Krieg in der Ukraine

Geltinger Verein „Kinder von Tschernobyl“: „Es ist eine wirklich bedrückende Situation“

„Es ist eine wirklich bedrückende Situation“

„Es ist eine wirklich bedrückende Situation“

SHZ
Gelting
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Die Pläne des Vereins um Uwe Linde sahen eigentlich vor, die Kinder in diesem Sommer wieder nach Gelting zu holen. Foto: Ursel Köhler / Archiv/shz.de

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Im Juni hätten die Kinder aus Belarus nach zwei Jahren Corona-Zwangspause wieder nach Gelting zur Erholung kommen sollen. Ob das klappt, steht angesichts der jüngsten Entwicklungen in den Sternen. Der Verein ist besorgt.

Seit über 30 Jahren organisiert der Geltinger Arbeitsgruppe Verein „Kinder von Tschernobyl“ Ferienaktionen für Kinder aus Weißrussland. Es galt, den von Spätschäden nicht verschonten Kindern von Tschernobyl, mittlerweile in dritter Generation, nach dem Reaktorunglück Erholung bei guter Luft zu ermöglichen. Die Unterbringung in Gastfamilien oder in Ferienhäusern verlangte von allen Mitgliedern ein großes Engagement, welches sie gerne gaben.

Zwei Jahre Zwangspause aufgrund der Pandemie

In der Vergangenheit kamen die Kinder aus Kalinkowitschi in Belarus, direkt angrenzend an die Ukraine. In den vergangenen Jahren konnte jeweils acht bis 18 Kinder ein Erholungsurlaub ermöglicht werden. „Wegen der Pandemie mussten wir schon zwei Jahre aussetzen“, erklärt Beisitzer Michael Gildenast aus Esgrus. „Und nun kommt noch der Krieg dazu.“ Alle seien total fassungslos über die Geschehnisse in der Ukraine, fügt er hinzu.


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Vorsitzender Uwe Linde aus Gelting ist sich bereits eine Woche vor der Vorstandsitzung ziemlich sicher, dass er die bereits vorbereiteten Reisen und Unterkünfte für dieses Jahr wohl stornieren wird müssen. „Eigentlich sollten die Kinder im Juni kommen, aber wen sollen wir denn dahin schicken zum Abholen?“, fragt er. „Den Medien ist ja zu entnehmen, wie heikel die Situation ist, auch in Belarus. Hinzu kommt, dass kaum eine Familie ihre Kinder in den Urlaub schicken würde, wenn sie gar nicht wissen kann, ob sie wiederkommen oder gar die Grenzen plötzlich geschlossen werden würden.“

Große Betroffenheit im Verein

Zu vieles sei ungewiss, meint er. „Für uns Ottonormalverbraucher ist das alles nicht nachvollziehbar“, sagt Linde und wirkt dabei sehr betroffen von der derzeitigen Situation. Zweiter Vorsitzender Gerd Fürstenberg aus Gelting stimmt ihm zu. „Es ist eine wirklich äußerst bedrückende Situation“, sagt er. „Und meine Frau würde mich als Abholer derzeit gar nicht fahren lassen.“

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Er habe keine Kenntnis davon, ob die Familien vor Ort aktuell direkt etwas mitbekommen oder nicht. „Wir haben keinen Kontakt, und ich sehe derzeit auch keine Möglichkeit dazu“, sagt Fürstenberg. Es mache traurig, sagt er, denn es seien immer sehr schöne Wochen für die Kinder und alle Beteiligten gewesen. „Und beim Abholen lernten wir die Familien vorher persönlich kennen und sie uns. Und die Dankbarkeit schon vor Ort erleben zu dürfen, war für mich immer etwas ganz Besonderes.“

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