Kultur

Chaospilot aus Hoyer erzählt vom „Bankraub“ seines Vaters

Chaospilot aus Hoyer erzählt vom „Bankraub“ seines Vaters

Chaospilot aus Hoyer erzählt vom „Bankraub“ seines Vaters

Hoyer/Højer
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Mikkel Sönnichsen ist „Chaospilot“ und stammt aus Hoyer. Foto: privat

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Mikkel Sönnichsen, heute Kopenhagen, bringt die Erzählungen von drei Personen aus Nordschleswig als Podcast auf Sønderjysk und als Buch heraus. Sein Vater Fritz berichtet von seiner ungewöhnlichen Wette, die ihn nicht – wie erhofft – ins Gefängnis brachte. Am 3. März findet ein Radiokino in Tondern statt.

Wer den Hoyeraner Fritz Sönnichsen kennt, der weiß um dessen ureigenen Humor. An diesem lässt das Urgestein des Marschenortes jetzt andere teilhaben per Podcast und in Buchform – dank seines Sohnes Mikkel. Mikkel Sönnichsen lebt heute in Kopenhagen und ist „Kulturredakteur“ von „Huset KBH“, Dänemarks ältester Spielstätte beziehungsweise größtem Kulturzentrum.

Den Wunsch, einmal ein Buch zu schreiben, hatte er schon immer, erzählt der ehemalige Schüler der Deutschen Schule Hoyer und später der Ludwig-Andresen-Schule in Tondern.

„Landet på livet“

Diesen Wunsch hat sich der 33-Jährige mit seinem autofiktiven Roman „Landet på Livet“ erfüllt, der erst kürzlich erschienen ist. „Ich schreibe über meine Kindheitserinnerungen. Der Verlag willigte ein, das Buch zu veröffentlichen unter der Bedingung, dass ich ein anderes Ende schrieb“, erzählt der ehemalige Hoyeraner. „Das war ganz fantastisch.“

In dieser kultigen Umgebung arbeitet Mikkel Sönnichsen. Foto: Huset-KBH

Er hatte sich eigentlich einen etwas blumigeren Schluss mit Erzählungen vom Watt, Sort sol und Ähnlichem ausgesucht. Nun wurde es eine Austernjagd mit den Eltern. Der Verlag war zufrieden.

Interviews mit drei Personen

Für die Recherchen zu diesem Besuch interviewte er neben seinem Vater auch dessen Cousine Ellen Margrethe Sönnichsen und den Hoyeraner Hotelbesitzer Kaare Holler Jessen. Spannend und ehrlich hätten sie erzählt. Ihre Berichte auf Sønderjysk hielt Mikkel für so gut gelungen, dass er die besten zum Podcast Sønderjyske Historier zusammenschnitt.


Zwei dieser Geschichten werden am 3. März erstmals von 20 bis 21 Uhr im Rahmen eines Radiokinoabends im Tonderner Kino präsentiert. Nichts sehen, sondern nur zuhören. Auf Spotify und apple podcast ist eine Erzählung von seinem Vater als gescheiterter Bankräuber als Appetitwecker zu hören.

„Ich habe in Kopenhagen schon derartige Veranstaltungen durchgeführt“, erzählt Mikkel Sönnichsen, der selbst Technomusik produziert und als Discjockey arbeitet. Seit 2015 hat er seine eigene Musikgesellschaft Concrete Lab.

In Dänemarks ältestem und größtem Kulturzentrum arbeitet der gebürtige Hoyeraner. Foto: Per Lange

„Ich habe eigentlich schon als Kind sehr gerne Musik gemacht und viele Bücher gelesen. Ich begann mit dem Musikmachen bereits an der Schule in Hoyer. Handball habe ich zwar auch gespielt, aber nicht mit großem Erfolg. Ich war einfach zu klein“, erzählt er lachend.

Mikkel Sönnichsen studierte in Aarhus, wo er sich zum „Kaospiloten“ ausbilden ließ. Dort lernte er, Ideen, Geschäftskonzepte und Projekte von der Vision bis zur Durchführung zu entwickeln. Das dreijährige Studium wird vom Unterrichts- und Forschungsministerium gefördert.

Wetteinsatz für Bankraub: Eine Kiste Bier

Aber zurück zu seinem Podcast und der Geschichte seines Vaters und dem gescheiterten Bankraub. Es ist eine unglaubliche Story, die ihren Anfang in einer geselligen Runde mit Freunden nahm. Fritz Sönnichsen schloss mit einem Lehrling der örtlichen Sparkasse eine Wette ab, dass er das Geldinstitut ausrauben könnte. Der Wetteinsatz war eine Kiste Bier.

Fritz Sönnichsen (l.) hat immer etwas zu sagen, sogar „Wetterfröschen“ (Archivfoto). Foto: Brigitta Lassen

Gesagt, getan. Fritz Sönnichsen ging zur Sparkasse und langte mit seinem Arm in die Bankbox. Er konnte einen dicken Briefumschlag herausfischen. Die Wette war zwar gewonnen, aber nicht das Ziel des „Bankräubers“. Er wollte in die Medien kommen, Schlagzeilen machen und ins Gefängnis als eine Art Lehre fürs Leben. Nicht lange, aber ähnlich eines siebentägigen Mallorca-Aufenthalts.

Streik bei Zeitungen

Doch die Journalistinnen und Journalisten streikten. Er kam nicht auf die Titelseiten. Sein Schachzug ging ihm nicht aus dem Kopf. Er mochte den damaligen Sparkassen-Leiter nicht, sondern erzählte einem Vorstandsmitglied von seinem Trick. Dieser informierte den Sparkassenchef, der flugs Fritz Sönnichsen in einer Kneipe in Hoyer anrief.

Kurz danach trafen zwei Polizisten dort ein. Nicht von der Kriminalpolizei, sondern zwei Verkehrspolizisten aus Tondern. Das Verhör über sein Kunststück fand in der Kneipe statt. Einer der Beamten ging zur Sparkasse und wollte es Fritz Sönnichsen nachmachen. Und es gelang.

Kneipenwirt verriet das Versteck

Den Umschlag, den er hinter der Gardine der Kneipe versteckt hatte, wollte er nur unter der Bedingung herausrücken, dass er ins Gefängnis kam. Der Kneipenwirt verriet der Polizei das Versteck.

Wenige Tage später wurde der Hoyeraner dann doch von einem Mitarbeiter der Kriminalpolizei aufgesucht, dem er die Geschichte von seinem Bankraub erzählte. Anklage ist nie erhoben worden, und somit gab es auch keinen Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen.

Mikkel Sönnichsen hat seine eigene Musikfirma. Foto: privat

Wenn dies ein Appetitwecker ist, kann man sich auf den Rest freuen. Alle drei Interviewpartner erzählen auf Sønderjysk ihre Geschichten. „Ich wollte mit diesem Podcast auf unsere Mundart aufmerksam machen. Ich bin selbst stolz darauf, ein Sønderjyde zu sein. Es wäre ärgerlich, wenn dieser Dialekt ausstirbt“, erzählt Mikkel Sönnichsen.

Er beherrscht noch den Dialekt und spricht ihn unter anderem mit seinem Bruder. Dieser lebt auch in Kopenhagen. Ein Häuschen in Nordschleswig könnte er sich gut vorstellen, aber nur als Ferienhaus, denn es sei vermutlich schwer, mit seiner Ausbildung einen Job in Nordschleswig zu finden.

Mikkel Sönnichsens Arbeitsplatz: Das Kulturzentrum Huset-KBH Foto: Huset-KBH

 

„In meinem Elternhaus haben wir auch immer Sønderjysk gesprochen. Auch mit unserer Mutter Hanne, die nicht aus Nordschleswig kommt und Hochdänisch spricht. Spricht mich jemand auf Sønderjysk an, spreche ich auch Sønderjysk mit dieser Person. Sonst steckt in mir eine Sperre, mir unbekannte Menschen auf Sønderjysk anzureden.“

 

Empfang bei „Muttern“

Sein Vater spricht diesen Dialekt sehr ausgeprägt. Damit die Zuhörerinnen und Zuhörer auch verstehen können, was in dem Podcast erzählt wird, gibt Mikkel Sönnichsen eine kurze Zusammenfassung auf Hochdänisch.

Die Interviews sind die Grundlage für sein Buch, das er bei einem Empfang im Geschäft seiner Mutter „Hanne i Højer“ am 4. März von 15 bis 17 Uhr vorstellen und signieren wird.

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