Energieversorgung

Die Solarfolie fürs Wohnzimmerfenster kommt – aber wann?

Die ausrollbare Solarfolie für Fenster kommt – aber wann?

Die Solarfolie fürs Wohnzimmerfenster kommt – aber wann?

Sonderburg/Sønderborg
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Morten Madsen (r.) leitet die Forschungseinheit SOLEN. Sein Forschungsteam entwirft und entwickelt Solartechnik, die Sonnenenergie auffangen und weiterleiten kann. Mit auf dem Bild ist Mitarbeiter Rovshen Atajanov. Foto: Sara Eskildsen

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In Sonderburg entwickelt ein internationales Forschungsteam Solarfolie, die Privatpersonen oder Unternehmen unkompliziert ausrollen und als Energiequelle nutzen könnten. Die neue Solartechnik für den Hausgebrauch klingt genial. Ein Professor verrät Details.

Die Idee klingt simpel und könnte den Zugang zur Solarenergie revolutionieren: Fensterscheiben werden mit einer Folie bezogen, in der Solarzellen eingearbeitet sind. Ob Wohnzimmerfenster oder Hochhausfassade – auf diese Weise käme die Solarenergie buchstäblich ans und ins Haus.

Morten Madsen leitet eine Forschungseinheit an der Süddänischen Universität (SDU), die genau diese Folie der Zukunft entwickelt. Wann können all jene, die auf nachhaltige Sonnenenergie setzen, mit der Folie zum Ausrollen rechnen?

Die ersten Folien sind gedruckt

„Der Nordschleswiger“ hat den 43-jährigen Professor im Forschungszentrum besucht. Er leitet seit Kurzem die neue Eliteforschungseinheit „SOLEN“. Ein internationales Team, das dem Climate Cluster der SDU angehört und die Produktion von Solarfolie entwickelt und testet.

Die gute Nachricht vorweg: Die ersten Folien sind gedruckt und in Betrieb. Doch die Technik ist noch nicht ausgereift, die Energiegewinnung noch nicht optimal.

„Genau das ist eine unserer Aufgaben“, sagt Morten Madsen. „Wir untersuchen die organischen Halbleitermaterialien und die darin enthaltenen Prozesse mit dem Fokus, die Effizienz und Stabilität von Solarzellen zu steigern.“

Der 43-jährige Professor Morten Madsen in einem der Forschungslabore. Im Hintergrund hängt ein Sonnenschutz, der aus Solarmodulen besteht. Foto: Sara Eskildsen

Ziel ist es, dass die Folien genauso effektiv werden wie bisherige Solaranlagen. Diese setzen bei der Energiegewinnung auf zwei Schichten Silizium und nutzen rund 20 Prozent der Strahlungsenergie aus.

„Wir nutzen für unsere Solarzellen kein Silizium, sondern organische Moleküle, mit denen wir die Folie wenige Millimeter dünn beschichten können. Zum einen sind diese Solaranlagen mobil und leicht zu installieren. Zum anderen gibt es weitaus weniger Abfallprodukte.“

Organische Solarzellen sind nachhaltiger

Während die bisherigen Solaranlagen sperrig und schwer sind, wäre die Folie als mobile und unkomplizierte Energieversorgung eine einfache Alternative.

„Gerade auch in Gebieten, die außerhalb von der Stromversorgung liegen, wären die Folien zum Ausrollen praktisch“, sagt Morten Madsen.

Weitere Vorteile der neuen Technik: Die Herstellung von organischen Solarzellen benötigt weitaus weniger Energie und außerdem kein Silizium mehr als Rohstoff. „Es gibt zwar prinzipiell genug Silizium auf dieser Welt, aber die Gewinnung und Herstellung ist nicht sehr nachhaltig.“
 

Solaranlagen aus Silizium

  • Um Silizium zu gewinnen, wird laut dem deutschen Energiekonzern E.ON Quarzsand in der Regel aus Gruben gefördert. Rund 100 Millionen Tonnen werden jährlich weltweit abgebaut.
  • Die größten Vorkommen an Quarzsand liegen demnach in den USA, gefolgt von Slowenien, Deutschland, Österreich, Spanien und Frankreich.
  • Um Silizium zu verarbeiten, muss es mehrere Arbeitsschritte durchlaufen. Es wird zunächst mit Aluminium oder Phosphor angereichert und im zweiten Schritt in eine möglichst homogene Kristallstruktur gebracht. Dieser Prozess erfordert extrem hohe Temperaturen – und somit Energie.
  • Quelle: www.eon.de

„Wir brüsten uns selbst damit, dass Solarenergie eine grüne Energie ist. In dem Zusammenhang ist es aber wichtig, sich vor Augen zu führen, inwieweit es bei der Herstellung zu einer Umweltbelastung kommt“, gibt Madsen zu bedenken.

„Es wird wohl noch einige Jahre dauern“

Wann kann man die Solarfolie für den Hausgebrauch im Supermarkt kaufen? „Das werde ich immer wieder gefragt. Es wird wohl noch einige Jahre dauern. Es gibt erste Hersteller, die diese Folien produzieren. Und es gibt bereits Sonnenschutzelemente für Fenster, die für Unternehmen hergestellt werden und die aus Solarzellen bestehen. Bislang ist der Prozentanteil der Energiegewinnung aber noch nicht so hoch wie bei herkömmlichen Solaranlagen. Daran müssen wir noch forschen.“

Konkret geht es dabei um die Zusammensetzung und Zusammenspiel der Moleküle in den Solarzellen. Das Team um Morten Madsen wendet täglich neue spektroskopische und mikroskopische Methoden an, um verschiedene Arten von Molekülen und Materialformulierungen sowie Architekturen und Beschichtungstechniken zu untersuchen.

Die Kombination unserer wissenschaftlichen und fachübergreifenden Expertise ermöglicht es, den Erkenntnisgewinn zu beschleunigen, damit die Industrie modernste Solarzellenprodukte schneller auf den Markt zu bringen kann.

Morten Madsen, SDU-Professor

SOLEN – Solarenergie neu gedacht und vernetzt

  • Das Eliteforschungscenter SOLEN (Centre on Solar Energy Conversion and Storage) läuft in Regie der SDU Climate Cluster.
  • SOLEN erforscht und entwickelt Technologie, wie Solarenergie gewonnen, gelagert und genutzt werden kann.
  • Das Center arbeitet fächerübergreifend mit anderen Fakultäten zusammen, beispielsweise mit Sozialwissenschaften und Naturwissenschaft, aber auch mit der Wirtschaft.
  • Ziel ist es, die Nutzung von Solarenergie gesamtgesellschaftlich zu verankern. Dazu gehören beispielsweise veränderte Verhaltensweisen von Konsumentinnen und Konsumenten oder Interaktion mit neuer Technologie.

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Forscher Sambathkumar Balasubramanian mit einer beschichteten Einheit. Die Forscherinnen und Forscher der Einheit entwickeln ständig neue Solarzellenelemente, um die Energiegewinnung zu steigern. Foto: Sara Eskildsen

In Zusammenarbeit mit Unternehmen aus Deutschland und Dänemark werden diese Proben getestet und weiterentwickelt.

„Die Zusammensetzung und Verarbeitung der Moleküle hat viele Jahre an Vorarbeit erfordert, daher dauert es so lange, bis die Solarfolien für den Endverbraucher kommen. Die Kombination unserer wissenschaftlichen und fachübergreifenden Expertise ermöglicht es, den Erkenntnisgewinn zu beschleunigen, damit die Industrie modernste Solarzellenprodukte schneller auf den Markt zu bringen kann“, erläutert der Professor.

Er arbeitet seit 2006 als Forscher im Alsion und erforscht organische Solarzellen. Nach seiner Doktorarbeit zu funktionellen Materialien und Nanotechnologie war er ein Jahr lang in den USA in Berkeley an der University of California tätig, anschließend kehrte er an die SDU nach Sonderburg zurück.

Hochklassige Labors dank der Danfoss-Stiftung

Im Mads Clausen Institut der Technischen Fakultät stehen ihm und seinem Team unter anderem durch die enge Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Danfoss und der Stiftung des Konzerns bestmögliche Forschungsmöglichkeiten und hochklassige Labore zur Verfügung.

Der 43-jährige Professor leitet auch das „Center for Advanced Photovoltaics and Thin-film Energy Devices“ (SDU Cape).

Seine berufliche Leidenschaft ist und bleibt die Frage, wie Sonnenenergie mithilfe von organischen Molekülen bestmöglich genutzt werden kann. „Mit dieser Frage beschäftige ich mich ganz sicherlich noch viele Jahre“, so der Professor.

 

 

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