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Das waren unsere Musik-Erlebnisse 2023

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Der Nordschleswiger
Der Nordschleswiger
Nordschleswig
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Das Tønder Festival bietet jährlich musikalischen Hochgenuss für jedes Alter. Foto: Karin Riggelsen

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Neue Musik-Liebe gefunden oder alte wiederentdeckt? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ schreiben über ihre musikalischen Höhepunkte des Jahres 2023.

Auch darum geht es beim Tønder Festival: gemeinsam neue Musik kennenzulernen. Manche Künstlerinnen und Künstler reisen von weit her an (Archivfoto). Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Gwyn Nissen: Techno-Folk aus Tondern

Das Tønder Festival im August ist immer für eine Überraschung gut. Oft bin ich mit neuen musikalischen Erlebnissen aus Tondern zurückgekehrt: Bands, die man vorher nicht kannte, die aber vielleicht schon zehn Jahre lang Musik gemacht haben (das ist dann ein Glückstreffer, weil man nicht lange auf neue Musik warten muss, sondern im Backcatalogue auf musikalische Entdeckungsreise gehen kann).

Das Tønder Festival 2023 war keine Ausnahme. Dabei habe ich die neu entdeckte Musik gar nicht selbst live miterlebt, sondern bin erst im Nachhinein darauf aufmerksam gemacht worden: Niteworks von der schottischen Insel Isle of Skye (dort, wo auch die Folk-Rock-Könige von Runrig herkommen) überraschte in Tondern mit ihrer Folk-Techno-Show.

Ich habe bisher „nur“ das Vergnügen gehabt, die drei Alben der Band digital zu hören. Jetzt freue ich mich zum einen darauf, dass die Band irgendwann wieder nach Tondern kommt, und zum anderen darauf, dass das Tønder Festival im August erwachsen wird. 50 Jahre gibt es die Musikveranstaltung schon, und eines weiß ich bereits jetzt: Auch 2024 werde ich ganz neue Musik für mich entdecken und alte musikalische Freunde wiedersehen.

 

 

 
„The Dead South“ live auf dem Glastonbury Festival 2019 Foto: Edwardx/Wikimedia/CC BY-SA 4.0

Gerrit Hencke: Von Folk-Musik und dem toten Süden

Manchmal ist es ja schon schön, wenn der Streamingdienst „Spotify“ meint, meinen Musikgeschmack zu kennen. Als 2009 das erste Album von „Mumford and Sons“ in die Plattenläden kam, lief es bei mir schnell rauf und runter. Dabei war ich eigentlich nie großer Folk-Fan. Ich höre heute eher Progressive Metal, früher Rock und Indie. Ein paar „Mumford and Sons“-Songs halten sich dennoch bis heute auf meiner Alltagsplaylist.

Nun schlägt „Spotify“ immer mal wieder Songs vor, die einem gefallen könnten. Und so wurden mir vor etwa drei Jahren in der Pandemie „The Dead South“ in die Liste gespült. Nach anfänglicher Skepsis wurde die kanadische Folk-Bluegrass-Band immer mehr zu meinem neuen Geheimtipp, dabei gibt es das Quartett um den Sänger und Gitarristen Nathaniel Hilts schon seit 2012, und es hat bereits mehrere Alben veröffentlicht. Manche Welle braucht eben länger, bis sie über den großen Teich schwappt.

Der erste Song, den ich je von „The Dead South“ hörte, heißt „In Hell I’ll Be In Good Company“. Der Text handelt von den Höhen und Tiefen des Lebens und der anhaltenden Kraft von Freundschaft. Wer mehr als den wohl größten Hit der Band hört, der findet schnell Parallelen zur oben genannten britischen Folkrockband aus London. „Tiny Wooden Box“, „Broken Cowboy“ oder auch „Black Lung“ klingen ähnlich, was mitunter wohl am Einsatz von Cello, Mandoline und Banjo liegt. Aber sie klingen auch anders. Da ist dieser Südstaaten-Sound, die kratzige Stimme von Sänger Hilts und in vielen Songs, die ich besonders mag, ein Hauch von Melancholie und Fernweh.

Die Band probiert sich aber auch an Covern aus – zum Beispiel „People are Strange“ (The Doors) oder „Chop Suey“ (System Of A Down). Die Übertragung ihres Stils in Lieder anderer Genres sorgt für einige Überraschungsmomente.

Im kommenden Jahr sind „The Dead South“ auf Deutschlandtournee und geben im Juni Konzerte in Berlin, Leipzig, Köln, Wiesbaden und München. Vielleicht wird es mein Live-Event für den Rückblick 2024. Mal sehen.

 
John Prine auf dem Tønder Festival 2015 Foto: Per Lange/Ritzau Scanpix

Cornelius von Tiedemann: Zwei tote Helden neu entdeckt

Vor einer Weile bin ich auf John Prine gestoßen. Der ja sogar beim Tønder Festival aufgetreten ist. Ich glaube, der Komödiant und Schauspieler Bill Murray hatte sich in einem Interview darüber beschwert, was Prine sich herausgenommen habe, witziger gewesen zu sein als er selbst. Meine Neugier war geweckt. Denn Bill Murray ist schon verdammt witzig.

Meine Recherche ergab zunächst etwas gar nicht witziges: Prine ist vor drei Jahren mit 73 gestorben, hatte über mehr als 20 Jahre immer wieder mit Krebs zu kämpfen, war aber dennoch all die Jahre produktiv.

Und hat dabei einige unheimlich witzige – aber vor allem viele der schönsten Songs geschrieben, die ich je gehört habe. Gesungen mit einer freundlichen, einem schnell vertrauten Stimme. Und wer seine Auftritte auf „Youtube“ ansieht, wird kaum umhinkommen, die bescheiden-verschmitzte Manier Prines lieben zu lernen.

Fast bin ich froh, ihn erst nach seinem Tod entdeckt zu haben. Denn dieser Mensch, dieser Musiker wächst einem so schnell ans Herz, dass ich mir gar nicht vorstellen möchte, wie es für langjährige Fans war, mitten in der Corona-Krise zu hören, dass einer ihrer Lieblingsmenschen nicht mehr lebt.

Anspieltipps:

  • In Spite of Ourselves“ mit Iris DeMent
  • How Lucky“ mit Kurt Vile
  • “Summer's End“ von seinem letzten, großartigen Album „The Tree of Forgiveness“
  • und sein letzter, 2018 veröffentlichter Song „When I go to Heaven“, in dem er sich vornimmt, im Himmel eine neun Meilen lange Zigarette zu rauchen.
Tony Joe White Foto: Leann White, creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/ CC BY-SA 4.0 Deed Attribution-ShareAlike 4.0 International

Auch schon tot, seit 2018, ist Tony Joe White, der 1969 den Song „Polk Salad Annie“ veröffentlichte. Kein Geringerer als Elvis Presley nahm den später in sein Repertoire auf. Ein verflucht eingängiger Song über eine junge arme Frau in den Sümpfen von Louisiana, die sich von dem ernährt, was andere als Unkraut betrachten.

White, Sohn einer Cherokee, singt über solche Menschen und ihren Stolz, über seine Heimat im Süden, über die großen Dramen Amerikas: Krieg, Armut, Rassismus, Fern- und Heimweh in diesem riesigen Land. Immer aus herzlicher Perspektive und mit unverkennbar brummelnder Blues-Stimme.

Wenn ich dieser Typ wäre, könntet ihr mich alle mal am Hintern küssen.

David Letterman

Viele haben sich seiner Songs bedient, neben Elvis unter anderen auch Ray Charles, Marvin Gaye, Joe Cocker, Rory Gallagher, B. B. King oder Brook Benton („Rainy Night in Georgia“).

Der von seinen Fans „Swamp Fox“ genannte White blieb, wie Prine, auf und neben der Bühne bescheiden, ließ sich vom Musikgeschäft nicht verdrehen und machte, was er wollte – nicht, was andere wollten.

Nur einem seiner Fans und Kumpel, einem gewissen Mark Knopfler (Dire Straits), gelang es, White dazu zu bewegen, mal so etwas wie Popmusik zu produzieren. Vier Songs schrieb White für Tina Turners 1989er-Album „Foreign Affair“, darunter „Steamy Windows“. Das Album wurde ein Bestseller und White, den außer Knopfler kaum noch jemand auf dem Zettel hatte, bekam wieder einen großen Plattenvertrag und ging mit Mainstream-Künstlern wie Eric Clapton und Joe Cocker auf Tournee.

Er war in Europa wieder erfolgreich – blieb aber zeitlebens in Amerika ein Geheimtipp. Eine späte und spezielle Ehre vor einem Millionenpublikum wurde ihm 2014 zuteil: Nach einem Auftritt (begleitet von seinen Fans, den Foo Fighters) in der „Late Show with David Letterman“, ging der legendäre Showmaster, auf dem Höhepunkt der eigenen TV-Karriere, zu White, klopfte ihm auf die Schulter, und sagte in die Kamera: „Wenn ich dieser Typ wäre, könntet ihr mich alle mal am Hintern küssen.“

Auch White starb verhältnismäßig früh, mit 75, völlig überraschend an einem Herzinfarkt. Für mich dennoch eine der großen Neuentdeckungen des Jahres.

Anspieltipps:

  • Polk Salad Annie
  • Lake Placid Blues
  • Homemade Ice Cream
  • Rainy Night in Georgia
  • Did Somebody Make a Fool out of You“ mit Eric Clapton
  • Louvelda“ mit J.J. Cale
  • I've Got a Thing About You, Baby

 

 
Auf dem „Sziget Festival" in Budapest hat Niall Horan eine Kostprobe aus seinem Album gegeben. Foto: Donna Scherlinzky

Donna Scherlinzky: Mein Nummer-1-Künstler

Dieses Jahr habe ich so viele neue Alben für mich entdeckt, aber eines ist dabei besonders aus der Masse neuer Musik herausgestochen: Mein Lieblingssänger ist Niall Horan, der vor seinem jetzigen Album schon zwei andere herausgebracht hat: „Flicker“ (2017) und „Heartbreak Weather“ (2020). Letzteres ist, seitdem es für die Öffentlichkeit zu hören ist, mein absolutes Lieblingsalbum. Das hat dieses Jahr im Juni aber starke Konkurrenz bekommen – und zwar von Horans Nachfolgealbum „The Show“.

Zehn Songs hat der irische Sänger auf das Album gepackt – mein größter Kritikpunkt? Es könnten durchaus mehr sein!

Allein die drei Singles „Heaven“, „Meltdown“ und „The Show“ sind von Anfang an vielversprechend – gerade die Leadsingle „Heaven“ hat nicht nur mich, sondern auch meine Familie vom Hocker gerissen. Das zeigt auch mein „Spotify Wrapped“ von diesem Jahr, also der Rückblick des Streamingdienstes. „Heaven“ ist auf Platz 1 als meistgehörter Song, Niall Horan ist auf Platz 1 als meistgehörter Sänger.  

Schon bei den Singles wird klar, wie abwechslungsreich dieses kurze Album ist. Noch klarer ist es mir spätestens, nachdem ich zum ersten Mal alles von „The Show“ gehört habe. Mit Songs wie „Science“ und „You Could Start A Cult“ bringt der Sänger Balladen mit ins Spiel. Ruhig ist aber nicht das ganze Album, denn dann sind da „Meltdown“, „On A Night Like Tonight“ und „Save My Life“, die mir das Gegenteil zeigen. Durch die schnelle Musik, gepaart mit den Lyrics, macht es Spaß, die Lieder anzuhören und zu ihnen zu tanzen.  

Dann gibt es noch Songs wie „Never Grow Up“ und „If You Leave Me“, die schnelle sowie langsame Parts haben. Gerade Letzteres ist ein gelungener Song, der davon erzählt, wie der irische Sänger aus einem Albtraum aufwacht, was er mit einem abrupten Start als Stilmittel symbolisiert.

„Must Be Love“ macht den Schluss in meinem Album mit einem absolut mitreißenden Refrain, der mir das Bedürfnis gibt, bei seinem Konzert laut mitzusingen, mitzuschunkeln und mitzuklatschen.

Das schafft aber das ganze Album bei mir. Niall Horans „The Show“ anzuhören, macht mir einfach Spaß. Deswegen kann ich es kaum erwarten, den Sänger im nächsten Jahr endlich wieder live zu sehen.

Anspieltipps:

  • Save My Life“ von Niall Horan
  • On a Night Like Tonight” von Niall Horan
  • Science“ von Niall Horan
  • und wer noch in seine anderen Alben reinhören will, dem empfehle ich die Songs „Cross Your Mind“ und „This Town“
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