Weltmeisterschaft

Kein Halbfinale, aber die Sympathien der gesamten Faustballwelt

Kein Halbfinale, aber die Sympathien der gesamten Faustballwelt

Kein Halbfinale, aber die Sympathien der Faustballwelt

Mannheim
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Kurt Asmussen zeigte eine überragende Leistung. Foto: Ines Weber

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Trotz 0:3 Niederlage im WM-Viertelfinale gegen Österreich schafft es die dänische Mannschaft abermals, mit einer unglaublichen Leistung das Rhein-Neckar-Stadion zum Beben zu bringen.

Es ist Mittwochabend, 19.35 Uhr. Im Rhein-Neckar-Stadion in Mannheim stehen Hunderte Fans und Spieler verschiedenster Nationen frenetisch jubelnd und klatschend in Richtung der dänischen Spieler auf der Haupttribüne. Unten auf dem Rasen klatscht sich die dänische Mannschaft mit strahlenden Gesichtern gegenseitig ab, während auf der kleinen Nebentribüne die österreichischen Anhängerinnen und Anhänger verhalten applaudieren.

Wer in diesem Moment das Stadion betritt, ist sich sicher, Dänemark hat schon wieder für eine Faustball-Sensation gesorgt und auch die Österreicher im Viertelfinale geschlagen.

Mitnichten, Österreich steht nach einem klaren 3:0-Sieg (11:7, 11:3, 11:9) im Halbfinale. Trotzdem ist Dänemark keineswegs der Verlierer des Abends, denn abermals schaffen es die Nordschleswiger, mit Willen, Kampf und unbändigem Einsatz ein dickes Ausrufezeichen in der Faustballwelt zu setzen und den Zuschauerinnen und Zuschauern im Stadion eine Wahnsinns-Show zu liefern.

Dänemark hat immer wieder Grund zu jubeln. Foto: Moritz Kaufmann

Die Ausgangslage vor dem Spiel ist klar. Einerseits die Faustball-Großmacht Österreich, die den WM-Sieg im Blick hat, andererseits die Überraschungsmannschaft aus Dänemark, die sich vor dem Turnier das aus ihrer Sicht hohe Ziel gesetzt hat, unter die Top 9 zu kommen.

Spieler werden geschont

Dementsprechend geht Dänemarks Blick vor dem Spiel auch nicht in Richtung nächste Sensation. „Unser Ziel ist nicht das Halbfinale, sondern das Spiel um Platz 5“, sagt der dänische Angreifer Hans Martin Asmussen vor dem Spiel. Das zeigt sich auch an der Startaufstellung, die im Vergleich zum Namibia-Spiel auf allen Positionen verändert ist. „Wir müssen einfach realistisch sein. Das ist, als ob die Handballer vom SV Tingleff gegen die dänische Nationalmannschaft spielen würden. Wenn wir gegen die Schweiz gespielt hätten, wäre das etwas anderes gewesen, aber so nutzen wir das Spiel lieber, um einigen Spielern eine Pause zu gönnen“, so Diedrichsen vor der Partie.

In der Verteidigung starten Lasse Jepsen und Thore Naujeck. In der Zentrale beginnt Jakob Jürgensen, und im Angriff dürfen Kurt Asmussen und Florian Wittmann ran. Die beiden Hauptangreifer Hans Martin Asmussen und Rune Hinrichsen machen sich vor dem Spiel gar nicht erst mit warm. „Dadurch, dass die Angreifer immer wieder bei den Schlägen voll durchziehen müssen, stehen sie unter einer besonderen Belastung. Für uns ist wichtiger, dass die beiden morgen fit sind, da möchten wir kein Risiko eingehen“, so der Trainer.

Vermeintliche B-Mannschaft

Dänemark startet also mit einer vermeintlichen B-Mannschaft. So ziemlich jeder im Stadion ist sich sicher, dass das Spiel damit noch schneller vorbei sein wird, als ohnehin schon angenommen. Zumal Österreich auch noch mit seinen beiden Top-Stars Karl Müllehner und Philipp Einsiedler startet. Niemand glaubt, dass Dänemark mehr als ein paar wenige Punkte holen wird. Doch es soll alles ganz anders kommen.

 

Von wegen B-Mannschaft. Dänemark kann Österreich immer wieder ärgern. Foto: Moritz Kaufmann

Bereits der erste Ballwechsel des Spiels zeigt, diese dänische Mannschaft ist nicht gewillt, sich hier heute abschießen zu lassen. Thore Naujeck gelingt es grandios, die knallharte Angabe der Österreicher im Spiel zu halten, und gemeinsam mit vollem Einsatz schafft es die dänische Mannschaft, den Ball zurück in die gegnerische Hälfte zu befördern. Auch wenn letztlich die Österreicher den Punkt holen, wird diese erste Szene symbolisch für den Rest des Spiels stehen.

Kurt hat seinen Spaß

Dänemarks Faustball-Routinier hat bei seinen Angaben sichtlich Spaß. Immer wieder holt er weit aus, verlädt dann das gesamte österreichische Team mit einem kurzen Ball über die Leine und lässt sich anschließend feiern. Dänemark ist im ersten Satz gut im Spiel, kommt zwischenzeitlich auf 4:5 ran und kann beim Stand von 5:10 sogar zwei Satzbälle abwehren. Trotzdem holt Österreich den Satz am Ende, angeführt von seinem Star-Angreifer Karl Müllehner mit 11:7.

Im zweiten Satz wird dieser sich dann mit Kurt Asmussen eine kleine Privatfehde liefern. Asmussen macht da weiter, wo er im ersten Satz aufgehört hat. Mit kurzen Angaben lässt er die österreichischen Spieler immer wieder ins Leere springen. Müllehner wird dies allerdings irgendwann zu bunt. Er revanchiert sich mit zwei hart geschlagenen Bällen direkt auf den Mann. Doch Asmussen zeigt sich unbeeindruckt, grinst und spielt seinerseits eine harte Angabe direkt auf Müllehner, dessen Annahmeversuch im Aus landet. „Nach den beiden Bällen, die er mir auf den Pelz gedonnert hat, wollte ich es ihm zurückzahlen. Das hat gut geklappt“, so Asmussen nach dem Spiel mit einem hämischen Grinsen. Der zweite Satz geht am Ende zwar klar mit 11:3 an Österreich, dennoch können die Dänen auch diesmal zunächst einen Satzball abwenden.

Kurt Asmussen bringt Österreich mit seinen Angaben immer wieder zur Verzweiflung. Foto: Ines Weber

Unterstützung von der Tribüne

Auf der Haupttribüne haben die Nordschleswiger mittlerweile alle Sympathien auf ihre Seite gezogen. Aus dem Schweizer Block ertönen immer wieder laute „Hopp Dänemark“-Rufe. Dass Dänemark im dritten Satz dann sogar noch einmal komplett über sich hinauswachsen wird, ahnt zu diesem Zeitpunkt niemand. Alle rechnen nach dem deutlichen Sieg im zweiten Satz eigentlich mit einem schnellen Ende des Spiels.

Kurt Asmussen allerdings hat noch keine Lust, sich schon wieder auf den Trainingsplatz zum Auslaufen zu begeben. Er hat weiter sichtlich Spaß mit seinen Angaben und sorgt mit diesen immer wieder dafür, dass Dänemark eng an Österreich dranbleibt. Zwischenzeitlich steht es 3:3 und 4:4. Dänemark ist voll drin im Spiel. Und das gilt nicht nur für Asmussen. Alle Spieler fangen an, über sich hinauszuwachsen. Hatte Verteidiger Lasse Jepsen zu Beginn der Partie noch deutliche Probleme, mit den harten Schlägen der österreichischen Angreifer zurechtzukommen, ist er im dritten Satz stets zur Stelle und entschärft die gegnerischen Geschosse.

WM-Debüt mit 15

Um 19.26 Uhr ist es so weit. Der wahrscheinlich emotionalste Moment des Spiels. Lucas Søndergaard, 15 Jahre alt, gibt sein WM-Debüt. Er wird von den Rängen und dem eigenen Team mit großem Beifall begrüßt. Wer allerdings glaubt, dass die Einwechslung rein symbolischer Natur ist und der junge Nordschleswiger nur als Statist mit auf dem Feld steht, wird schnell eines Besseren belehrt. Der 15-Jährige ist sofort drin im Spiel, legt Angreifer Kurt Asmussen zwei Bälle auf und hält einen harten Ball der Österreicher grandios im Spiel.

Lucas ist sofort drin im Spiel. Foto: Moritz Kaufmann
Lucas Søndergaard gibt ein starkes WM-Debüt. Foto: Moritz Kaufmann

Mittlerweile werden sogar die beiden Trainer der Österreicher unruhiger. Während Dänemarks Trainer Diedrichsen an der Außenlinie wie ein junges Reh freudig hin und her hüpft, fangen seine beiden Kollegen auf der anderen Seite immer mehr an, innerlich zu brodeln.

Österreich braucht eine Auszeit

Als Kurt Asmussen abermals eine seiner Angaben durchbringt, auf 6:6 stellt und die dänische Leistung auf der Haupttribüne mittlerweile zum zweiten Mal mit einer La-Ola-Welle gefeiert wird, platzt den Coaches der Österreicher der Kragen. Aus Angst, dass ihrem Team das Spiel noch vollends entgleitet, müssen sie tatsächlich eine Auszeit nehmen. Mit Erfolg. Schnell gehen sie nach dieser mit 10:7 in Führung. Doch auch in diesem Satz gelingt es den Dänen wieder, sich noch einmal dagegenzustemmen und die ersten beiden Satzbälle abzuwehren. „Mann, hätte ich gerne noch auf 10:10 gestellt. Das wäre was gewesen“, sagt der Man of the Match, Kurt Asmussen, nach dem Spiel, das letztlich mit einem 11:9 für Österreich nach drei Sätzen endet.

Lasse Jepsen kommt nach anfänglichen Problemen immer besser ins Spiel. Foto: Ines Weber

Stolze Trainer

Trotz Niederlage erhält das dänische Team anhaltenden Beifall für ein irres Faustballmatch, in dem die Nordschleswiger abermals alle überraschen konnten. „Ich kann nicht in Worte fassen, wie stolz ich auf diese Mannschaft bin. Was die Jungs heute auf den Platz gebracht haben, war phänomenal“, so Trainer Diedrichsen. Sein Co-Trainer Nielsen gesteht sogar: „Einige Male hätte ich fast angefangen, vor Freude zu weinen, angesichts der Bälle, die die Jungs geholt haben.“

Glücklicher Debütant

Auch WM-Debütant Lucas Søndergaard bekommt nach dem Spiel das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. „Es ist ein unglaubliches Gefühl. Ich war unheimlich aufgeregt und bin sehr erleichtert gewesen, dass der erste Ball von mir gut gekommen ist. Hier heute gegen einige meiner größten Idole mein erstes WM-Spiel zu machen, hätte ich mir nicht erträumen lassen“, so der 15-Jährige.

Jetzt kommt Argentinien

Am Donnerstag um 13.15 Uhr erwartet das dänische Team nun Argentinien, das das Viertelfinale gegen die Schweiz verloren hat.

„Ich habe noch nicht viel von ihnen gesehen. Wir werden heute Abend noch eine Videoanalyse machen und dann morgen mit allem, was wir haben, um dieses Spiel um Platz 5 kämpfen“, so Nationaltrainer Peter Diedrichsen.

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