Deutsche Minderheit

50 Jahre Ruth Candussi: Junge Spitzen, Identität und Ehrenamt

50 Jahre Ruth Candussi: Junge Spitzen, Identität und Ehrenamt

50 Jahre Ruth Candussi: Junge Spitzen, Identität & Ehrenamt

Apenrade/Aabenraa
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Die SP-Politikerin feiert heute ihren 50. Geburtstag. Foto: Karin Riggelsen

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Die Politikerin der Schleswigschen Partei hatte am Montag Geburtstag. In ihrer Zeit in Nordschleswig hat sie schon viel bewirkt. Warum die frischgebackene 50-Jährige sich der Minderheit so zugehörig fühlt, hängt mit ihrem politischen Engagement zusammen.

„Die Jungen Spitzen mit aufgebaut zu haben und schon dort politisch aktiv gewesen zu sein, hat mir so ein Identitätsbewusstsein gegeben in Bezug auf meine Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit.“ Ruth Candussi ist schon lange in der Politik aktiv. Sie ist seit der Gründung der Jungen Spitzen 1998 nicht mehr aus der Politik der deutschen Minderheit wegzudenken. Inzwischen ist sie Parteisekretärin der Schleswigschen Partei (SP). Am Montag hat die Apenraderin ihren 50. Geburtstag gefeiert.

Italienische Wurzeln

Fast ihr ganzes Leben hat die 1974 geborene Ruth Candussi in Dänemark und Nordschleswig verbracht. Die heutige Parteisekretärin ist Halbitalienerin – mit ihrer Familie hat sie für die ersten sieben Jahre ihres Lebens in Claut gelebt. „Das ist in Italien, am allernordöstlichsten Zipfel“, beschreibt Candussi die Lage des kleinen Bergdorfes.

Da ist die Nordschleswigerin aber nicht lange geblieben – mit ihrer Mutter ist sie dann erst nach Hadersleben (Haderslev), dann nach Nordalsen (Nordals) gezogen. Dort ist Ruth Candussi aufgewachsen.

Aufbau der Jungen Spitzen

Im Zuge ihres Studiums ist die Halbitalienerin nach Aarhus gezogen. Dort hat sie zunächst drei Semester Jura studiert, bevor sie sich für Germanistik und Medienwissenschaft entschieden hat. „Darin habe ich auch meine Magisterarbeit geschrieben, mit der ich mein Studium abgeschlossen habe“, erzählt Candussi.

Ruth Candussi hat damals noch als Studentin die Jungen Spitzen, die Jugendorganisation der Schleswigschen Partei, mit aufgebaut. Foto: Karin Riggelsen

Die Sekretärin der SP ist nicht die Einzige, die zu dem Zeitpunkt ihres Studiums in Aarhus gelebt hat. Stefan Kleinschmidt, Jesper Jessen und Marc Janku waren zur selben Zeit in der Stadt. „Durch Zufall haben wir uns an einer Fakultät bei einer Feier zusammengefunden und haben dann die Jungen Spitzen so richtig ins Leben gerufen“, erinnert sich das frühere Vorstandsmitglied. „In Apenrade wurde sie schon ein halbes Jahr vorher gegründet, ist dann aber fast wieder zum Erliegen gekommen.“

Aber das nur fast – die Jungen Spitzen gibt es auch heute noch. Die damaligen Studentinnen und Studenten haben die Jugendpartei erfolgreich den Grundstein gelegt. Ruth Candussi bezeichnet diese Zeit als „tolle und spannende Jahre“.

Die Parteisekretärin ist stolz auf das, was sie mit ihren damaligen Kommilitonen geschafft hat. „Das war Teamarbeit, die Jungen Spitzen nachhaltig organisiert zu kriegen. Wir haben damals maßgebliche Akzente gesetzt für die Jugendpartei oder Jugendorganisation der SP, die es bis heute gibt.“

Die Nordschleswigerin beschreibt diese Zeit als „prägend“ für ihr Zugehörigkeitsgefühl zur deutschen Minderheit. „Zu sehen, dass diese Jugendorganisation vor Kurzem ein 25-jähriges Bestehen feiern konnte und es auch immer weitergeht, finde ich wirklich toll. Nicht nur für die SP, sondern für die gesamte Minderheit.“

Die Politikerin war auch mal beim „Nordschleswiger“ tätig – da hat Ruth Candussi ihr Volontariat gemacht. Foto: Karin Riggelsen

Vom Volontariat zurück zur Politik

Bevor Ruth Candussis politische Karriere Fahrt aufnahm, hat die 50-Jährige ein Praktikum und anschließend ein Volontariat beim „Nordschleswiger“ gemacht. „Das war damals noch unter Siegfried Matlok“, erinnert sie sich.

Zwölf Jahre war die Apenraderin Teil des „Nordschleswigers“: „Ich bin dort wirklich sehr glücklich gewesen. Das Schreiben, dieser direkter Kontakt mit Leuten, das Interviewen und Dinge untersuchen können, berichten und all das, das war auch toll. Und das mache ich im Grunde jetzt immer noch, aber aus politischer Perspektive.“

Inzwischen ist Ruth Candussi fester Bestandteil der Schleswigschen Partei als Parteisekretärin – seit 2016 ist sie im Haus Nordschleswig tätig. Sie engagiert sich dabei in der SP unter anderem für Gleichberechtigung.

Zusammen mit „Nordschleswiger“-Mitarbeiterin Hannah Dobiaschowski hat die Politikerin das Frauenforum gegründet. Foto: Karin Riggelsen

„Wir haben in der SP häufiger mal das Thema aufgegriffen und überlegt, wie engagieren wir Frauen, sich auch politisch zu begeistern und politisch zu engagieren? Immerhin ist es auch wichtig, dass Frauen sich im politischen Bereich einbringen, es wird da ja bestimmt, wie das Leben in den Kommunen aussehen soll“, erklärt die Parteisekretärin.

Zusammen mit „Nordschleswiger"-Mitarbeiterin Hannah Dobiaschowski hat sie dann das Frauenforum gegründet. Das sei zum Austausch da. „Wir haben schon eigene verschiedene Events und Treffen angeboten, aber wir sind noch in der Anfangsphase.“

Für kommenden Donnerstag hat Büchereidirektorin Claudia Knauer im Rahmen des Forums eine Veranstaltung organisiert: Sie hat für den Vortrag „Frauen können Geld“ die Privatkundenchefin der Kreditbanken, Heidi Borella, ins Haus Nordschleswig eingeladen. Das Prinzip des Forums sei nämlich, dass jeder, der Lust hat, ein Thema oder einen Vorschlag einbringen könne.

Parallele von Studium zu ihrem Beruf

Wenn Ruth Candussi darüber nachdenkt, was sie ihrem jüngeren Ich als Ratschlag mitgeben würde, fällt ihr nichts ein. „Ich habe zwar ab und zu darüber nachgedacht, wie es gewesen wäre, wenn ich das Jurastudium nicht abgebrochen hätte. Was wäre dann gewesen?“

Das sei auch einer der Gründe, wieso sie mit dem Gedanken spielt, irgendwann mal das Jurastudium nachzuholen, „wenn ich pensioniert bin oder wann auch immer“. Einfach so, die Thematik interessiere die Nordschleswigerin.

Hauptsache in Nordschleswig – Ruth Candussi fühlt sich ihrer Heimat sehr verbunden. Foto: Karin Riggelsen

„Im Studium war ich in einer Studentengruppierung, bei den alternativen Juristen. Da haben wir uns viele Gedanken zu Menschenrecht, Minderheitenschutz und all diesen Dingen gemacht. Damals juristisch betrachtet, heute sind das Themen, mit denen ich aus politischer Perspektive arbeite“, erklärt sie Parallelen ihres aktuellen Jobs und dem damaligen Studium.

Ruth Candussi bereut es aber nicht, ihren Studiengang gewechselt zu haben. „Ich habe für mich von damals deswegen nicht den Ratschlag zu sagen: Du hättest nicht aufhören sollen. Ich bin sehr froh mit dem, was ich dann studiert habe.“

Hauptsache Nordschleswig

Wenn sie an ihre Zukunft denkt, fällt Ruth Candussi sofort die nächste Kommunalwahl ein, die 2025 stattfinden wird. „Das steht ganz oben auf der Liste, für die SP ist das eine wichtige Wahl“, so die 50-Jährige. „Wir versuchen uns natürlich bestmöglich darauf vorzubereiten, mit unseren Kandidaten und unseren Kommunalvorständen.“

Ihren Geburtstag will die Nordschleswigerin lieber im kleinen Kreis feiern. Foto: Karin Riggelsen

Jetzt feiert die SP-Politikerin aber erst mal ihren 50. Geburtstag. Zuerst im Haus Nordschleswig mit einem Frühstück, dann zu einem späteren Zeitpunkt bei milderen Temperaturen mit ihrer Familie. „Aber jetzt auch nicht einen großen Kracher, sondern wir gehen dann in einem kleineren Kreise irgendwo essen und verbringen den Tag miteinander.“ Das nimmt sich Ruth Candussi vor.

Wo sie sich in 10 oder 20 Jahren sieht, das steht für die Politikerin fest. „Ich sehe mich noch in Nordschleswig. Viel konkreter kann ich nicht werden.“ Lange muss sie nicht über ihre Worte nachdenken. Wichtig sei es ihr nur, sich weiterhin einbringen zu können – mit ehrenamtlichen Tätigkeiten. „In Organisationen wie der deutschen Minderheit hängt davon nämlich so vieles ab“, unterstreicht die Nordschleswigerin ihren Beweggrund.

Dass Ruth Candussi sich schon jetzt bewusst entschieden hat, auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hier zu bleiben, könnte auch damit zusammenhängen, dass sie schon so früh ein Identitätsbewusstsein und eine Zugehörigkeit zu Nordschleswig entwickelt hat.

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