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Schleswig-Holstein will die biologische Vielfalt sichern

Schleswig-Holstein will die biologische Vielfalt sichern

Schleswig-Holstein will die biologische Vielfalt sichern

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Die Natur steht unter Druck, viele Arten sind vom Aussterben bedroht. Schleswig-Holstein will das Ruder jetzt herumreißen.

Schleswig-Holstein will eine Kehrtwende bei der Entwicklung der biologischen Vielfalt im Land erreichen. Die Krise des Artensterbens sei ebenso bedrohlich wie der Klimawandel, sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) am Mittwoch im Landtag. Er stellte einen Bericht der Landesregierung zur Situation der biologischen Vielfalt und geplante Maßnahmen vor. In Schleswig-Holstein sei jede zweite Tier- und Pflanzenart vom Aussterben bedroht. Bis 2030 solle das Artensterben gestoppt werden, sagte Albrecht. Das sei notwendig und ambitioniert. «Wir liefern einen Masterplan für die Natur, um den Rückgang der biologischen Vielfalt im Land zu stoppen.»

Albrecht nannte als wichtiges Element der Biodiversitätsstrategie die Entwicklung einer ausgeprägten grün-blauen Infrastruktur. «Wir brauchen leistungsstarke ökologische Verbundsysteme von der Küste über landwirtschaftlich genutzte Flächen und natürliche Landschaften bis hin zu den urbanen Räumen. Ziel ist es, auf 30 Prozent der Landesfläche einen guten ökologischen Zustand zu etablieren.»

Bis 2030 sollen mindestens 15 Prozent der Landesfläche als Schutzgebiets- und Biotopverbundsystem wirken können, kündigte der Minister an. Zwei Prozent der Landesfläche sollen als Wildnisgebiete weitgehend der eigenen Dynamik folgen und sich ungestört entwickeln können.

Die Strategie benötige bis 2030 zusätzlich rund 235 Millionen Euro vom Land und weiteren 45 Arbeitsstellen in der Landesverwaltung, sagte der Minister. Für 2022 habe das Land die ersten drei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Insgesamt werde die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie bis 2030 den Berechnungen zufolge 972 Millionen Euro kosten.

Der CDU-Abgeordnete Heiner Rickers sagte: «Wir müssen handeln». Nicht genutzte Areale im Land müssten ausgebaut und Lebensräume geschützt werden. Die bisherigen Bemühungen seien nicht besonders erfolgreich gewesen. «Da müssen wir nachsteuern.» Dabei komme der Landwirtschaft eine besondere Bedeutung zu.

Ein Ende des weltweiten Artensterbens ist nach Überzeugung der SPD-Abgeordneten Sandra Redmann nicht in Sicht. Die Menschen hätten «zu lange auf Kosten der Arten gehandelt». Es sei richtig, in Schleswig-Holstein eine Biodiversitätsstrategie auf den Weg zu bringen. Jetzt bestehe eine einmalige Chance, etwas zu verändern. Nach Redmanns Ansicht werde die aktuelle Koalition aber wegen politischer Differenzen nicht in der Lage sein, Teile der Strategie umzusetzen.

Die Grünen-Abgeordnete Marlies Fritzen entgegnete, die Koalition habe zahlreiche Verabredungen zum Naturschutz getroffen. Die Biodiversitätsstrategie sei auch eine Aufgabe für die kommenenden Wahlperioden.

Jeder Einzelne müsse seinen Beitrag leisten, sagte der FPD-Abgeordnete Oliver Kumbartzky. 69 Prozent der Landesfläche in Schleswig-Holstein werde landwirtschaftlich genutzt. Neben der Landwirtschaft habe auch der zunehmende Tourismus Einfluss auf die Biodiversität. «Aber: Als zwei der größten Wirtschaftszweige sichern Landwirtschaft und Tourismus viele Arbeitsplätze und damit den Unterhalt vieler Familien.» Ein Verzicht auf Landwirtschaft sei nicht möglich. Daher müssten die Betroffenen mit am Tisch sitzen. Verbote und ordnungsrechtliche Maßnahmen sollten die letzten Mittel sein.

Die ernüchternde Erkenntnis zu Beginn des Berichts der Landesregierung, dass die biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein in keinem guten Zustand sei, sei nicht überraschend, sagte der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer. Die Roten Listen gebe es bereits seit den 70er Jahren. Diese würden von Jahr zu Jahr länger, auch in Schleswig-Holstein.

Der AfD-Abgeordnete Volker Schnurrbusch kritisierte, dass vor allem die Landwirtschaft als Verursacher des Artensterbens angeprangert werde. Landwirten drohten weitere Einschränkungen und bürokratische Vorgaben.

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