Ministervertretung

Analyse: Stephanie Lose ist die sichere Wahl

Analyse: Stephanie Lose ist die sichere Wahl

Analyse: Stephanie Lose ist die sichere Wahl

Kopenhagen
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Es war kein Zufall, dass Mette Frederiksen die Arbeit von Stephanie Lose als Regionsratsvorsitzende lobte. Genau die Fähigkeiten, die sie in dem Amt bewiesen hat, braucht die SVM-Regierung jetzt dringend. Foto: Walter Turnowsky

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Es ist in mehrfacher Hinsicht ein logischer Schritt, dass Mette Frederiksen Stephanie Lose zwischenzeitlich zur Wirtschaftsministerin ernannt hat, so die Einschätzung von Walter Turnowsky. Obwohl sie nur für eine befristete Zeit Teil der SVM-Regierung sein wird, kann sie die Politik entscheidend prägen. Sie sitzt nämlich an zentraler Stelle.

Die Nachricht kam am Donnerstagmorgen überraschend: Die Vorsitzende des Regionsrates für Süddänemark, Stephanie Lose von Venstre, soll zwischenzeitlich das Wirtschaftsressort von ihrem Parteikollegen Troels Lund Poulsen übernehmen.

Bei näherem Hinschauen ist die Nachricht aber weniger überraschend, weder der Schritt an sich, noch die Wahl der Person. Wir können daraus vier Dinge schließen; eine fünfte Frage, nämlich die um Venstres Zukunft, kann aber noch nicht beantwortet werden.

1. Mit Stephanie Lose gehen Ellemann und Frederiksen auf Nummer sicher

Troels Lund Poulsen musste entlastet werden. Nicht nur leitete er seit der Krankmeldung von Jakob Ellemann-Jensen zwei Ministerien, er ist in dessen Abwesenheit auch der kommissarische politische Chef von Venstre. Da war es naheliegend, dass Lund Poulsen das Wirtschaftsministerium abgibt und sich auf die Aufgabe als Verteidigungsminister konzentriert.

Als Ersatz musste eine Person her, die quasi von der offiziellen Vorstellung auf Amalienborg kommend, vom Ministerwagen aus direkt in die Arbeit einsteigen kann. Die sachlich, solide und zielorientiert arbeitet. Diese Liste an Eigenschaften könnte eins zu eins aus Stephanie Loses Lebenslauf abgeschrieben sein.

Ihre Loyalität hat sie bereits als zweite Vorsitzende und, seit Ellemanns Krankmeldung am 6. Februar, auch als amtierende Vorsitzende bewiesen. Die politische Leitung hat sie Troels Lund Poulsen überlassen, sich selbst auf die organisatorische Arbeit konzentriert. Auch diese Eigenschaft ist entscheidend, denn Kompetenzgerangel ist so ziemlich das Letzte, was Venstre und die Regierung jetzt gebrauchen können.

Einer, der sie sehr gut kennt, nämlich ihr Mann Jakob, drückte es vor Amalienborg sehr präzise aus: „Stephanie wird ihr Ding im Wirtschaftsministerium gut machen.“ So dürften wohl auch Mette Frederiksen und Jakob Ellemann-Jensen gedacht haben: Die süddänische Regionsvorsitzende ist die naheliegende und sichere Wahl.

2. Stephanie Lose bekommt Macht

Troels Lund Poulsen ist, bis Ellemann wieder gesund wird, die unumstrittene Nummer eins bei Venstre. Das will jedoch nicht heißen, dass Lose lediglich im Wirtschaftsministerium die Vertretung machen wird und sonst geringen Einfluss hat.

Im Gegenteil: Sie ist Mitglied im Koordinations- und Finanzausschuss der Regierung sowie im Ausschuss zur Leitung der Regierung. Damit sitzt sie direkt im Zentrum der Macht, denn in diesen Ausschüssen wird die Politik der Koalitionsregierung entwickelt und formuliert. Mag sein, dass Lose nicht von der lauten Sorte ist; wie man politischen Einfluss in Ergebnisse verwandelt, weiß sie aber sehr genau.

Sie wird die dänische Politik in den kommenden Monaten entscheidend mitgestalten – und es könnten einige Monate werden, denn:

3. Jakob Ellemann-Jensen wird länger krank sein

Die Entscheidung, Lose ins Kabinett zu holen, wurde notwendig, weil klar ist, dass der Venstre-Vorsitzende nicht so schnell wieder gesund werden wird. Stress ist eine ernste Erkrankung, und vor allem ist bei ihr schwer vorherzusagen, wie lange es dauern wird. Auch daher war die Dreifach-Belastung von Lund Poulsen nicht länger tragbar.

Ellemann selbst betont am Donnerstag auf Facebook, dass es ihm besser gehe, und er sich darauf freue, wieder nach Christiansborg und ins Verteidigungsministerium zurückzukehren. Auch in der offiziellen Pressemitteilung von Venstre wird betont, dass Ellemann als Vorsitzender und Minister zurückkehren wird. Nach meiner Einschätzung ist das auch zum jetzigen Zeitpunkt eindeutig der Plan.

Doch ewig kann Venstre nicht ohne den Vorsitzenden auskommen.

4. Troels Lund Poulsen wird Verteidigungsverhandlungen leiten

Es ergibt sich schon aus dem Vorherigen: Troels Lund Poulsen wird die anstehenden Verteidigungsverhandlungen mit den übrigen Parteien auch zu Ende führen müssen. Er gilt auf Christiansborg als gewiefter Verhandler, der es schaffen kann, unterschiedliche Positionen unter einen Hut zu bringen. Die Fähigkeiten wird er auch brauchen, denn mit dem Krieg in der Ukraine ist es wichtiger denn je, eine breite politische Absprache mit der Unterstützung von möglichst vielen Parteien zu landen.

Deshalb benötigt er die Hilfe von Lose – nicht nur, indem sie ihm das Wirtschaftsressort abnimmt, sondern auch, damit sie ihn bei seinen politischen Führungsaufgaben unterstützt.

5. Geht Stephanie Lose in die Landespolitik?

Damit wären wir bei der Frage, die sich nicht endgültig beantworten lässt. Loses Antwort lautete am Donnerstag: Nein. Das sollten wir ihr auch abnehmen: Sie will in die regionale Politik zurück, fühlt sich als Vorsitzende des Regionsrates für Süddänemark wohl.

Aber – und hier gibt es wahrlich ein Aber –, was ist, wenn erneut das Telefon klingelt und ihr ein attraktiver Ministerposten angeboten wird? Lehnt sie dann tatsächlich ab? Insbesondere wenn ihre Partei sie weiter in der Landespolitik brauchen sollte, könnte das schwer für sie werden. 

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