Deutsche Minderheit

Neue Vorsitzende: „Der Sozialdienst muss sich verjüngen“

Neue Vorsitzende: „Der Sozialdienst muss sich verjüngen“

Neue Vorsitzende: „Der Sozialdienst muss sich verjüngen“

Ekensund/Egernsund
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Gertraudt Jepsen in ihrem Garten an der Flensburger Förde: Hier tankt sie Kraft für ihr neues Ehrenamt. Foto: ket

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Warum es wichtig ist, junge Menschen anzusprechen, die ehrenamtlich aktiv werden wollen, verrät Gertraudt Jepsen im Interview mit dem „Nordschleswiger“. Dabei erklärt sie, welche neuen Wege der Verband gehen muss und wieso es sich lohnt, sich zu engagieren.

Der Sozialdienst Nordschleswig hat eine neue Vorsitzende: Gertraudt Jepsen aus Ekensund (Egernsund) ist bei der Generalversammlung des Verbandes in der vergangenen Woche gewählt worden. Wieso engagiert sie sich ehrenamtlich, und was will sie an der Spitze verändern? Auf der Terrasse ihres Hauses mit Blick auf die Flensburger Förde hat sie diese und andere Fragen beantwortet.

Zur Person

Gertraudt Jepsen ist in der deutschen Minderheit aufgewachsen. Sie hat den deutschen Kindergarten und die deutschen Schulen in Broacker (Broager) und Sonderburg (Sønderborg) besucht. Ihr Abitur hat die Nordschleswigerin am Deutschen Gymnasium in Apenrade (Aabenraa) absolviert.

Nach dem Studium an der Universität Aarhus arbeitete Gertraudt Jepsen als feste und freie TV-Journalistin für zahlreiche dänische und deutsche Fernsehsender, darunter „Südwestrundfunk“, „ARD“, „ZDF“ sowie „DR“ und „TV Syd“. Danach unterstützte sie einige Jahre den Aufbau der Region Sønderjylland-Schleswig.

Seit dem Jahr 2000 war Gertraudt Jepsen als Presseleiterin bei Danfoss tätig, um 2011 als selbstständige Unternehmerin Firmen zu beraten, Konferenzen zu organisieren und Filme zu produzieren.

Die 67-Jährige ist langjähriges Mitglied des deutschen und dänischen Journalistenverbandes und Zensorin an den dänischen Universitäten (Deutsch, Kommunikation, Branding). Neben ihrem Beruf hat sie eine Ausbildung in Coaching und Wirtschaftspsychologie absolviert. Ehrenamtlich hat sie 2000 den regionalen Verein der Wirtschaftsfrauen mit ins Leben gerufen, und seit 2018 ist sie Vorstandsmitglied von Sønderborg Kvinde & Krisecenter.

Gertraudt, du stehst als neue Vorsitzende an der Spitze des Sozialdienstes Nordschleswig. Was ist deiner Meinung nach die Aufgabe des Verbandes?

„Ich denke, wir müssen so weitermachen wie bisher und das Miteinander stärken. Außerdem sollten wir unsere Zielgruppe genau definieren. Wer ist es eigentlich, den wir erreichen wollen? Für mich ist es wichtig, den Leuten zu helfen, die auch wirklich Hilfe brauchen. Das können zum Beispiel einsame Menschen sein – egal, ob alt oder jung. Ich finde es klasse, dass wir bei der Beratung Hilfe zur Selbsthilfe geben können, das ist für mich das Wichtigste.“

Gibt es etwas, das du verändern möchtest?

„Wir sollten ein bisschen moderner und ein bisschen digitaler werden, mit einem einheitlichen Auftritt. Das neue Logo finde ich schon mal klasse, wie das mit der Sonnenblume und der helfenden Hand gelöst wurde. Was mich besonders freut, ist, dass die meisten Vereine im Sozialdienst das jetzt auch nutzen. Das zeigt auch nach außen hin eine Geschlossenheit.“

Wie kann sich der Sozialdienst in Bezug auf die Altersstruktur verändern, und muss er das überhaupt?

„Alles muss sich verjüngen, egal wo. Ich meine, ich sitze hier mit 67 Jahren. Auf diesem Posten müsste meiner Meinung nach lieber jemand sitzen, der 20 Jahre jünger ist. Ich habe es bereits bei der Generalversammlung erwähnt, ich finde es unheimlich wichtig, dass der Sozialdienst attraktiv bleibt. Das ist die einzige Art, wie wir uns verjüngen können, weil wir nur so die Jüngeren anziehen können, die gerne ehrenamtlich arbeiten wollen, und die gibt es. Das weiß ich aus meiner Arbeit im Krisencenter in Sonderburg, wo wir viele neue Freiwillige angeworben haben. Die Jungen müssen her, damit die Verjüngung, die Erneuerung, die Modernisierung passieren kann, sonst geht es nicht.“

Wieso hast du dich als Vorsitzende zur Verfügung gestellt?

„Ich wurde gefragt, und ich denke, dass ich jetzt die Muße habe, das zu tun. Wenn ich vor zehn Jahren gefragt worden wäre, wäre das nicht gegangen, da hatte ich 60-Stunden-Wochen. Ich arbeite gerne ehrenamtlich, wenn ich das Gefühl habe, ich kann einen Unterschied machen, das ist für mich wichtig. Ich hoffe, dass ich bei der Arbeit im Sozialdienst auch einen Unterschied machen kann. Ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben. Es ist wesentlich für mich, mit der Arbeit Menschen zu helfen, sich selbst zu helfen. Das habe ich aus dem Krisencenter gelernt.“

Du engagierst dich bereits seit fünf Jahren im Krisencenter. Das hilft dir sicherlich bei deiner Arbeit im Sozialdienst. Welche Qualifikationen aus deinem bisherigen Leben, sowohl beruflich als auch privat, können dir bei deiner neuen Position noch nützlich sein? 

„Als ich damals studiert habe, da habe ich neben dem Studium als Krankenpflegerin in einem Altenpflegeheim gearbeitet. Da kriegt man seine Grenzen austariert, da habe ich viel über meine Geduld erfahren. Während meiner Zeit als Fernsehjournalistin habe ich mit vielen Menschen zu tun gehabt. Da habe ich gelernt, mich auf andere Menschen einzulassen, das geht gar nicht anders.“

Weißt du, worauf du dich beim Sozialdienst einlässt?

„Ich gehe da erst einmal relativ unvoreingenommen ran. Ich bin für zwei Jahre gewählt worden, und dann schauen wir mal. Das Wichtigste für mich ist, dass es auch Spaß bringt. Ehrenamt ist mit Spaßhaben, aber auch mit Engagement – mit viel Engagement verbunden, das weiß ich aus Erfahrung. Ich hätte nicht Ja gesagt, wenn ich nicht das Engagement mitbringen würde.“

Wie geht es jetzt weiter? Was ist der nächste Schritt für dich im Sozialdienst?

„Ich treffe mich am Freitag mit der Abteilungsleiterin und dem kommissarischen Vorsitzenden. Ursula Petersen und Söncke Christiansen machen dann eine Übergabe mit mir. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was genau die nächsten Schritte sind. Aber ich bin guten Mutes. Wenn ich mich erst für etwas entschieden habe, dann mache ich das auch.“

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