Fussball

Ein Auslands-Abenteuer der etwas anderen Art

Ein Auslands-Abenteuer der etwas anderen Art

Ein Auslands-Abenteuer der etwas anderen Art

München
Zuletzt aktualisiert um:
Nicolaj Madsen spielte von 2013 bis 2017 für SønderjyskE und gehört zu den Top 10 der Spieler mit den meisten Superliga-Einsätzen für SønderjyskE. Foto: Karin Riggelsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Einer der Silber-Helden von SønderjyskE ist bei TSV 1860 Rosenheim in der Regionalliga gelandet. Nicolaj Madsen spricht im „Nordschleswiger“-Interview über die beste Zeit seiner Karriere, die Trennung von SønderjyskE, mentale Herausforderungen bei Vejle Boldklub und das erste Auslands-Abenteuer seiner Karriere.

Nicolaj Madsen spielte sich spätestens am 29. Mai 2016 in die Herzen der SønderjyskE-Fans, als er am letzten Superliga-Spieltag mit seinen zwei Toren im Brøndby Stadion aus einem 0:1-Pausenrückstand einen 2:1-Sieg machte und SønderjyskE die sensationelle Vizemeisterschaft bescherte. 

Ein Auslands-Abenteuer war bereits ein großer Wunsch, als der Mittelfeldspieler sich im Sommer 2017 mit SønderjyskE über eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages nicht einigen konnte und den Klub verließ. Der Wunsch ging damals nicht in Erfüllung, doch nach einer turbulenten Zeit mit insgesamt mehr als einem Jahr als vereinsloser Spieler ist doch noch ein Auslands-Abenteuer der etwas anderen Art herausgesprungen. 

Der 31-Jährige ist seit etwas mehr als einem halben Jahr beim TSV 1860 Rosenheim in der Regionalliga gelandet, als Leihspieler von Drittligist SpVgg Unterhaching. Der Kontakt entstand über eine Mannschaftskollegin seiner Lebensgefährtin Simone Boye, dänische Nationalspielerin vom FC Bayern München.

Nicolaj Madsen im Europa-League-Qualifikationsspiel gegen Sparta Prag. Foto: Karin Riggelsen

„Ich war davor zehn Monate lang ohne Klub gewesen und hatte mir Gedanken über das Karriereende gemacht, aber mit dem Fußball war ich nicht fertig. Ich hätte dort weiterspielen können, wo ich alles kenne, in der 1. Division, aber ich wollte etwas Neues probieren, ein Abenteuer“, sagt Nicolaj Madsen im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“: „Ich habe zu dem Zeitpunkt in Kopenhagen gelebt. Bei einem meiner Besuche bei Simone in München bin ich mit Unterhaching ins Gespräch gekommen. Deutschland war gar nicht das, was ich wollte. Das war eigentlich ausgeschlossen, weil Deutschland auch für ein mental hartes Umfeld bekannt ist, aber mittlerweile gefällt es mir sehr gut.“

Nicolaj Madsen macht keinen Hehl daraus, dass seine Zeit bei Vejle Boldklub Spuren hinterlassen hat. Der Mittelfeldspieler war im Sommer 2017 zu Vejle Boldklub in die 1. Division gewechselt und hatte nach einer längeren Verletzungspause dem Klub zum Superliga-Aufstieg verholfen, doch nach nur fünf Superliga–Einsätzen wurde der Vertrag im August 2018 aufgelöst. Über die Gründe möchte er nicht direkt sprechen. 

„Ich stand persönlich und mental unter Druck. Fußball hat zu der Zeit keinen Spaß gemacht“, sagt Nicolaj Madsen und ist sich darüber im Klaren, dass die Vertragsauflösung in Vejle ihn ein paar der besten Jahre seiner Profi-Karriere gekostet haben könnte: „Ich bereue die Entscheidung aber nicht. Das war das Beste für mich.“

Bei den Verhandlungen mit SønderjyskE spürte ich nicht die Wertschätzung dafür, was wir in den vergangenen zwei Jahren erreicht hatten.

Nicolaj Madsen

Nach knapp zwei Monaten ohne Verein kam er für sieben Spiele bei seinem Ex-Klub HB Køge unter, doch danach sollten weitere zehn Monate als vereinsloser Spieler hinzukommen.
„Ich hatte nach der Vejle-Zeit Angebote, aber das richtige war nicht dabei“, so Madsen, der auf die Frage, ob er im Sommer 2017 nicht besser bei SønderjyskE geblieben wäre, kurz zögert, aber dennoch unterstreicht, dass er den Wechsel zu Vejle Boldklub nicht bereut.

„Ich hatte eine sehr gute Zeit, als ich bei SønderjyskE war. Die beste meiner Karriere, und ich denke mit viel Freude daran zurück. Das war etwas ganz Besonderes, auch weil alles klappte. Ich sehe mir ab und zu noch Ausschnitte aus der Zeit an und habe mir auch das Silber-Spiel in Brøndby angesehen, als es vor Kurzem bei Eurosport noch einmal ausgestrahlt wurde. Das Spiel in Prag hätte gerne anders ausgehen dürfen. Das war nach dem größten Höhepunkt die größte Enttäuschung meiner Karriere. Was hätte alles passieren können“, fragt sich Nicolaj Madsen nach dem bitteren Europapokal-Aus in Prag.

Knapp ein Jahr später folgte die Trennung von SønderjyskE.

„Wir haben Silber gewonnen und sind im Jahr danach Tabellensechster geworden. Ich war ein Verkaufsobjekt und habe durchgespielt, obwohl ich große Achillessehnenprobleme hatte. Ich habe anderthalb Jahre mit Schmerzen gespielt. Ich konnte die Schmerzen nicht aushalten und musste operiert werden. Vejle hatte einen guten Plan, wie ich nach der Operation wieder zurück auf den Platz komme, und ich bereue den Wechsel nicht. Bei den Verhandlungen mit SønderjyskE spürte ich nicht die Wertschätzung dafür, was wir in den vergangenen zwei Jahren erreicht haben“, so Nicolaj Madsen, der die Geschehnisse von damals abgehakt und mittlerweile Gefallen an seinem ersten Auslands-Abenteuer gefunden hat.

Nicolaj Madsen im Zweikampf mit Thomas Delaney Foto: Cindy Schoof

„Nach zehn Monaten ohne Spielpraxis wäre es nicht schlau gewesen, bei Unterhaching in der 3. Liga zu beginnen. Dort sind 28 Spieler im Kader, und es gibt keine Reserve-Mannschaft. Die Ausleihe ist gut für mich gewesen. Es ist gut gelaufen, und Rosenheim würde mich auch gerne länger behalten, aber ich denke, der Fußball, der in der 3. Liga gespielt wird, passt besser zu mir“, meint der Mittelfeldspieler: „Es wird in der Regionalliga ganz schön zur Sache gegangen, und ich spiele hier auch eine andere Position als in meiner besten Zeit unter Jakob (Michelsen, d. Red.), wo ich die freie Rolle vor Janus und Adama (Drachmann und Guira, d. Red.) hatte. Hier bin ich eher der Anker im Mittelfeld, so wie es Janus bei SønderjyskE war.“

Für den Fußball-Regionalligisten TSV 1860 Rosenheim ist Nicolaj Madsen ein absoluter Glücksgriff – auf dem Feld ist er praktisch überall zu finden, sorgt für Stabilität im Zentrum und ist mit seiner Erfahrung ein wichtiger Halt im jungen Team.

Oberbayrisches Volksblatt

Der 31-Jährige hat keine Ahnung, ob er bereits sein letztes Spiel für TSV 1860 Rosenheim absolviert hat.

„Meine Situation ist schon speziell. Meine Leihabsprache läuft am 30. Juni aus. Ich weiß nicht, ob die Saison zu Ende gespielt wird und ob die Leihabsprache dementsprechend automatisch verlängert wird. Ich habe in Unterhaching nicht auf eine Antwort gedrängt, welche Pläne sie mit mir haben. Dort hat es  Gehaltskürzungen und andere wichtige Fragen gegeben, die geklärt werden müssen. Da war die Zeit nicht die richtige für meine Fragen“, sagt Nicolaj Madsen am Telefon aus seiner Wohnung in München, wo er sich in den vergangenen sechs Wochen aufgehalten hat. 

Mehr lesen