müsse das mit Schülern und Eltern besprochen werden. „Grundsätzlich versuchen wir, Medienbildung präventiv anzubieten. Unsere Schulsozialarbeiterinnen sind da gut aufgestellt. Da es aber bisher kein Thema ist, hoffe ich, dass es so bleibt.“

Der Hype flacht sich schon wieder ab

Die Chancen dafür stehen dabei gar nicht so schlecht: Der Höhepunkt des „Squid Game“-Hypes scheint zumindest auf den Husumer Schulhöfen schon wieder vorbei zu sein. Begonnen habe alles in der Woche nach den Ferien, sagen Lena Paulsen und Finnja Claus unisono. „Aber jetzt flacht das schon wieder ab.“

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