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Reetanbau: Ein Einblick in eine Produktion mit Seltenheitswert
Reetanbau: Einblick in eine Produktion mit Seltenheitswert
Reetanbau: Einblick in eine Produktion mit Seltenheitswert
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Wiebke und Frank Jannsen setzen seit einer Reihe von Jahren in ihrer Freizeit auf den Naturbaustoff. Ein Blick hinter die Kulissen der Nischenproduktion in Bönderby gab es bei der Sommerveranstaltung des Landwirtschaftsvereins.
In Bönderby zwischen Hoyer (Højer) und Mögeltondern (Møgeltønder) haben sich Wiebke und Frank Jannsen ein Standbein mit der Produktion von Reet aufgebaut.
Einen interessanten Einblick in diese dänische Nischenproduktion gewannen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich der Sommerveranstaltung des Kreisvereins West des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig angeschlossen hatten.
Jannsen erntet Schilf und setzt die in Bündel gepackten Halme, die als große Rundballen zusammengeschnürt sind, an Reetdachdecker ab. Anders als bei der Getreideernte und dem herkömmlichen Stroh ist die Erntesaison jedoch nicht im Juli oder August.
Erntezeit im Winter
„Gewöhnlich fangen wir in der ersten Januarwoche an. Wegen der Nässe starteten wir in diesem Jahr jedoch erst am 20. Januar. Dann haben wir alles im Laufe eines Monats geerntet. Das haben wir vorher nicht probiert“, so Jannsen.
Mit seinem Raupen-Fahrzeug der Marke Eigenbau hat er auch schon mal bei 16 Grad Frost geerntet. Absatzprobleme kennt er nicht. Der Verkauf verteilt sich fifty-fifty auf Dänemark und Deutschland.
Auch auf Sylt (Sild), Föhr (Før) und Amrum sind Dächer mit Reet aus Bönderby gedeckt. „Ich kann nicht genug beschaffen. Wir könnten viel mehr für den Verkauf ernten“, so Frank Jannsen.
Für optimale Halme ist Geduld angesagt
Mit Reet hat er seinerzeit kein unbekanntes Terrain betreten, da sein Vater Werner als Reetdachdecker tätig gewesen ist und auch selbst das Material geerntet hat.
Die Teilnehmenden erfuhren, dass es einige Jahre dauert, bis das Schilf wie gewünscht wächst. „Im ersten Jahr mähen wir es nur ab und lassen es liegen. Im zweiten Jahr ist es krumm und schief. Erst nach fünf Jahren schaut es vernünftig aus“, so Frank Jannsen.
Er hat selbst 20 bis 25 Hektar mit der Dauerpflanze. Zudem erntet er als Lohnunternehmer im Gotteskoog für einen Produzenten, wo er teils auch etwas für seine Eigenproduktion unter Dach und Fach bringt.
Jannsen, der auf der Insel Röm (Rømø) Areale mit Schilf gemietet hat, ist auf der Suche nach mehr Anbauflächen.
China diktiert den Preis
Extrem hoch sei die Nachfrage während der Corona-Zeit gewesen, als das Material aus China nicht anlanden konnte. Beim Preis für Reet spiele China nach wie vor die entscheidende Rolle.
„Das Reet ist mein Hobby“, so Jannsen, der hauptberuflich beim Deichverband für den Betrieb der Pumpenstationen zuständig ist. Mit der von ihm entwickelten Erntemaschine geht es um einiges zügiger als in „alten Tagen“.
„Die Menge, für die wir damals einen ganzen Tag benötigten, schaffen wir jetzt in einer Stunde“, erläutert Frank Jannsen.
Technik und Handarbeit
Obgleich immer noch Handarbeit angesagt ist, hat die Technik verstärkt in Bönderby Einzug gehalten.
Die Ballen, die die Maschine „ausspuckt“, werden noch mal umgepackt. Dies gehört zu den Aufgaben seiner Frau Wiebke Jannsen, die außer Haus beruflich kürzergetreten ist, um verstärkt in den Betrieb des „Hobbys“ einzusteigen.
Frank Jannsen erzählt im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“, dass es in Dänemark nur zehn Produzenten von Reet gibt. „Ich bin aber der Einzige, der solch eine Maschine hat“, so der gelernte Schmied.
Er hat einem Kollegen auf Seeland versprochen, auch eine Maschine für ihn zu bauen. Während das Raupen-Fahrzeug seit fünf Jahren in Betrieb ist, hatte die Vorgängerin Räder. Davor wurde eine Fräse als Erntemaschine eingesetzt.