Lebensmittel-Anbau

Mit der Chia-Pflanze die Energiekrise lösen

Mit der Chia-Pflanze die Energiekrise lösen

Mit der Chia-Pflanze die Energiekrise lösen

Sonderburg/Sønderborg
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Die Chia-Pflanze produziert Samenkörner, die man auf verschiedene Weisen zu Lebensmitteln verarbeiten kann. Foto: Jeff Blackler/Shutterstock/Ritzau Scanpix

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Der Sonderburger Martin L. Toft war der Erste, der Chia-Samen nach Europa importierte. Jetzt will er andere davon überzeugen, dass die Pflanze die Lösung für Hungersnöte und die Energiekrise ist. Im Gespräch erläutert er seine Überzeugung.

2009 importierte der Sonderburger Geschäftsmann Martin L. Toft  die beiden ersten Container mit Chia-Samen nach Europa. Viele Tonnen und 13 Jahre später hat er sich aus dem Handel mit den energiegeladenen Samen zurückgezogen – sein Leben und Denken dreht sich aber nach wie vor um die kleinen schwarzen Körnchen, die voller Energie und Proteine stecken.

Pflanze kann gegessen oder verfeuert werden

Mittlerweile ist der Chia-Experte davon überzeugt: Mit den Produkten der aus Mittelamerika stammenden Pflanze lassen sich mehr als nur proteinreiches Brot und Trendprodukte herstellen.

„Aus den Chia-Samen lässt sich Öl pressen. Die Stiele der etwa zwei Meter hohen Pflanze kann man getrocknet zum Verbrennen nutzen oder grün verfüttern, und das Proteinmehl ist unglaublich reichhaltig“, nennt Martin L.Toft die Vorzüge der Pflanze.

Martin L. Toft mit einem Chia-Brikett, bestehend aus getrockneten Pflanzenresten Foto: Sara Eskildsen
Mit Kronprinzessin Mary hat Martin L. Toft über die Möglichkeiten von Chia gesprochen. Foto: Privat

Er hat im Eigenversuch ein Brikett erstellt, das man wahlweise essen oder verbrennen kann. „Das Tolle an der Pflanze ist, dass sie wirklich überall wächst. Auch in Afrika kann die Pflanze dort angebaut werden, wo es Mais oder Getreide nicht schafft. Wer Chia anbaut, kann Samen zur Ölgewinnung ernten, außerdem entsteht proteinreiches Mehl.“

Der Chia-Mann gibt ein Rechenbeispiel: Baut man auf einem Hektar Chia an, entstehen aus der Ernte 2.000 Kilo Mehl, 1.000 Liter Öl sowie 30 Tonnen Pflanzenmaterial zum Verfüttern oder Verbrennen.

Erste Kleinbauern in Afrika setzen auf Chia

„Mit Chia ist es möglich, den Hunger auf der ganzen Welt abzuschaffen – die Samen müssen nur ausgestreut werden, dann wachsen sie, egal wo“, sagt Martin L. Toft.

Er führt Gespräche mit mehreren Entwicklungshilfe-Organisationen, damit Landwirte in Afrika mit dem Anbau von Chia beginnen. „2012 gab es einen ersten Versuch, Chia in Ghana anzubauen. Mit Erfolg. Und als es 2017 in Kenia zu mehreren Missernten von Mais kam, beschlossen Kleinbauern vor Ort, es mit Chia zu versuchen.

„Und auch hier konnten große Ernten eingefahren werden – in Afrika sind ja drei Ernten pro Jahr möglich“, erläutert der Chia-Experte. Sein Vorschlag: Europa kauft im großen Stil Chia-Öl aus Afrika auf.

Europa erhalte auf diese Weise Energie, und das im Produktionsprozess anfallende Proteinmehl könne als Lebensmittel in Afrika verbleiben.

Die Chia-Pflanze

Die aus Mexiko stammende Chia-Pflanze, Salvia hispanica, zählt zu den Lippenblütlern und bildet krautige Pflanzen aus, die etwa zwei Meter hoch wachsen.

Mehr über die Chia-Pflanze hier und hier.

Martin L. Tofts Einsatz trägt buchstäblich erste Früchte. So hat sich „Folkekirkens Nødhjælp“ zum 100-jährigen Bestehen der Organisation die Nutzung der Chia-Pflanze auf die Fahnen geschrieben. Unter dem Motto „Ein kleiner Same mit großem Potenzial“ initiiert die Organisation Ernteprojekte mit landwirtschaftlichen Betrieben in Afrika.

Martin L. Toft hat sein Leben der Chia-Pflanze verschrieben. „Ich denke 24 Stunden am Tag an Chia. Als ich 2009 das Patent auf Chia erhielt, war das für mich wie ein Taufattest für ein Kind“, erzählt der Sonderburger, der mit seinen ersten Lieferungen aus Bolivien zunächst die Bäckereien „Lagkagehuset“ und die Drogeriekette „Helsam“ in Dänemark belieferte.

In Nordschleswig war man mutiger …

Wobei man in Nordschleswig 2009 mutiger war als auf Seeland, erinnerte sich Martin L. Toft.

„Niemand kannte zu diesem Zeitpunkt Chia. Aber Lagkagehuset experimentierte in Hadersleben und Apenrade mit Chia-Brot, in Kopenhagen war man zurückhaltend. Doch schnell wurde das neue Chia-Brot zum meistverkauften Brot der Kette – und dann haben sie auch in der Hauptstadt damit angefangen.“

Dass Chia wirklich überall wachsen kann, zeigen diese Pflanzen inmitten eines gepflasterten Straßenbelages in Kopenhagen. Foto: Privat

Mittlerweile ist Chia buchstäblich in aller Munde. Es gibt Chia-Smoothies, Chia-Riegel und Chiamehl. Sogar Nestlé hat die Samen für sich entdeckt – und verkauft Kitkat als Chia-Schokoriegel.

Martin L. Toft hat sich 2016 aus dem ökonomischen Teil seines Unternehmens „Original Chia“ zurückgezogen. „Meine Aufgabe ist es jetzt, der Welt zu erzählen, was Chia alles kann. Egal, ob Energiekrise oder Hungersnöte – Chia ist die Lösung. Und es ist so einfach – einfach aussäen, und es wächst einfach überall.“

 
 
 
 
Auch im eigenen Garten hat Martin L. Toft Chia angebaut. Die Pflanzen verhalten sich nicht invasiv, wachsen also nur dort, wo sie ausgestreut werden, sagt er. Foto: Privat
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