Die Woche am Alsensund

„1.799 Kilometer liegen zwischen Gravenstein und Kiew“

1.799 Kilometer liegen zwischen Gravenstein und Kiew

1.799 Kilometer liegen zwischen Gravenstein und Kiew

Sonderburg/Sønderborg
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Journalistin Sara Eskildsen hat über diese Woche am Alsensund nachgedacht. Foto: Karin Riggelsen

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Zurück im Post-Corona-Alltag – in dieser Woche am Alsensund standen diverse Generalversammlungen auf dem Programm. Alles andere als langweilig, findet Kekswartin und Kolumnistin Sara Eskildsen.

In dieser Woche am Alsensund kam zusammen, was zusammengehört: Menschen. Das Coronavirus spielte bei öffentlichen und privaten Treffen keine Rolle mehr, obwohl so viele meiner Mitmenschen wie noch nie an Corona erkrankt waren. Königin Margrethe und ich hüteten gemeinsam das Himmelbett – rein zeitlich – und kehrten frisch genesen und inmitten der stärksten Corona-Welle in einen von Restriktionen befreiten Alltag zurück.

Ich gebe zu: Mit dem Handschlag zur Begrüßung tue ich mich instinktiv noch schwer. Falls es passiert, schaue ich mich panisch nach Desinfektionsmittel um. Die Angst vor einer Ansteckung sitzt tief, und ich hoffe, dass uns die neu gewonnene Handhygiene auch im Post-Corona-Zeitalter begleiten wird. Eine Hand wäscht die andere – ein sinnvolles Prinzip, das uns mit entsprechenden Bildern am Seifenspender eingebläut worden ist.

In der Luft hing lediglich latenter Unmut

Fast jeden Abend stand eine Sitzung auf dem Programm, und beim Stadtrat im Rathaus standen wir zu Beginn sogar auf, um gemeinsam zu singen – immer raus mit der Lungenluft, die Pandemie ist vorbei. Aerosole spielen als Ansteckungsgefahr offenbar keine Rolle mehr. In der Luft hing im Stadtratssaal am Mittwochabend lediglich latenter Unmut über den Antrags-Aktivismus vonseiten der Partei Venstre. Da dürfte die eine oder andere politische Person im Raum darauf hoffen, dass der Partei dahingehend bald die Luft ausgeht.

Doch zurück zum Post-Corona-Alltag. Auf der Generalversammlung des Rudervereins Norderharde griff ich verwegen und mutig nach der Gemeinschafts-Gabel in der Matjesplatte, der Ruderverein Gravenstein tischte virenversiert eine Kekspackung auf, aus der die einzelnen Gebäckstücke ansteckungssicher entnommen werden konnten. Vorsicht ist die Mutter der Kekskiste.

Zusammen mit Ruderwart, Hauswart, Jugendwart und Schriftwart folgte ich den Generalversammlungen und hörte zu, wie sich Mitglieder und Vorstand in die Riemen legen, um ein attraktives Vereinsleben auf die Beine zu stellen. Sollte ich jemals Mitglied in einem Ruderverein-Vorstand werden, ich träte für das Amt des Kekswartes an.

Nicht mal eine Tagesreise weit weg ist ein Kriegsausbruch, der uns als Europäer nahegeht. Aber wie nah wird er uns in unserem Alltag kommen? Angesichts mehrerer Tausend Atomsprengsätze, die sich in russischem Besitz befinden, hoffe ich weiter, dass am Ende nicht der Stärkere gewinnt. Sondern der Klügere.

Sara Eskildsen, Kolumnistin

Kaum ist die Corona-Pandemie endlich vorbei, bestimmt eine neue Katastrophe die Nachrichtenlage in Europa: Putins Krieg, Russlands Invasion in der Ukraine. Während ich im Bootshaus Kekse aß, fielen russische Kampftruppen in die Ukraine ein, fielen Bomben in Wohnviertel und Fallschirmjäger vom Himmel.

Nicht mal eine Tagesreise weit weg ist ein Kriegsausbruch

1.799 Kilometer liegen zwischen Gravenstein und Kiew. Setzt man sich ins Auto, ist man rund 19 Stunden und 30 Minuten unterwegs. Nicht mal eine Tagesreise weit weg ist ein Kriegsausbruch, der uns als Europäer nahegeht. Aber wie nah wird er unserem Alltag kommen? Angesichts mehrerer Tausend Atomsprengsätze, die sich in russischem Besitz befinden, hoffe ich weiter, dass am Ende nicht der Stärkere oder der Härtere gewinnt. Sondern der Klügere.

Derweil neigt sich die Woche am Alsensund dem Ende entgegen – und schließt mit einem Kabarettabend in der Deutschen Schule und einer Generalversammlung der Turnerschaft Sonderburg ab. Unser Alltag ist zurück. Ich hoffe, er ist gekommen, um zu bleiben. Eine Atempause inmitten der Normalität wäre schön. Nun, da wir endlich wieder ohne Mundschutz Luft holen können.

 

 

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