Medienkonsum
Warum Geoblocking für die Minderheit so problematisch ist
Warum Geoblocking für die Minderheit so problematisch ist
Warum Geoblocking für die Minderheit so problematisch ist
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Auch wenn es „World Wide Web“ heißt, sehen sich viele Internetnutzerinnen und -nutzer noch geografischen Grenzen ausgesetzt. Dies ist vor allem dann ärgerlich, wenn nicht auf Inhalte in der eigenen Muttersprache zugegriffen werden kann – schlicht und einfach, weil man sich im falschen Land befindet. Nun kommt Bewegung in die Sache.
Nach dem Feierabend reizt das Sofa und lädt zum entspannten Film- oder Nachrichtenschauen ein. Ist der Tag mal zu lang geworden, gibt es glücklicherweise eine Vielzahl an Online-Mediatheken, die das breite Spektrum des Medienangebots auch ohne oder bei zu spät angeschaltetem Fernseher ermöglichen. Zumindest, wenn man im richtigen Land sitzt.
Ist dem nicht so, dann erscheint nicht selten bei Dutzenden Angeboten die Meldung: „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar!“ „Geoblocking“ nennt sich dieses regionale Begrenzen von Inhalten, das über die IP-Adresse funktioniert. Sie ordnet die Nutzenden einem Land zu, ähnlich wie eine digitale Postanschrift. Ist dieses Land von den Händlerinnen und Händlern oder Unternehmen nicht freigeschaltet, greift die Sperre.
Kultur und Sprache wahren
Ein Ärgernis für viele – besonders für die Bevölkerung in Grenzregionen. Denn für Minderheiten ist es von essenzieller Bedeutung, auf Medien in ihrer Muttersprache zurückgreifen zu können. Der begrenzte Zugang zu audiovisuellen Inhalten der gleichsprachigen Nachbarländer erschwert es Angehörigen nationaler Minderheiten, ihre Kultur und Muttersprache zu wahren und sich zu informieren.
Sendungen über die Mediatheken (...) anzuschauen, sollte im Grenzland möglich sein!
Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig und Autorin
Kein Verständnis für Einschränkungen
Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig und Autorin, bestätigt dieses Dilemma. Zwar sei die Übertragung von Live-Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in Dänemark möglich, doch in der Mediathek greift das Geoblocking. Der Sport ist jedoch auch bei Live-Nachrichtensendungen gesperrt. Claudia Knauer findet: „Sendungen über die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen anzuschauen, sollte im Grenzland möglich sein!“
Das Problem trete auch bei einigen Streaming-Diensten auf. Spätestens hier hört dann das Verständnis für die Einschränkungen auf, sagt die 60-Jährige, schließlich bezahle man für die riesige Auswahl an Filmen, Serien und Dokumentationen ja extra.
„Nicht nachvollziehbar“
Ärgerlich sei auch, dass es bei den verschiedenen Sendungen oder Filmen keine Vorwarnung für das Geoblocking gebe. Die Nutzenden klicken sich durch die Seiten, und am Ende kommt die Meldung: „Nicht verfügbar“. Über dieses Dilemma hat Claudia Knauer schon mit mehreren Menschen gesprochen, die es ähnlich nervig fänden. Dass das Geoblocking unvorhersehbar ist und dass manches funktioniert und manches wieder nicht, sei für viele einfach nicht nachvollziehbar.
Als Minderheit sind wir vom deutschen Kulturangebot der Öffentlich-Rechtlichen abgeschnitten.
Claudia Knauer
Zeit für eine Reform
Es sei immens wichtig für die deutsche Minderheit in Dänemark, Medien in ihrer Sprache problemlos konsumieren zu können, so die Büchereidirektorin. Aber: „Als Minderheit sind wir vom deutschen Kulturangebot der Öffentlich-Rechtlichen abgeschnitten“, fasst sie zusammen. Es sei allen klar, dass etwas passieren müsse.
Eine Reform scheint nun in greifbarer Nähe. Bereits vor Jahren hat sich der Minderheiten-Dachverband FUEN, die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten, dafür eingesetzt, dass der grenzübergreifende Zugang zu audiovisuellen Inhalten verbessert wird. Jetzt hat die Europäische Kommission einen Stakeholder-Dialog ins Leben gerufen. Hierbei soll sich bis März 2022 mit den Möglichkeiten einer Liberalisierung des Zugang zu medialen Inhalten befasst werden. Dies betrifft vor allem Video-Streaming und das Zugreifen auf Online-Inhalte der Fernsehsender.
„Ökonomische Benachteiligung“
Momentan sind die Film- und Fernsehindustrie sowie Künstlerinnen und Künstler noch gegen die Liberalisierung, da sie sich ökonomischer Benachteiligung ausgesetzt sehen. Die FUEN möchte den Dialog stärken und die Verbreitung audiovisueller Werke in der EU fördern. Damit die Medienindustrie Europas zu einem Leuchtturm der Sprachenvielfalt werden könne, so FUEN-Vizepräsidentin Angelika Mlinar.