Deutsche Minderheit
Ein Blick hinter die Kulissen des „Gemischten Turnens“
Ein Blick hinter die Kulissen des „Gemischten Turnens“
Ein Blick hinter die Kulissen des „Gemischten Turnens“
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Die jüngste Turnerin ist 66 Jahre und der älteste ist 87 Jahre. Der bunt gemischten Turntruppe in Lügumkloster geht es nicht nur um Bewegung, sondern das soziale Miteinander wird auch gewichtet.
Die Redewendung „Sport ist Mord“ hat bei den Frauen und Männern, die sich jeweils Montagabend zum „Gemischten Turnen“ in Lügumkloster treffen, keinen Bestand.
„Du hättest Sportzeug anziehen sollen“, lautet es mit einem gut gemeinten Lachen, als ich an diesem Montagabend die Turnhalle der Deutschen Schule Lügumkloster betrete.
Mit Stift, Block und Handy
Statt mit Turnzeug bin ich mit Block und Handy zum Fotografieren ausgerüstet. Das „Gemischte Turnen“ hat Tradition und ist schon seit vielen Jahren eine feste Größe beim Turn- und Spielverein Lügumkloster. Und viele der Turnerinnen und Turner sind schon seit vielen Jahren bei der Stange.
Wenn es knarrt und knistert
„Ich weiß gar nicht so genau, wie lang ich dabei bin. Es sind sicher mehr als 30 Jahre“, sagt Broder Ratenburg, der im Sommer 80 Jahre alt wird.
„Ich mache mit, um mich auf Trab zu halten und die Muskeln zu bewegen, die ich sonst nicht so gebrauche. Außerdem haben wir ein gutes kameradschaftliches Verhältnis“, erzählt der Turner.
„Ich sage immer, wenn man Montagabend an der Turnhalle vorbeifährt, und es knarrt und knistert, dann sind wir das“, so Ratenburg mit einem Lachen.
Abschied von der Trainerin
Zur jungen Garde in der Runde gehören Anke Thomsen, die in Kürze 67 wird und der 69-jährige Svend Asmussen. Anke Thomsen hält die organisatorischen Fäden in der Hand.
Svend Asmussen trainiert die Turnerinnen und Turner. An drei Abenden vor und drei nach Weihnachten gibt es Unterstützung vom Jugendverband. Kürzlich haben sie in der Runde Abschied von Trainerin Susanne Klages genommen, deren Weggang sie bedauern.
So kommt man in Schwung
„Ich bin, seit ich in den 1970er-Jahren an einer Nachschule war, immer zur Gymnastik gegangen“, erzählt Svend Asmussen, der vor Jahren durch Anke Thomsen und ihrem im Herbst verstorbenen Mann Asmus zum TSV gestoßen ist.
„Wir haben auch mal praktiziert, dass wir abwechselnd drei Übungen anleiten sollten. Das lief aber nicht so gut und es geriet ins Stocken“, so Asmussen. Er lässt auch Übungen aus dem Rückenprogramm aus der Physiotherapie einfließen.
„Wir wärmen ein wenig auf, um den Körper anzukurbeln und machen dann Bodenübungen. Einen Plan habe ich nicht, wenn ich von zu Hause losradele, es geht darum, dass wir uns bewegen. Alle können bei unserem Programm mitmachen“, sagt Asmussen.
Volleyball im fortgeschrittenen Alter gelernt
Die eineinhalb Stunden lange Lektion schließt immer mit 45 Minuten Volleyball. „Dabei gilt es, zwei der drei Sets zu gewinnen“, erläutert er mit einem verschmitzten Lächeln den Ehrgeiz. Eine wichtige Rolle würde das soziale Miteinander spielen. Das kommt auch mit einem Saisonabschluss, einer Sommertour und einem Julefrokost nicht zu kurz.
„Annemarie Blume hatte nie vorher Volleyball gespielt, als sie mit etwa 76 Jahren anfing“, erzählt er. Das bestätigt sie lachend. Ihr damaliger Vorstandskollege im Sozialdienst, Asmus Tästensen, hatte Erfolg damit, sie von der Teilnahme zu überzeugen.
„In meiner Jugend habe ich wenig Sport getrieben. Asmus fand unbedingt, dass ich mit sollte. Wir haben immer viel Spaß, besonders beim Volleyball“, sagt Anne Marie Blume.
Die 85-Jährige, die seit 40 Jahren Yoga macht, denkt nicht ans Aufhören. „Solange ich kann, werde ich weitermachen. Das Soziale spielt hier eine große Rolle“, sagt sie.
Ein festes Winterprogramm
Seit mehr vier Jahrzehnten jeden Winter dabei gewesen, ist Alterspräsident Heinrich Carsten Tästensen. „Das gehört dazu. Sonst ist es nicht Winter“, erklärt der 87-Jährige.
„Wir halten uns gut. Auch in der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, meint er mit Blick auf die 15 Aktiven, die aus der Minderheit und der Mehrheitsbevölkerung kommen.
Wie Straßenjungen hüpfen
Dann geht das Aufwärmen los. Erst kreisen die Hände, dann die Schultern und es folgen einige Runden laufend. Daran reiht sich das Hüpfen der Straßenjungen (gadedrengehop), während die Hände wechselweise in Schwung sind. Auf einem Bein stehend und zur Seite schauend, wird das Gleichgewicht trainiert. Und während draußen die Dunkelheit einsetzt, folgen Dehnübungen, bei denen es ganz legal ist, in die Luft zu gucken.
„Hätten wir jetzt den ‚Nordschleswiger‘ gehabt, hätten wir ihn lesen können“, sagt Asmussen, während sich die Turnerinnen und Turner auf einem Bein stehend und mit zur Seite ausgestreckten Armen zu ihrer Matte beugen.
Indes schleicht sich die Vertreterin des „Nordschleswigers“ wieder aus der Turnhalle. Wer weiß, vielleicht kommt sie beim nächsten Mal ja mit Turnzeug.