Klima

CO2 wird wieder zu Kohle? „Robert Habeck redet kompletten Unsinn!“

CO2 wird wieder zu Kohle? „Robert Habeck redet kompletten Unsinn!“

CO2 wird zu Kohle? „Robert Habeck redet kompletten Unsinn!“

Henning Baethge/shz
Kiel/Berlin
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Reinhard Knof Foto: IMAGO/Ole Berg-Rusten

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Kohlendioxid wird beim Speichern unter der norwegischen Nordsee wieder zu Kohle, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Stimmt nicht, erklären Fachleute. Auch Habeck korrigiert daraufhin seine Aussage.

Unter Norwegens Nordsee will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schon bald Kohlendioxid aus Deutschland verpressen lassen – und begründet das nicht zuletzt damit, dass das CO2 dort gut aufgehoben sei. „Die Erfahrungen, die hier in den letzten 20 Jahren im tiefen Grund gemacht wurden, sagen, dass das CO2 dort mineralisiert, also nicht als Gas erhalten bleibt, sondern wieder Kohle oder Kohlenstoff wird und insofern sicher im Erdreich gelagert werden kann“, argumentierte grüne Minister vor einer Woche bei einem Besuch in Norwegen.

So stimmt das allerdings nicht. Weder verwandelt sich das flüssig verpresste CO2 unter dem Meer in Kohle noch mineralisiert es innerhalb von nur 20 Jahren, wie Habeck zumindest suggeriert. „Robert Habeck redet kompletten Unsinn und zeigt nur die eigene Ahnungslosigkeit!“, wettert Reinhard Knof, promovierter Chemiker und Sprecher der schleswig-holsteinischen Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager.

Bis zu einer Mineralisierung vergehen tausende Jahre

Kohlendioxid könne im Sandstein der ausgeförderten norwegischen Erdöl- und Erdgasstätten nicht wieder zu Kohle werden, sondern höchstens zu Kalziumkarbonat. „Und auch dann würden bis zur vollständigen Umwandlung tausende von Jahren vergehen“, warnt Knof. Er fürchtet daher, dass gespeichertes CO2 in den nächsten Jahrzehnten wieder in großen Mengen durch alte Bohrlöcher aus dem Meeresboden austreten und Muscheln und Algen zerstören würde.

Auch ein erfahrener Meeresforscher widerspricht Habeck

Diplomatischer als Knof drückt sich Klaus Wallmann aus, Meeresforscher am Kieler Helmholtz-Zentrum Geomar, der sich seit 15 Jahren mit Risiken von CO2-Speichern unter der Nordsee auch und gerade in Norwegen befasst. „Eine Umwandlung von CO2 in elementaren Kohlenstoff ist eher unwahrscheinlich“, sagt er. Da müsse Habeck etwas verwechselt haben. Vielmehr löse sich das CO2 zunächst im Lauf von etwa hundert Jahren im Wasser des Sandsteinbodens auf und könne dann viele tausend Jahre später zu Kalkstein werden.

Kieler Geomar begrüßt dennoch die Pläne des Ministers

Für richtig hält Wallmann Habecks Pläne zum unterirdischen Speichern von CO2 trotzdem. Denn zum einen seien Austritte des Gases nicht oft zu befürchten und nach rund hundert Jahren gar nicht mehr. Zum anderen entstünden auch bei einem Entweichen von CO2 nur im Umkreis von wenigen Metern spürbare Schäden in der Meeresumwelt. „Ich begrüße es sehr, dass Herr Habeck jetzt die CO2-Speicherung unter der Nordsee als nützliche Option für den Klimaschutz einschätzt“, sagt Wallmann daher.

Auf Anfrage unserer Zeitung korrigiert auch Habecks Pressestelle die Aussage des Ministers etwas. Habeck habe angesprochen, „dass das CO2 über einen längeren Zeitraum mineralisieren kann, und zwar zu Karbonatmineralen“, sagt eine Sprecherin. „Auf diesen Mineralisierungsprozess hat sich der Minister bezogen.“

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