Bauen und Wohnen

Deshalb sind die Reaktionen aus SH zum Wohnungsbaugipfel in Berlin verhalten

Deshalb sind die Reaktionen aus SH zum Wohnungsbaugipfel in Berlin verhalten

Deshalb sind die Reaktionen zum Wohnungsbaugipfel verhalten

Carlo Jolly/shz.de
Kiel
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Beim Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt waren am Montagvormittag zentrale Punkte zum Bau vereinbart worden. Die Reaktionen sind verhalten. Foto: Michael Staudt/shz.de

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In Berlin fand heute der Wohnungsgipfel im Kanzleramt statt. Die Reaktionen in Schleswig-Holstein sind eher verhalten. Was die Hauseigentümer jetzt erwarten.

Mit Zurückhaltung haben Politik und Experten in Schleswig-Holstein auf den 14-Punkte-Plan der Bundesregierung für den Wohnungsbau reagiert. Beim sogenannten Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt waren am Montagvormittag folgende zentrale Punkte vereinbart worden. Dazu zählen das Aussetzen des im Koalitionsvertrag ab 2025 vereinbarten Energieeffizienzstandards EH-40 anstelle des aktuell geltenden EH-50-Standards.

Auch von ihrem Einsatz für eine Sanierungspflicht auf EU-Ebene verabschiedet sich die Bundesregierung. Künftig will die Ampel-Koalition KfW-Kredite aus dem Programm „Wohneigentum für Familien“ an Haushalte mit bis zu 90.000 Euro Jahreseinkommen zahlen. Bislang sind es 60.000 Euro. Außerdem wolle die Ampel den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen, etwa durch einen Freibetrag.

Eine „reine Show-Veranstaltung“ nannte Schleswig-Holsteins Haus&Grund-Chef Alexander Blazek den Gipfel. Nachdem die großen wohnungswirtschaftlichen Verbände GdW und Haus & Grund (allein 72.000 Mitglieder in Schleswig-Holstein) im Vorwege nicht eingebunden worden waren, hatten sie ihre Teilnahme abgesagt. „Offensichtlich ist die Bundesregierung an Vorschlägen aus der Praxis nicht interessiert“, schimpfte Blazek, der auch Vize-Präsident seiner Bundesorganisation ist.

32.500 Euro Grunderwerbsteuer für 500.000-Euro-Haus

In Schleswig-Holstein sei zwar die soziale Wohnungsbauförderung vorbildlich. Allerdings könnten sich immer weniger junge Familien den Traum der eigenen vier Wände leisten. Das liege auch an der Grunderwerbsteuer mit dem bundesweit höchsten Satz von 6,5 Prozent. Blazek: „Wer für sein Eigenheim 500.000 Euro bezahlt, muss sage und schreibe 32.500 Euro an den Fiskus berappen.“

Er verlangt daher – ebenso wie der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen, dass die Landesregierung endlich beim Ersterwerb der selbstgenutzten Immobilie auf die Grunderwerbsteuer verzichten solle. Blazek: „Schweigen im Walde lautet leider auch das Motto bei der Eigenheimzulage, die die schwarz-grüne Koalition vereinbart und bislang nicht in Angriff genommen hat.“

Mehr als die Hälfte wohnt zur Miete

Das ist für ihn deshalb Anlass zur Sorge, weil nur noch 45,8 Prozent der schleswig-holsteinischen Haushalte in den eigenen vier Wänden leben. Beim Mikrozensus 2018 wohnten noch 53 Prozent der Schleswig-Holsteiner im Eigenheim. Die höchste Quote hatte zuletzt Dithmarschen (61 Prozent) vor Schleswig-Flensburg (60 Prozent).

Schlusslichter sind hier die kreisfreien Städte Kiel und Flensburg mit 26 und 28 Prozent. „Wenn Menschen sich kein Eigenheim leisten können, erhöht das den Druck auf den Wohnungsmarkt.“ Wer in die eigenen vier Wände zieht, mache eine Mietwohnung frei.

Wohnungsbaugipfel als „Tropfen auf dem heißen Stein“

Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) hält die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen für einen Tropfen auf den heißen Stein. Immerhin: „Positiv bewerten die sozialen Vermieter Norddeutschlands, dass Wohnungsbaugenossenschaften und am Gemeinwohl orientierte Gesellschaften bei der Förderung im Gebäudeenergiegesetz künftig etwas mehr berücksichtigt werden sollen.“

Die Abkehr von einer weiteren Verschärfung der Energiestandards beim Neubau von Wohnungen sei überfällig gewesen, so Breitner: „Kein sozialer Vermieter, der bezahlbaren Wohnraum anbieten will, kann mit diesem hohen Standard bauen. Es rechnet sich einfach nicht.“

Landes-Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) nannte die Bewegung der Ampel beim Wohnungsbau längst überfällig, aber längst nicht ausreichend. „Die Abkehr vom Energiesparstandard EH40 bei Neubauten wäre ein wichtiger und richtiger Schritt, damit Bauen auch künftig noch bezahlbar bleibt“. Dass zusätzliches Geld vom Bund für den Wohnungsbau bereitgestellt werden soll, sei ebenfalls überfällig. „Wir sind im Bereich der sozialen Wohnraumförderung diesen Schritt längst gegangen.“ Insgesamt gingen viele Vorschläge zu Lasten der Länder und Kommunen, ohne dass der Bund dafür zusätzliche Mittel bereitstellen will: „Das sehe ich kritisch.“

Keine Mittel für die erhoffte Eigenheimzulage

Hintergrund: Den Ländern soll zwar eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht werden – allerdings ohne finanzielle Unterstützung des Bundes ausschließlich zu Lasten der Länderhaushalte.

Der schwarze-grüne Koalitionsvertrag sieht anstelle der Nutzung der Länderöffnungsklausel bei der Grunderwerbsteuer die Einführung einer Eigenheimzulage für den Ersterwerb einer selbstgenutzten Wohnimmobilie vor. Die Mittel dafür hat das Kieler Kabinett aufgrund der Haushaltslage allerdings noch nicht gefunden.

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