Solidarität

„Ich war zu Hause, als ich es erfuhr“ - Bürgermeister über ein Jahr Ukraine-Krieg

„War zu Hause, als ich es erfuhr“ - Bürgermeister über ein Jahr Ukraine-Krieg

Bürgermeister Erik Lauritzen über ein Jahr Ukraine-Krieg

Sonderburg/Sønderborg
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Der 24. Februar 2022 war für Erik Lauritzen „ein Tag, wie kein anderer“. Foto: Sara Eskildsen

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In der Nacht zu Donnerstag, 24. Februar 2022, startete Russland seinen Angriffs-Krieg auf die Ukraine. Wie hat der Sonderburger Bürgermeister Erik Lauritzen diesen Tag erlebt? Wie blickt er auf die vergangenen zwölf Monate und wie in die Zukunft? Darüber spricht er mit dem „Nordschleswiger“.

In der Kommune Sonderburg wird am Freitag, 24. Februar, die ukrainische Flagge auf dem Rathaus und dem Rathausplatz wehen. Anlass ist der erste Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine.

 

Plötzlich war der Tag ein ganz anderer, an dem man sich einerseits sehr betroffen fühlte, andererseits aber auch erleichtert war, in Dänemark zu leben.

Erik Lauritzen, Bürgermeister der Kommune Sonderburg
Am Freitag jährt sich der russische Einmarsch in die Ukraine. Foto: Ilse Jacobsen

„Ich war noch zu Hause, als ich es erfuhr. Ich schaltete das Radio ein, um die Nachrichten zu hören, bevor ich mich auf den Weg ins Rathaus machte“, sagt Bürgermeister Erik Lauritzen dem „Nordschleswiger“. Die Nachrichten warfen alles über den Haufen, auch die Gefühle. „Plötzlich war der Tag ein ganz anderer, an dem man sich einerseits sehr betroffen fühlte, andererseits aber auch erleichtert war, in Dänemark zu leben“, beschreibt Lauritzen das Gefühl, das vermutlich viele Menschen teilen.  

Ein Tag der Fassungslosigkeit

Seine ersten Gedanken seien geprägt gewesen von der Fassungslosigkeit. „Ich dachte: Es gibt wieder Krieg in Europa. Eine Situation, von der wir glaubten, dass sie der Vergangenheit angehören würde“, erinnert sich der Bürgermeister. „Wir haben uns geirrt und mit dem Krieg in der Ukraine zeichnet sich ein weiterer ab: der zwischen Ost und West. Was bedeutet das für unsere eigene Sicherheit?“

Gedanken, die Lauritzen sich als Mensch, aber auch in seiner verantwortlichen Position als Bürgermeister macht. Die Schreckensnachricht dominierte den Tag. „Ein geplantes Treffen aller Bürgermeister in Odense, bei dem es um das Thema ,Qualität in der Wohlfahrt’ gehen sollte, wurde abgesagt.“ Von da an standen die Entwicklungen des Ukraine-Krieges bei jedem Termin oben auf der Tagesordnung.“

Es ist uns nicht gelungen, Kinder und Erwachsene vor dem Krieg zu schützen, aber wir konnten ihnen Schutz und Sicherheit bieten.

Erik Lauritzen, Bürgermeister der Kommune Sonderburg

Auch wenn Zahlen das Leid dieses Krieges nicht wiedergeben können, so listet der Bürgermeister in einer aktuellen Mitteilung doch ein paar Fakten auf, die der noch immer andauernde Krieg hervorgebracht hat.

  • Mindestens 8.000 Zivilistinnen und Zivilisten wurden nach offiziellen Angaben in der Ukraine seit Beginn des russischen Einmarsches getötet. Man geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der zivilen Opfer viel höher ist.
  • Mehr als 8 Millionen Menschen aus der Ukraine sind laut Zahlen der Vereinten Nationen seit dem 24. Februar 2022 auf der Flucht. 
  • 38.000 Wohngebäude, 2.719 Schulen und mehr als 1.250 Gesundheitseinrichtungen wurden im Krieg zerstört, wie die Ukraine selbst im Dezember errechnete. 

Ukrainische Geflüchtete in Sonderburg

„Hinter den düsteren Zahlen stehen Menschen aus Fleisch und Blut, die durch den Krieg schwer getroffen wurden“, so Lauritzen. Millionen Menschen sind auf der Flucht und viele von ihnen haben Zuflucht in der Kommune Sonderburg gefunden. 

Die Kommune Sonderburg hat im vergangenen Jahr mehr als 400 Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen, und derzeit leben rund 300 von ihnen in der Kommune. Das Sondergesetz für Menschen aus der Ukraine macht das möglich.

„Es ist uns nicht gelungen, Kinder und Erwachsene vor dem Krieg zu schützen, aber wir konnten ihnen Schutz und Sicherheit bieten“, sagt der Bürgermeister. 

In diesem Sinne gelte sein Dank vor allem auch der Bevölkerung der Kommune. „Es war eine große Aufgabe, die ukrainischen Geflüchteten unterzubringen und ihnen zu helfen. Die Gastfamilien haben große Anstrengungen unternommen, um diese Aufgabe zu unterstützen.“

Heute habe etwa jeder zweite arbeitsfähige Ukrainer einen Job. „Wir werden weiterhin allen Ukrainern, die in die Kommune Sonderburg geflohen sind, helfen, sie in Arbeit, Ausbildung und Schule zu bringen, damit sie Teil unserer Gesellschaft werden können“, verspricht Erik Lauritzen. 

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