Internationaler Frauentag

Fünf Antworten, was Frausein ausmacht

Fünf Antworten, was Frausein ausmacht

Fünf Antworten, was Frausein ausmacht

Sonderburg/Sønderborg
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Nina Jebsen, Christel Leiendecker, Marion Petersen, Jana Surkus und Silvia Steger (von links) beantworten die Frage: Was bedeutet Frausein für dich? Foto: Sara Eskildsen/Karin Riggelsen/Montage André Mackus

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Seit über 100 Jahren findet am 8. März der Internationale Frauentag statt. Was bedeutet Frausein im Jahr 2023? „Der Nordschleswiger“ hat fünf Frauen diese Frage gestellt.

Gleichberechtigung, Frauenrechte und Emanzipation – seit 1921 geht es beim Internationalen Frauentag am 8. März um die Sache der Frauen.

Anlässlich des Frauentages 2023 hat „Der Nordschleswiger“ fünf Frauen die Frage gestellt: Was bedeutet Frausein für dich?

 

Jana Surkus: „Frausein bedeutet, dass man sich gegenseitig coacht und in den Beziehungen und Freundschaften, die man als Frau hat, ganz viele Coaches hat, die sich gegenseitig weiterhelfen und einen reflektieren.“ Foto: Sara Eskildsen

Jana Surkus, Kunstkonsulentin, 34 Jahre alt, Sonderburg

„Dazu kann man Gutes und Schlechtes sagen. Ich fange mal mit dem Minus an. Als ich mit unserem zweiten Kind schwanger war und die Hebamme beim Ultraschall sagte, dass ich eine Tochter bekomme, da habe ich mich gefreut, dass es eine Tochter wird. Aber ich hatte auch kurz einen Moment, wo ich dachte: Als Mädchen wird sie es schwerer haben im Leben. In ganz vielen Situationen.

Es wird anders sein als bei meinem Sohn, bei meinem ersten Kind. Wo man dachte, ach, das kriegen wir gut hin, und er wird es guthaben, dem werden alle Türen offenstehen. Bei meiner Tochter dachte ich: Sie wird in ihrem Leben mit anderen Herausforderungen zu kämpfen haben. Und das werden zum Teil ungerechte Herausforderungen sein.

Ich fand es spannend, dass einem das schon, bevor sie geboren wurde, aus der eigenen Erfahrung so klar war: Ernst genommen werden, sich sicher zu fühlen, seine Träume zu verwirklichen, das wird für ein Mädchen wahrscheinlich immer noch ein Problem sein, auch wenn meine Tochter groß ist.“

Frausein bedeutet auch, dass man ein emotionales Tool-Kit ganz anders mit auf den Weg bekommt. Dass mein sein ganzes Leben lang einübt, wie man mit Emotionen zurechtkommt, dass man sie hat und was man mit ihnen machen soll.

Jana Surkus, Kunstkonsulentin

„Und jetzt zu dem Positiven. Frausein bedeutet auch, dass man ein emotionales Tool-Kit ganz anders mit auf den Weg bekommt. Dass man sein ganzes Leben lang einübt, wie man mit Emotionen zurechtkommt, dass man sie hat, und was man mit ihnen machen soll. Dass man vorwiegend diese Freundinnenschaft hat, wenn drei, vier Frauen am Tisch sitzen, jede sagt, wie es ihr geht und was gerade anbrennt.

Da ist immer jemand, der eine Erfahrung teilen kann, die weiterhilft. Sodass man sich gegenseitig coacht und in den Beziehungen und Freundschaften, die man als Frau hat, ganz viele Coaches hat, die sich gegenseitig weiterhelfen und einen reflektieren.

Das ist ein großes Privileg als Frau, das so ganz selbstverständlich und natürlich in jedem Gespräch mit Freundinnen vorkommt. Man weiß genau, was bei mir und den anderen los ist. Wir können darüber sprechen. Sich als Frauen gegenseitig den Rücken stärken und unterstützen, das finde ich, ist etwas ganz Großartiges.“

 
Marion Petersen: „Der Frauentag hat sicher seine Berechtigung, auch als Frauenkampftag. Aber noch wichtiger ist es, Gleichberechtigung im Alltag zu leben." Foto: Karin Riggelsen

Marion Petersen, Leiterin des Kindercampus Lunden,  52 Jahre alt, Sonderburg

„Es ist eine schwierige Frage und nicht einfach zu beantworten. Die Antworten sind von Generation zu Generation verschieden. Denn Frausein – und wie man sich selbst sieht – hat ja auch etwas mit dem Aufwachsen zu tun. Eine Anekdote aus meiner Kindheit: Ich war etwa zehn oder elf Jahre alt und wollte in unserem Spielmannszug so gerne die Trommel spielen. Das durfte ich damals nicht, weil nur die Jungs trommeln durften. Das hat sich ja zum Glück gewandelt. Aber ich habe es damals überhaupt nicht verstanden, warum ich nur Flöte spielen durfte, weil ich ein Mädchen bin.

Da sieht man, dass ich mit 52 Jahren von der Generation her noch anders geprägt und erzogen worden bin. Ja, was macht eine Frau eigentlich aus? Ist es das Aussehen? Das Empfinden? Das Fühlen? Wenn ich mich so im Alltag betrachte, muss ich nicht geschminkt sein. Ich laufe in Jeans und in Pulli herum und kann so sein, wie ich bin. Und ich bin dadurch nicht weniger Frau. Kann aber auch, wenn ich möchte, mich aufstylen und geschminkt und schick und feminin sein. Aber ich möchte doch selbst entscheiden, wann ich das Feminine zeigen und leben will.“

Ich finde es ganz wichtig, dass man nicht unbedingt geschlechtlich als Frau gesehen wird, sondern von dem her, was man kann, was man leistet und was man tut. Das wünsche ich mir vor allem auch für meine Tochter.

Marion Petersen, Schulleiterin

„Für mich ist wichtig: Ich bin ja auch Mutter, und das ist ja biologisch an die Frau angelegt, und ich bin sehr gerne Mutter. Aber ich finde es ganz wichtig, dass man nicht unbedingt geschlechtlich als Frau gesehen wird, sondern von dem her, was man kann, was man leistet und was man tut. Das wünsche ich mir vor allem auch für meine Tochter, weil sie in einen Berufszweig gehen will, in die Forschung, wo es ganz wichtig ist, dass man nach der Leistung und dem Können bezahlt wird.

Den Frauentag habe ich nie besonders gefeiert. Ich finde wichtiger, dass man im alltäglichen Leben für Gleichberechtigung sorgt. Der Frauentag hat sicher seine Berechtigung, auch als Frauenkampftag. Aber noch wichtiger ist es, Gleichberechtigung im Alltag zu leben. Was möchte ich beruflich machen, wie will ich mich präsentieren, wie will ich anerkannt werden. Das ist für mich im Alltag viel wichtiger, als es an einem Tag festzumachen.“

 

 
Nina Jebsen: „Ich bin sehr gerne Frau, ich bin gerne Ich, es ist jedoch eine von vielen Rollen, die mir zugeschrieben werden.“ Foto: Sara Eskildsen

Nina Jebsen, Leiterin des Deutschen Archivs für Nordschleswig in Sonderburg, 41 Jahre alt, Munkbrarup

„Frausein im Jahr 2023 bedeutet für mich – aus meiner Lebensrealität heraus – in der Rolle der Archivleiterin und Mutter von zwei Kindern unter fünf Jahren eine Balance zwischen den Anforderungen des Jobs und des Mutterseins zu finden.

Beides würde ich gerne konstant zu 100 Prozent machen, jeder weiß, dass das nicht machbar ist, nicht auf Dauer, denn auch 2023 stimmen die Rahmenbedingungen immer noch nicht in allen Bereichen.

Gerade habe ich einen hervorragenden Vortrag über die historische Genese des Frauenbildes in Dänemark gehört und dachte: Frauen – WIR – sind großartig, mit wie viel Mist wir bisher konfrontiert worden sind und werden, welche Hürden wir täglich meistern und unsere Frau stehen, jeden Tag! Chapeau.“

Frauen – WIR – sind großartig, mit wie viel Mist wir bisher konfrontiert worden sind und werden, welche Hürden wir täglich meistern und unsere Frau stehen, jeden Tag! Chapeau.

Nina Jebsen, Archiv-Leiterin

„2023 müssen wir aber auch sehen, welche Kämpfe, im übertragenen Sinne, wir bewusst kämpfen wollen, weil sie gerade im eigenen Leben im Vordergrund stehen, und welche Kämpfe im Moment nicht gekämpft werden können, beispielsweise weil Ressourcen oder auch einfach Zeit kostbar und endlich sind.

In einem Buch, das ich meinen Töchtern gerne vorlese, heißt es ganz passend: „Ich bin ich!“ Dem schließe ich mich an. Ich bin sehr gerne Frau, ich bin gerne ich, es ist jedoch eine von vielen Rollen, die ich habe beziehungsweise die mir zugeschrieben werden. Ein ständiger Balanceakt.“

 

 
Christel Leiendecker: „Es ist wichtig, dass man seine Frau steht und zeigt, was man kann.“ Foto: Karin Riggelsen

Christel Leiendecker, administrative Koordinatorin der Deutschen Kindergärten Apenrade (Aabenraa), 58 Jahre alt, Broacker (Broager)

„Hat man als Frau nicht genug Selbstbewusstsein, kann es mitunter schwerfallen, sich zu behaupten. Gerade in einem Umfeld, das eher von Männern dominiert ist. Da kann das Frausein zur Herausforderung werden.

Ich erlebe es in der Stadtratsarbeit gelegentlich, dass jemand meint, mich überhören zu können, oder über mich hinweggeht. Das sind manchmal so Situationen, in denen man denkt: Nur weil der Mann von der Ausstrahlung oder von der Optik her autoritärer scheint, habe ich nicht weniger Recht zu reden. Das meine ich damit, seinen Mann zu stehen.

Als Frau ist es wichtig, Rückgrat zu haben, sich durchkämpfen zu wollen. Manche müssen da ihren Selbstwert aufbauen und sagen: Ich kann auch. Denn wir können ja.

Wir Frauen können genauso viel wie die Männer. Und manchmal, in gewissen Dingen, sind wir vielleicht noch besser, weil wir noch etwas mehr Empathie haben und zu einem gewissen Grad diplomatischer sein können. Ich merke es im Stadtrat: Wenn wir viele Frauen sind, ist der Ton anders. Der Umgang ist anders. Es ist netter. Bei Männern sind die Gespräche anders.”

In manchen Jahren muss man bestimmt auch Kompromisse machen. Das heißt aber nicht, dass man seine Träume nicht noch verwirklichen kann. Das ist das Befreiende am Frausein heute.

Christel Leiendecker, Stadtratspolitikerin

„Es ist wichtig, dass man seine Frau steht und zeigt, was man kann. Ich muss auch als Ausschussvorsitzende immer wieder zeigen, dass man mit mir nicht um jede Ecke tanzen kann.

Generell finde ich es schön, Frau zu sein. Also ich müsste nicht unbedingt ein Mann sein. Wir sind vielleicht etwas besser im Multitasking und im Diplomatischen.

Ich fühle mich wohl in meiner Rolle als Frau. Man hat manchmal einen anderen Zugang zu den Menschen. Ich erlebe, dass Frausein sich im Laufe des Lebens verändert. Als junge Frau kann einem dieses Selbstbewusstsein manchmal fehlen. Alles hat seine Zeit, auch das junge Muttersein und das Für-die-Kinder-da-Sein. Das ist etwas Schönes.

Das Wunderbare ist heute, und das ist mir so wichtig am Frausein, dass man beides sein kann. Man kann Mutter sein, aber sich auch selbst verwirklichen. In manchen Jahren muss man bestimmt auch Kompromisse machen. Das heißt aber nicht, dass man seine Träume nicht noch verwirklichen kann. Das ist das Befreiende am Frausein heute.”

 
Silvia Steger: „Dass ich Oma bin, bedeutet mir sehr viel und das hat ja auch etwas mit Frausein zu tun. Oma ist eine Frau. Oma-Sein ist sehr schön.“ Foto: Sara Eskildsen

Silvia Steger, Geschäftsinhaberin, 74 Jahre, Sonderburg

„Das Erste, was mir einfällt: Frausein bedeutet für mich Selbstbestimmung. Ich kann selbst bestimmen, was ich machen will, ob ich es machen will und wann. Das ist wichtig für mich. Ich bin als Frau auch Mutter, und das ist man ja sein Leben lang.

Man ist immer Mutter, auch wenn die Kinder 50 sind. Und dass ich Oma bin, bedeutet mir sehr viel und das hat ja auch etwas mit Frausein zu tun. Oma ist eine Frau. Oma-Sein ist sehr schön. Da ist dieses kleine Wesen, das mich gerne besuchen kommt, das mich lieb hat und das auch sagt. Das sie mich auch besuchen darf. Es ist etwas Besonderes, wenn man die übernächste Generation heranwachsen sieht und weiß, dass man dazu beigetragen hat, dass es dieses Kind gibt. Das ist etwas Schönes.

Die Dinge, die einem wichtig sind, verändern sich. Heute genieße ich meine Unabhängigkeit sehr, als selbstständige Frau.

Silvia Steger, Geschäftsinhaberin

Den Frauentag selbst feiere ich nicht. Früher habe ich die Veranstaltung in Sonderburg besucht, aber heute ist mir das zu teuer geworden und ich gehe da nicht mehr hin. Mir fällt noch etwas ein, wo es Bedeutung hat, dass ich eine Frau bin: im Chor! Da darf ich die erste Alt-Stimme singen (lacht). Ich singe in drei Chören mit, und da macht es einen Unterschied, ob man Mann oder Frau ist.

 

Generell kann ich sagen, dass sich Frausein im Laufe des Alters verändert. Ich werde dieses Jahr 75 und so fühle ich mich ja überhaupt nicht. Die Dinge, die einem wichtig sind, verändern sich. Heute genieße ich meine Unabhängigkeit sehr, als selbstständige Frau.“

 
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Jens Kragh Iversen Sportredakteur
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