Nachhaltiges Leben

Warum immer mehr aus zweiter Hand kaufen

Warum immer mehr aus zweiter Hand kaufen

Warum immer mehr aus zweiter Hand kaufen

Gravenstein/Gråsten
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Gutes tun und Gebrauchtes verkaufen: Die 80-jährige Hanne Nissen hilft seit 20 Jahren als ehrenamtliche Helferin im Gebrauchtwaren-Geschäft mit. Foto: Sara Eskildsen

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Eine der größten Hilfsorganisationen des Landes verzeichnet Umsatzrekorde beim Verkauf von gebrauchter Kleidung und Möbeln. Warum ist das so? Ein Besuch im Second-Hand-Laden in Gravenstein.

Wachwechsel im Gebrauchtwarenladen von „Folkekirkens Nødhjælp“ in Gravenstein: Die Schicht von Hanne Nissen (80) und Jytte Jensen (77) endet nach rund vier Stunden. Grethe Broe und Helle Christiansen übernehmen die Nachmittags-Schicht.

Im Geschäft an der Slotsgade nimmt ein weiterer Tag seinen Lauf. Hanne, Jytte, Grethe und Helle sind vier von 24 Ehrenamtlichen, die in Gravenstein mithelfen, gebrauchte Waren für den guten Zweck zu verkaufen.

Umsatz um 17 Prozent gestiegen

Das Konzept läuft gut wie nie: Im vergangenen Jahr hat die Organisation „Folkekirkens Nødhjælp“ mit ihren Charity-Läden so viel Umsatz gemacht, wie nie zuvor.

In den sechs Geschäften in Nordschleswig kamen 2,9 Millionen Kronen an Umsatz zusammen – 17 Prozent mehr als im bisherigen Rekord-Jahr 2019. Landesweit nahm die Organisation 2022 insgesamt 54,5 Millionen Kronen über den Verkauf von Second-Hand-Ware ein.

(V. l.): Grethe Broe, Hanne Nissen, Jytte Jensen und Helle Christiansen arbeiten im „Genbrugs“-Geschäft von „Folkekirkens Nødhjælp“ in Gravenstein. Foto: Sara Eskildsen

Warum kaufen mehr und mehr Menschen in den Filialen der „Genbrugs“-Geschäfte ein? Hanne Nissen ist seit 20 Jahren als freiwillige Mitarbeiterin in Gravenstein dabei.

Ihre Vermutung ist: „Es ist wohl eine Mischung aus günstigen Preisen und dem Gedanken, dass man nachhaltig einkauft. Getragene Kleidung ist weitaus günstiger als neue Kleidung. Gerade Hosen sind sehr gefragt – denn die sind neu sehr teuer“, sagt die Mitarbeiterin.

Ressourcen nicht wegschmeißen

Helle Christiansen fügt hinzu: „Einigen geht es beim Einkaufen hier auch darum, dass Ressourcen nicht weggeschmissen werden. Dass man Dinge braucht, die es bereits gibt. Die zu gut sind, um weggeworfen zu werden.“

Das Gravensteiner Geschäft in der Slotsgade Foto: Sara Eskildsen

Das Geschäft an der Schlossstraße besuchen vor allem Frauen, stellen alle vier Mitarbeiterinnen fest. „Wir haben zwar auch eine Männer-Abteilung. Aber meistens sind es doch Frauen, die hier einkaufen“, sagt Jytte Jensen. Sie ist erst seit rund einem Jahr mit im Team. „Ich wollte gerne etwas Gutes tun. Und als mein Mann gestorben war, tat es auch gut, hier eine Gemeinschaft und eine Aufgabe zu haben.“

Ohne Kleiderspenden geht es nicht

In einem Raum stehen Kinderkleidung und Spielzeug zum Verkauf. Die Waren kommen von Menschen aus der Umgebung. „Wer seine Klamotten hier abgibt, spendet sie für einen guten Zweck. Wir sind dafür zuständig, sie zu sichten, zu etikettieren und zu verkaufen“, erläutert Hanne Nissen.

Außerdem machen die Ehrenamtler auch sauber, sie dekorieren die Auslagen und sorgen für Nachschub, wenn sich die Regale und Ständer leeren.

Hanne Nissen arbeitet einmal in der Woche im Geschäft mit. Foto: Sara Eskildsen

Weitere Mithelferinnen und Mithelfer sind immer willkommen, sagt Hanne Nissen. „Darüber freuen wir uns immer. Es gibt pro Tag zwei Schichten zu besetzen, wir sind jeweils zu zweit. Und an Sonnabenden ist das Geschäft ja ebenfalls geöffnet. Also, wer Lust hat, darf sich gerne bei uns melden.“

Wie viele Stunden in der Woche man arbeiten will, bestimmt jeder selbst.

Rund 20 bis 30 Kundinnen und Kunden kommen durchschnittlich am Tag in das Geschäft. Hanne Nissen bedient mit den anderen Mithelferinnen und Mithelfern die Kasse, sorgt für Ordnung in den Verkaufsständen, macht sauber und dekoriert. Foto: Sara Eskildsen
Hier im Hinterzimmer, den den Ehrenamtlichen auch als Aufenthaltsraum dient, hängt der Nachschub. Foto: Sara Eskildsen

Dass die Gebrauchtwarenläden auch in Zukunft häufig frequentiert werden, daran zweifelt die Generalsekretärin von „Folkekirkens Nødhjælp“ nicht. „Wegen der steigenden Preise denken viele Menschen in Dänemark zweimal darüber nach, bevor sie etwas Neues für sich oder das eigene Zuhause kaufen. Neues kann ebenso gut gebraucht sein“, sagt Birgitte Qvist-Sørensen, die festgestellt hat, dass vor allem günstige warme Kleidung besonders gefragt ist.

„Eine Notwendigkeit angesichts der Krisenzeiten“

„Es tut der ganzen Welt gut, gebraucht einzukaufen, weil wir unsere Ressourcen wiederverwerten. Es macht auch Spaß, in den Geschäften nach besonderen Fundstücken Ausschau zu halten. Und wir erleben derzeit, dass der Kauf von gebrauchten Sachen für manche Menschen eine Notwendigkeit ist angesichts der Krisenzeiten“, so die Generalsekretärin.

Die Einnahmen aus dem Gebrauchtwarenladen in Gravenstein kommen der Krisen- und Entwicklungshilfe der Organisation zugute.

Eine Reihe Röcke und Hosen von S is XL Foto: Sara Eskildsen
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