Femizid

Ex-Frau erstochen: Prozess gegen Husumer gestartet

Ex-Frau erstochen: Prozess gegen Husumer gestartet

Ex-Frau erstochen: Prozess gegen Husumer gestartet

Jonna Marlin Lausen/shz.de
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Verhandlung am Flensburger Landgericht: Der heute 65-Jährige räumt ein, seine Ex-Frau getötet zu haben. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Am 6. September soll der Angeklagte seine von ihm getrennt lebende Ex-Frau mit mehreren Messerstichen in seiner Husumer Wohnung getötet haben. Der Angeklagte spricht von Erinnerungslücken, räumt die Tat aber ein.

Sichtlich angeschlagen wirkt der Angeklagte am Dienstagmorgen. Mit einem Gehwagen und in grünem Jogginganzug tritt er in den Gerichtsaal des Flensburger Landgerichts, seine Haltung gebeugt, der Blick geht ins Leere. Sein Verteidiger bittet ihn, sich ein wenig aufrechter an den Verhandlungstisch zu setzen. Als der Richter eintritt, hat er Schwierigkeiten aufzustehen.

Angeklagter hat Hörprobleme

Der vorsitzende Richter spricht den Angeklagten an, dieser sagt: „Ich verstehe nichts.“ Der Richter spricht lauter, bittet den Angeklagten und seinen Verteidiger, näher ans Richterpult zu rücken. Für einen Moment geht es. Der Angeklagte scheint folgen zu können, als der Richter ihn über seine Rechte aufklärt. Der Staatsanwalt liest die Anklage vor.

Mordmotiv nicht feststellbar

Die lautet Totschlag, nicht Mord, weil ein Mordmotiv gerade nicht feststellbar sei, erläutert der Staatsanwalt in einer der vielen Unterbrechungen der Verhandlung. Es bestehe aber kein Zweifel, dass der Angeklagte am 6. September zwischen 10.20 und 13 Uhr mit einem Küchenmesser siebenmal auf seine Ex-Frau einstach. Vier Stiche in den Hals, zwei in die Brust, einen in den Bauchbereich. Die Frau starb an einem Stich in Herz und Aorta, so habe es der Angeklagte gewollt, sagt der Staatsanwalt.

Doch der Angeklagte hat nicht nur Probleme mit dem Hören, sondern auch sein Erinnerungsvermögen scheint eingeschränkt. In seiner Verteidigungserklärung, die der Angeklagte von seinem Anwalt verlesen lässt, behauptet er, sich an die Tat nicht richtig zu erinnern. Es habe einen Streit gegeben, seine Ex-Frau hatte ihn angezeigt, er soll sie geschlagen haben, wolle ihn ins Gefängnis bringen. Daraufhin sei er wütend geworden, habe mit einem Küchenmesser auf sie eingestochen, aber nur zwei Mal in die Schulter. Sie sei zu Boden gesackt, habe geröchelt, überall sei Blut gewesen. Er habe sich auf einen Sessel gesetzt und realisiert, dass seine Ex-Frau tot sei.

Dann sei ihm eingefallen, dass gleich eine Bestellung komme, deshalb habe er die Leiche auf seinem Balkon unter einer Decke versteckt. Die Bestellung sei gekommen, anschließend habe er Bier getrunken und beschlossen, sich das Leben zu nehmen, weil er nicht weiter wusste. Dieser Versuch misslang, also entschloss er sich, die Polizei zu rufen und einen Raubüberfall vorzutäuschen.

Polizisten gehen von Suizid aus

Bekannt ist, dass die gerufenen Polizisten den heute 65-Jährigen in der Nacht zur Behandlung in ein Krankenhaus bringen. Dass es sich hier um keinen Raubüberfall gehandelt hatte, war schnell klar. Die Leiche, die zu dem Zeitpunkt bereits auf dem Balkon lag, entdecken die Beamten zunächst nicht. Damals sei man von Suizid ausgegangen, hatte die Staatsanwaltschaft dazu damals mitgeteilt.

Doch am nächsten Tag wendet sich das Blatt. Eine Nachbarin meldet die getötete Frau als vermisst, ihre Wohnungstür hatte offen gestanden. Gleichzeitig meldet eine Freundin, die mit dem Opfer zum Frühstück verabredet war, sie ebenfalls als vermisst. Mit diesem Wissen fährt der Husumer Polizeibeamte, der an diesem Dienstag als Zeuge geladen ist, damals ins Krankenhaus, um mit dem Angeklagten zu sprechen. „Schon als wir ankamen, hat der Angeklagte gesagt, er sei nicht überfallen worden, er habe Scheiße gebaut“, so der Zeuge. Von der Tat selbst aber kein Wort. Auf seine Ex-Frau angesprochen, soll er lediglich gesagt haben, dass er nicht wisse, wo sie sei. Es gebe eine gemeinsame Gartenparzelle in Rödemis, wo sie gerne mit dem Rad hinfahre. Auch habe er von dem Treffen mit der Freundin gesprochen, gibt der Beamte zu Protokoll.

Beamte findet Leiche auf dem Balkon

Die Beamten fuhren daraufhin zum Garten, wo sie die Frau nicht vorfanden, auch in ihrer Wohnung, die sich nur ein Stockwerk unter der ihres Ex-Mannes befindet, keine Spur. Dann der schreckliche Fund auf dem Balkon des Täters. „Beim Blick durch die Balkontür sah ich, dass dort etwas unter einer Decke liegt, dann sah ich einen Fuß und als ich die Decke hochhob, kamen mir Fliegen entgegen und ich sah das zerdrückte Gesicht der Frau“, so der Beamte. Daraufhin seien Kripo und Spurensicherung informiert worden.

Richter unterbricht die Verhandlung

Viel weiter kommt der Zeuge mit seiner Aussage nicht, denn wieder gibt der Angeklagte an, dass er nichts verstehe. Wieder wird die Verhandlung unterbrochen, ein Gutachter soll mit dem Angeklagten ins Gespräch gehen, der Richter vermutet, dass neben einem Hörschaden auch psychische Gründe für das schlechte Gehör sprechen könnten. Nach 15 Minuten erklärt der Gutachter, dass der Angeklagte sehr nervös sei, er zudem einen neuronalen Schaden habe und die schwierige Akustik im Verhandlungsraum dies verstärke.

Der vorsitzende Richter ordnet einen Hörtest und weitere Untersuchungen an und vertagt die Verhandlung auf kommenden Montag, 13. März, 9.15 Uhr.

Mehr lesen