Landgericht Lübeck

Tödliche Messerattacke auf Spielplatz: Angeklagter gesteht

Tödliche Messerattacke auf Spielplatz: Angeklagter gesteht

Tödliche Messerattacke auf Spielplatz: Angeklagter gesteht

dpa
Lübeck (dpa/lno) -
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Stacheldraht sichert das Landgericht Lübeck. Foto: Rainer Jensen/dpa/Archivbild

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Im ersten Verfahren gab es für eine Messerattacke auf einem Spielplatz zehn Jahre Haft wegen Totschlags. Jetzt droht dem Angeklagten sogar eine Verurteilung wegen Mordes. Der Neustart beginnt mit einer Überraschung.

Der 23-Jährige auf der Anklagebank wurde bereits vor über einem Jahr wegen einer tödlichen Messerattacke auf einem Spielplatz in Grönwohld (Kreis Stormarn) schuldig gesprochen und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Seit Freitag sitzt der Mann erneut wegen der Tat vor dem Lübecker Landgericht. Auf Anordnung des Bundesgerichtshofs (BGH) verhandelt eine andere Kammer den Fall neu, weil im ersten Urteil rechtsfehlerhaft Mordmerkmale ausgeschlossen wurden, so der 5. Strafsenat des Revisionsgerichtes. Die neue Kammer muss nun prüfen, ob der Angeklagte statt wegen Totschlags wegen heimtückischen Mordes zu bestrafen sei.

Zu Beginn des neuen Verfahrens gestand der 23-Jährige überraschend den tödlichen Angriff auf seinen Bekannten, mit dem er seit langem in Drogengeschäfte verwickelt war. In einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung bedauerte er dabei die Tat zutiefst. Er «habe das Leben vieler Menschen zerstört und unglaubliche Schuld auf sich geladen», hieß es. Wenn er könnte, würde er das Verbrechen ungeschehen machen.

Zu der Tat kam es demnach, weil das Opfer ihn bei dem Treffen auf dem Spielplatz wegen seiner Schulden aus einem gemeinsamen Drogengeschäft mit einem Messer bedroht habe. Er habe den 22-Jährigen wegstoßen und dabei das Messer an sich bringen können. In Panik habe er dann immer wieder wahllos auf den Mann eingestochen. Wie oft er zustach, wisse er nicht mehr. Die Gerichtsmedizin stellte mindestens 27 Stiche in Rücken, Nacken und Kopf fest. Das Opfer verblutete. Die Leiche wurde erst am nächsten Tag entdeckt.

Nach der Messerattacke sei er wie in Trance nach Hause und habe die Tatwaffe am nächsten Tag entsorgt, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger weiter erklären. «Ich hatte nicht vor, ihn zu töten» und «zu keinem Zeitpunkt geplant, ihn töten zu wollen», betonte er dabei. Der 23-Jährige, der seit der Tat in Untersuchungshaft sitzt, folgte der Verlesung seines Verteidigers und dem Verlauf des ersten Prozesstages konzentriert. Er zeigte auch keine erkennbare Regung, als seine damalige Freundin erneut aussagte.

Nach ihren Worten wollte er auch auf ihr Drängen den Drogenhandel aufgeben, wenn er angeblich ihm zustehende Geldbeträge erhalten habe. Stattdessen aber hatte er nach Feststellungen des Gerichts mehrere Hundert Euro Schulden beim 22-Jährigen, die dieser bei ihm eintreiben wollte. Von der Tat auf dem Spielplatz habe sie erst erfahren, als die Polizei sie aufsuchte. Er habe ihr kurz nach der Tat im Chat geschrieben: «Ich liebe Dich, mein Engel, so unendlich doll.» Und später, dass es mit dem Drogenhandel vorbei sei.

Ihr und auch ihrem Ex-Freund gegenüber, mit dem sie den Angeklagten mal besucht habe, sei er nie aggressiv geworden, sagte die Zeugin. Auf Fragen bestätigte sie aber, dass im Zimmer des Angeklagten ein Taschenmesser, ein Schlagring mit Klinge und Schusswaffen rumlagen. Sie habe die für Sammlerstücke gehalten. Nach der Tat allerdings habe sie das Schlagringmesser nicht mehr gesehen. Mit einem solchen Messer tötete der Angeklagte laut erstem Urteil das Opfer.

Im ersten Prozess hatte der 23-Jährige auf Freispruch plädiert. Seine Revision gegen das Urteil verwarf der BGH aber. Stattdessen gab er der Revision der Familie des Opfers statt. Sie hatte als Nebenkläger lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Totschlags elf Jahre Haft beantragt.

Das Verfahren wird am 11. November fortgesetzt.

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