Leitartikel

„Dänemarks neue Regierung: Mit platten Reifen und ohne Luftpumpe ins Rennen“

Dänemarks neue Regierung: Mit platten Reifen und ohne Luftpumpe ins Rennen

Dänemarks neue Regierung: Platte Reifen und ohne Luftpumpe

Apenrade/Aabenraa
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Von einer Verkehrswende ist in Dänemark dieser Tage weniger zu spüren denn je. Doch Cornelius von Tiedemann findet im neuen Regierungsprogramm Licht am Ende des Fehmarnbelt-Tunnels.

Die unter der „alten“ Regierungschefin neu formierte Regierung will, so der Titel ihres Programms, „Verantwortung für Dänemark“ übernehmen.

Das ist schön.

Gerade hier in der sogenannten Provinz würden wir uns freuen, wenn sich diese Verantwortung in mehr als nur Symbolen wie Grenzkontrollen und Sprüchen wie „ehrgeizigste Klimapolitik aller Zeiten“ niederschlagen würde. Wenn eine neue Regierung ernst zu nehmende Konzepte für die Zukunft der ländlichen Räume vorlegen würde. Doch Tatsache ist und bleibt voraussichtlich auch nach vier Jahren mit der jetzigen Regierung: Für Nordschleswig und die meisten anderen ländlichen Regionen des Landes gibt es kein nachhaltiges Mobilitätskonzept.

Es gibt keine überzeugenden Strategien, wie wir uns auch nur annähernd so attraktiv für Unternehmen und Arbeitssuchende machen können wie die großen Städte, die mit Metros, Straßenbahnen, sicheren Radwegenetzen, dicht getaktetem Busnetz und so weiter und so fort punkten können.

Schade, dass das Wort „Fahrrad“ im Regierungsprogramm kein einziges Mal auftaucht. Dass Kinder in Nordschleswig also irgendwann einmal sicher und durchgehend getrennt von Auto- und Lkw-Verkehr zur weit entfernten Schule radeln können, dürfte damit weiter in die Ferne rücken. Und das, wo der Straßenverkehr die häufigste Todesursache für Kinder in Dänemark ist. Richtig gelesen: Nichts ist gefährlicher für das Leben von Kindern in Dänemark als Erwachsene in Autos. Egal, ob mit Verbrennermotor oder elektrisch.

Vielleicht übernimmt die Regierung in dem Bereich ja doch Verantwortung, obwohl es nicht in ihrem Programm steht? Damit zu rechnen ist kaum, schließlich ist keine der drei Regierungsparteien dafür bekannt, an der Vorfahrt fürs Auto rütteln zu wollen.

Und doch: Ein Licht schimmert am Ende des Fehmarnbelttunnels, durch den bekanntlich nicht nur Autos, sondern auch Züge fahren sollen (in denen die Schwedische Eisenbahn SJ vielleicht sogar eines Tages mal Fahrräder zulässt): Die Regierung will den Busverkehr im Lande neu ordnen.

Keine schlechte Idee, wie an dieser Stelle bereits geschildert und wie es aktuelle Einsparpläne der Kommunen ausgerechnet beim Busnetz abermals untermauern.

Der Plan: Zunächst soll ein Ausschuss von Expertinnen und Experten Empfehlungen für eine „neue Struktur“ der Busversorgung in Dänemark erarbeiten. Das schließt die Frage mit ein, ob es noch Sinn ergibt, dass die Kommunen und Regionen die Verkehrsgesellschaften betreiben. Ein Ziel: Junge Menschen sollen besser und billiger an ihre Ausbildungsorte gelangen.

Sollte das Gremium seinen Auftrag einigermaßen ernst nehmen, wird es nicht drum herumkommen, der Regierung zu empfehlen, nicht mehr dem vermeintlichen Bedarf hinterherzulaufen und stattdessen auf ein zuverlässig getaktetes engmaschiges Netz zu setzen. Und auf sichere Infrastruktur für Zweiräder.

Das ist auf lange Sicht am günstigsten, auch für das Gesundheitssystem. Und das nicht nur deshalb, weil die Unfallzahlen sinken werden. Und es macht es wieder attraktiv, auf dem Land zu leben. Mit und ohne Kinder, mit und ohne Arbeit oder Ausbildung gleich um die Ecke.

Das wäre nicht nur im Interesse einiger Öko-Enthusiasten. Das käme uns allen zugute. Auch den Autofahrenden, die wir hier auf dem Lande fast alle immer wieder auch sind.

Es wäre doch toll, wenn die neue Regierung dafür Verantwortung übernimmt, dass die Wahrscheinlichkeit so weit wie möglich sinkt, dass wir Erwachsene einen fatalen Verkehrsunfall verursachen.

 

 

 

 

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