Schleswig-Holstein

Carsten Köthe über den Tod seiner Frau Miriam, seine Zukunft bei RSH und seinen Verbleib auf Sylt

Carsten Köthe über den Tod seiner Frau Miriam

Carsten Köthe über den Tod seiner Frau Miriam

Nils Leifeld/shz.de
Westerland
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Miriam und Carsten Köthe auf einem ihrer letzten gemeinsamen Fotos.  Foto: Köthe/shz.de

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Am 13. Mai ist Miriam Köthe nach langem Krebsleiden im Alter von 52 Jahren verstorben. Ihren Mann, RSH-auf-Sylt-Moderator Carsten Köthe, hat shz.de zum Gespräch getroffen. Darin gewährt der 60 Jahre alte Kult-Moderator Einblicke in sein Innerstes.

Carsten Köthe ist einer der bekanntesten Radio-Moderatoren Norddeutschlands und eine Institution bei RSH. Seit Jahren sendet er von Sylt seine eigene Sendung RSH auf Sylt. Stets an seiner Seite war bislang immer seine Frau Miriam. Nun zeichnet Köthe alleine auf. Seine Miri ist am 13. Mai ihrem Krebsleiden erlegen und im Alter von nur 52 Jahren verstorben. Rund vier Monate später hat shz.de Carsten Köthe zum Interview in Westerland getroffen. Darin gewährt der 60 Jahre alte Kult-Moderator Einblicke in sein Innerstes und erzählt, wie es ihm nach dem Tod seiner Frau ergangen ist, wie es für ihn bei RSH und auf Sylt weitergeht.

Moin Carsten, wie geht’s dir?
Ich bemühe mich, dass es mir jeden Tag gut geht. Das tue ich sowohl für mich, als auch für Miri. Weil sie sich das so gewünscht hat und dass nicht jeder Tag schön ist, ist klar. Aber die schönen Tage werden mehr und die traurigen Tage werden weniger.

Am 13. Mai ist deine Miri verstorben. Die Anteilnahme danach war riesig, Tausende Menschen haben dir geschrieben. Inwieweit hat dich dieses Mitgefühl durch die schwerste Zeit der Trauer getragen?
Miri und ich haben diese Anteilnahme unterschätzt. Wir waren der Ansicht, dass wir alles geplant hatten. Grab ausgesucht, Grabstein ausgesucht, mit dem Bestatter gesprochen, aber dass das passieren würde, hatten wir tatsächlich nicht auf dem Schirm. Ich kann nur sagen, dass mich diese Anteilnahme so unfassbar getragen hat. So ein liebevolles Miteinander ist unfassbar. Ich bin mir sicher, dass Miri das auch da oben als große Wertschätzung wahrgenommen hat.

Hast du probiert, auf alle Nachrichten zu antworten?
Nein, das ist unmöglich. Auf der RSH-Facebookseite waren es 11.000 Nachrichten, auf meiner eigenen 3000. Hinzukommen die Briefe und Postkarten. Das schaffst du nicht. Ich habe aber jede einzelne Nachricht gelesen und jede einzelne davon hat mir Flügelchen verliehen, um relativ schnell wieder auf die Beine zu kommen, wieder auf Sendung zu gehen und für Miri und mich weiterzumachen.

Wie war für dich die erste Zeit direkt nach Miris Tod und das Gefühl, auf einmal komplett alleine zu sein?
Man ist in der ersten Zeit in einem völligen Tunnel. Das ist auch gut. Du fängst erst ein paar Wochen später an, zu realisieren, was passiert ist. Vorher bist du auch gut beschäftigt. Mit der Beerdigung, dem Erinnerungsfest, eine Trauerfeier wollte sie ja nicht. Eigentlich kommt erst jetzt immer mal diese Erkenntnis: Carsten, du bist jetzt Witwer, das ist ein furchtbares Wort und das ist endgültig. Manchmal hat man den Gedanken: Miri, jetzt kannst du auch mal wiederkommen, jetzt ist auch mal gut.

Hast du diese Gedanken immer noch?
Ja, manchmal. Immer mal wieder. Logisch. Das hat glaube ich jeder, der jemanden verliert, den er liebt.

Träumst du noch von ihr?
Nein, komischerweise nicht.

Du hattest mal erzählt, dass Miri vor ihrem Tod Vorbereitungen für dich getroffen hat für die Zeit danach. Dass du nicht alleine bist, dass sich ihre Freundinnen um dich kümmern, dass du in Gesellschaft bist und raus gehst.  Wusstest du davon? Hattet ihr das zusammen besprochen oder war das eine Überraschung?
Ich wusste das. Miri hat sich null Sorgen gemacht um sich selbst, sie hat sich Sorgen gemacht um mich. Weil ich eher einer bin, der sich einbuddelt. Und das wusste sie. Ihre größte Sorge war, dass ich ein Trauerkloß werde, der zu Hause sitzt und nicht mehr mit geht. Darum hat sie alle Freundinnen auf Sylt instruiert: Ihr kümmert euch um Carsten und das setzen diese Mädels so großartig um. Bis jetzt. Das hört nicht auf. Jeden Tag heißt es: Was machst du heute? Wir haben was vor und du kommst mit.

Das heißt, du unternimmst jeden Tag etwas mit Miris Freundinnen?
Ja, jeden Tag. Wir hatten ja das große Glück, dass nach Miris Tod der Sommer da war. Wir konnten immer draußen sein, waren immer irgendwie zusammen. Das Lustige ist, dass die Mädels eine ganze Ecke jünger sind als ich und jetzt haben sie die ganze Zeit so einen alten Knacker an den Backen.

Und was macht ihr so zusammen?
Wir gehen essen zusammen, wir gehen feiern, wir setzen uns irgendwo gemütlich hin und trinken ein Weinchen, wir gehen spazieren, wir gehen mit dem Hund. Wir fahren auf der Insel irgendwohin, alles.

Und das läuft so seit Mai?
Ja, genau. Seit Mai. Jeden Tag.

Hattest du nach Miris Tod mal überlegt, den Radio-Job an den Nagel zu hängen und aufzuhören mit RSH auf Sylt?
Nein, nicht wirklich. Vor allem deshalb schon nicht, weil Radio für mich sowohl in Miris letzter Lebensphase als auch in der Trauerphase danach eine gute Abwechslung für mich war. Das ist auch der Grund, warum ich vier Wochen nach Miris Tod schon wieder angefangen habe zu senden. Nicht wissend, ob ich das hinkriegen würde. Aber du machst einfach was Schönes, kannst den Leuten was erzählen und es lenkt dich ab. Ich habe immer Radio gemacht und bin auch so zu dem Job gekommen, weil ich den Leuten meine Geschichte erzählen wollte. Nach Miris Tod hatte ich schon die Überlegung: Ist meine Geschichte jetzt erzählt? Ist sie jetzt rund? Dann kam ich schnell zu dem Entschluss, dass die Geschichte nicht zu Ende ist und weitergeht und ich jetzt als Carsten allein zu Haus weitermache und weitererzähle – für Miri und für mich.

Wie lange möchtest du RSH auf Sylt denn noch weitermachen?
Ich habe tatsächlich keinen Plan, bin ja aber auch noch in einer völligen Findungsphase. Ich bin noch total auf der Suche. Im Moment macht es mir unglaubliche Freude, auch weil die Leute so furchtbar lieb zu mir sind. Es vergeht kein Tag auf Sylt, an dem ich nicht fünfmal in den Arm genommen werde. Von wildfremden Menschen, die sagen, „wir kommen aus Nordrhein-Westfalen, Herr Köthe, wir würden Sie gerne einmal drücken“. Das passiert mir jeden Tag. Ich mache die Sendung auch ein Stück für Miri, ganz klar.

Euer Hauptwohnsitz war immer in Kiel, Sylt war immer euer gemeinsames Ding. Jetzt ist Miri nicht mehr da. Bleibst du auf Sylt, auch ohne sie?
Ja, es geht erst mal ganz normal weiter. Es klappt auch gut. Ich kriege natürlich viel Support von den Kolleginnen und Kollegen von RSH aus Kiel. Wir haben im letzten Jahr aber auch die Sendung schon ein bisschen umgestellt. Wenn ich immer zu Miri gesagt habe, kannst du dieses und jenes machen, hat sie gesagt, ja mache ich gerne, aber überleg dir, ob du das nicht alleine machen kannst. Denk immer dran, ich bin bald nicht mehr da. Dann sitzt du hier alleine. Deswegen haben wir uns vorbereitet auf die Zeit, wenn sie nicht mehr da ist, deswegen klappt das jetzt alleine auch ganz gut.

Und ganz nach Sylt zu ziehen und Kiel aufzugeben, ist keine Option? Oder behältst du Kiel als deinen Hauptwohnsitz?
Auch das bleibt alles so, wie es jetzt ist. Es geht ganz normal weiter.

Bei all der Trauer um Miri vergessen die Leute manchmal, dass auch du schwer krank bist und Krebs hast. Wie geht es dir da?
Mir geht es eigentlich gut. Toi toi toi. Ich bin unter ständiger Beobachtung, muss regelmäßig Arzttermine wahrnehmen. Kriege eine Tablette, die meine Krankheit – chronisch lymphatische Leukämie – ganz gut in Schach hält. Und das hoffentlich auch noch eine ganze Zeit lang. Bei mir liegt nur eine Mutation vor, die das Ganze ein bisschen verschlechtert und die Lebenserwartung ein bisschen minimiert. Aber andererseits macht die Medizin bei meiner Krankheit sehr große Fortschritte und ich hoffe, dass ich noch ein bisschen was vor mir habe. Ob ich aber so alt werden will wie die Queen, weiß ich nicht.

Wie geht es jetzt für dich weiter? Was sind deine Ziele, Träume, Visionen?
Darüber habe ich mir komischerweise noch keine Gedanken gemacht. In den letzten vier Monaten waren die Aufträge an mich, all das zu erledigen, was ich Miri in den letzten Lebensminuten- und stunden versprochen hatte. Ich bin nach Wacken gefahren für sie. Ich feier den Surf Cup für sie mit. Wacken und Surf Cup waren für sie immer die wichtigsten Highlights des Jahres. Ich bin nach Mallorca geflogen und habe einen Urlaub zu Ende gebracht, den wir im März leider abbrechen mussten. Das war mir sehr wichtig. Und in den letzten Wochen wird mir eigentlich erst so richtig bewusst, was Miri in den letzten Jahren alles abgeliefert hat. Ich habe dazu auf ihrem Erinnerungsfest ein paar Worte gesagt: Ich wünsche mir, dass wenn es bei mir mal eng wird, ich nur halb so viel Mumm in den Knochen hab wie sie.

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