Wegner und Co.

Interessante Zeitreise zu den Traditionen des Handwerks

Interessante Zeitreise zu den Traditionen des Handwerks

Interessante Zeitreise zu den Traditionen des Handwerks

Tondern/Tønder
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Die Vereinsvorsitzende Sonja Miltersen (l.) präsentiert das gelungene Ergebnis. Foto: Monika Thomsen

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Der Verein, der für die Errichtung eines Museums für die Möbelkunst von Wegner arbeitet, vermittelt mit einem schriftlichen Werk Einblicke in Tonderns stolze Handwerkertraditionen. Der Vater des berühmten Möbeldesigners gehörte 1912 zu den Gründungsmitgliedern des Handwerkervereins.

Die Möglichkeit, in die Welt des Handwerks in Tondern einzutauchen, die auch für den berühmten Möbeldesigner Hans J. Wegner von entscheidender Bedeutung gewesen ist, liegt nun in Buchform vor.

Auftraggeber ist der Verein, der für die Errichtung eines Museums mit Möbelkunst von Hans J. Wegner arbeitet.

„Das ist ein tolles Werk“, zeigte sich die Vorsitzende von „Foreningen til etableringen af et museum for Hans J. Wegners Møbelkunst“, Sonja Miltersen, vom Endprodukt begeistert.

Rechte für Handel und Handwerk

Tondern erhielt mit einem Privileg von 1354 das alleinige Recht auf Handel und Handwerk. Um die stolzen Handwerkstraditionen, die seit dem Mittelalter in Tondern Bestand haben, zu schildern, hat sich der Verein mit Lokalhistoriker Ingolf Haase, Mögeltondern (Møgeltønder), in der Rolle als Hauptautor verbündet.

Er vermittelt die Gründung des Handwerkervereins, der auch eine Schule für Lehrlinge initiierte. Zu den Mitbegründern des Vereins gehörte 1912 mit Schustermeister Peter Wegner, der Vater des später international bekannten Architekten und Möbeldesigners Hans J. Wegner.

Das ist ein tolles Werk.

Sonja Miltersen, Vorsitzende


Vor dem Zusammenschluss im Handwerkerverein hatten die verschiedenen Handwerksberufe je ihre Innung.

Der Lokalhistoriker Ingolf Haase ist der Hauptautor des Buches. Foto: Monika Thomsen

Handwerk von entscheidender Bedeutung

 „Hans J. Wegner hat in einem Interview 1997 erklärt, dass seine weitere Lebensbahn ohne das Handwerk undenkbar gewesen wäre“, sagte die Projektleiterin Anne Blond während der Präsentation des leicht lesbaren Werkes.

Ingolf Haase gewährt einen interessanten Einblick in die verschiedenen handwerklichen Zweige – angefangen vom Schuster, Schneider, Schmied, Maurer, Zimmerer, Maler, Klempner bis hin zum Elektriker.

So berichtet er zum Beispiel, dass das Maurerfach im zwölften Jahrhundert aus dem Süden nach Dänemark gekommen sei. Der Bedarf für den Bau von Kirchen habe seinerzeit den Anstoß für dieses Fach und die Herstellung von Steinen aus gebranntem Lehm gegeben.

Maurer und Mönche

„Früh arbeiteten Mönche und Maurer Seite an Seite. Im Mittelalter wurde man sich aber über die Aufgabenverteilung uneinig. Es endete damit, dass die Mönche sich an die Gebete und andere religiöse Rituale hielten, während die Handwerker sich des Handwerks annahmen“, ist nachzulesen.

Der Bau des 1238 von den Franziskanermönchen gegründeten Gråbrødre Klosters sei in Tondern die größte Bauperiode mit Ziegelsteinen gewesen. Nach der Reformation 1536 und nachdem die Mönche nach Ripen (Ribe) vertrieben worden waren, erfolgte der Abriss des Klosters, und die Baumaterialien seien für Arbeiten am Schloss verwendet worden.

Anne Blond, Projektleiterin des Vereins für ein Wegner-Museum, konzentriert sich auf Wegner in Tondern. Marianne Wegner, eine von Hans. J. Wegners zwei Töchtern, beleuchtet in einem Kapitel die Geschichte der Wegner-Straßenlampe, die sie 1975 zusammen mit ihrem Vater entworfen hat.

Wegners Geburtshaus in der Smedegade in Tondern. Davor die Wegner-Leuchte, die Hans J. Wegner gemeinsam mit seiner Tocher Marianne entworfen hat. Foto: Monika Thomsen

Das Leben von Hans Jørgensen Wegner begann am 2. April 1914 in Tondern als Sohn von Hausfrau Nicoline und Schuster Peter Mathiesen Wegner. In einer Zeit, als Tondern zum Deutschen Reich gehörte. Er wuchs gemeinsam mit seinem drei Jahre älteren Bruder Heinrich, genannt Heini, in der Wiedaustadt auf.

Die Familie lebte mit einem Lehrling und zwei weiteren Angehörigen in der Smedegade 12. Dort im Parterre des Hauses mit Blick auf die Christkirche war auch die väterliche Schusterwerkstatt angesiedelt.

Schinken im Glockenturm versteckt

Anne Blond schreibt, dass Wegner es liebte, mit dem Friedhofsgräber den Glockenturm zu erklimmen, wenn die Glocken zu Beerdigungen geläutet wurden.

„Es war auch dort, wo seine Mutter während des Ersten Weltkriegs die getrockneten Schinken versteckte. Bis die Lüge ihr zu viel wurde und sie die Nahrungsmittel, wie vorgeschrieben, an die deutsche Armee auslieferte“, so Anne Blond.

Ingolf Haase berichtet, dass die Familie Wegner Dänisch gesinnt war, und in der Familie sei Sønderjysk gesprochen worden. „Wegner sprach sein Leben lang Sønderjysk, wenn er mit Sønderjydern sprach. Als er 1920 in der Schule anfing, war das Schulwesen dänisch“, so Haase.

Fußball mit Schülern der deutschen Schule

„Ich war Dänisch und ging in die dänische Schule. Ich spielte aber Fußball mit denen, die in die deutsche Schule gingen“, zitiert Anne Blond Wegner.

Hans J. Wegner schnitzte schon als kleiner Junge Holz, und er und sein Bruder gingen in ihrer Kindheit in den Werkstätten der Handwerker ein und aus. Später wird Hans Möbeltischler und Heini tritt als Schuster in die Fußstapfen des Vaters.

Tischlerlehre statt Bildhauer

Als Jugendlicher habe sich Hans J. Wegner mit dem Gedanken getragen, Bildhauer zu werden, so Haase. Er fing aber am 15. April 1928 im Tonderner Unternehmen H. F. Stahlberg in der Westerstraße eine Lehre als Möbeltischler an.

Nach Ende seiner Lehrzeit 1932 arbeitete er dort drei Jahre als Geselle, bevor er als Soldat einberufen wurde und nach Nordseeland ging. Danach ließ er sich dauerhaft in Kopenhagen nieder, wo er im Januar 2007 im Alter von 93 Jahren verstarb.

Der Verein öffnet in Kürze ein Domizil im linken Gebäudetrakt an der Osterstraße 4. In diesem Haus lebte die Familie Wegner ab1933. Foto: Monika Thomsen

Talent entdeckt

Ein entscheidender Wendepunkt für Wegner sei es gewesen, nach Kopenhagen zu kommen, so Haase. An der Kunsthandwerkerschule sei sein Talent für Kunst und Design entdeckt worden. Erst sei er gefragt worden, ob er nicht Porträtmaler werden wollte.

„Noch während seines Studiums wurde er von Erik Møller und Arne Jacobsen für eine umfangreiche Möbeldesignaufgabe mit der Anfertigung von Interieur für das neu gebaute Rathaus in Aarhus gekapert“, schreibt Haase.

Wegner-Initiativen

2014, als Wegner 100 Jahre alt geworden wäre, wurden in seiner Geburtstadt verschiedene Initiativen eingefädelt. Seitdem heißt der Platz vor dem Rathaus „Wegners Plads". An seinem Geburtshaus wurde eine Gedenktafel enthüllt, und seither wird an seinem Geburtstag der Wegner-Preis verliehen.

Im April 2014 enthüllte Prinz Joachim den Stein mit dem Schriftzug „Wegner Plads". Links der damalige Bürgermeister Laurids Rudebeck, der im Mai 2016 plötzlich verstarb. (Archivfoto) Foto: Elise Rahbek

Schenkung bringt Buch auf den Weg

Finanziell möglich wurde das Buchprojekt des Wegner-Museumsvereins durch eine Schenkung der mittlerweile aufgelösten Stiftung „Chas Otzen Fonden“, die zum Handwerkerverein gehörte.

Der Verein eröffnet in Kürze in der Osterstraße in Tondern einen Sitz, der unter anderem als Werbefläche für das Projekt dienen soll. Dies geschieht in einem Teil des Gebäudes, wo die Familie Wegner ab 1933 wohnte und wo auch die Schusterwerkstatt angesiedelt war.

Dort ist auch der Verkauf des Buches angedacht.

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