Analyse

Die Mitte kam, sah und siegte

Die Mitte kam, sah und siegte

Die Mitte kam, sah und siegte

Hadersleben/Haderslev
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Bis in die frühen Morgenstunden verhandelten die Parteien im neuen Rathaus am Hafen. Foto: Ute Levisen

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Eines vorweg: Es hätte auch anders kommen können. Am Tag danach ist die Allianz der Mitte die große Gewinnerin der Kommunalwahl in Hadersleben. Die Parteien der Mitte haben ihre Chance genutzt. Doch die vier Verhandlungsstunden in der Wahlnacht waren nicht zuletzt für die Schleswigsche Partei die reinste Zitterpartie.

Es hätte so einfach sein können: Bei einer Verbrüderung der beiden großen Volksparteien Venstre und Sozialdemokratie oder Sozialdemokraten mit der Konservativen Volkspartei wären die kleinen Parteien – wieder einmal – auf die Gnade der Großen angewiesen gewesen. Die Genossen hätten dafür beispielsweise „nur“ den konservativen Spitzenkandidaten Kjeld Thrane als Bürgermeister „schlucken“ müssen. Dies wiederum war ein zu großer Brocken für die Sozialdemokraten. Deren Spitzenkandidat Henrik Rønnow hat aus seinem Ehrgeiz, Bürgermeister zu werden, nie einen Hehl gemacht. In der entscheidenden Verhandlungsphase strauchelte er über seine hoch gesteckten Ziele, die die Sozialdemokraten zum Greifen nah wähnten.

Für Mogens Rerup von Die Alternative endet die politische Karriere. Er war mit 244 der Stimmenmagnet seiner Partei. Spitzenkandidat Frank Truelsen erreichte 60 persönliche Stimmen. Foto: Ute Levisen

Doch sie hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Die zweite Überraschung des Abends war die Konservative Volkspartei, die aus ihrem Einzelmandat fünf machte. Ein Anschluss an die bürgerliche Fraktion mit Venstre, Dänischer Volkspartei und Neue Bürgerliche hätte dieser eine bequeme Mehrheit eingebracht.

Dazu kam es nicht.

Ein Wort ist ein Wort

„Wir sind Teil der Allianz der Mitte – und wir haben eine Vereinbarung. Daran halten wir uns.  Ein Wort ist ein Wort, erst recht unter Freunden“, so der künftige Vize-Bürgermeister der Domstadtkommune, Kjeld Thrane.

Mads Skau und Kjeld Thrane auf dem Weg zu den Medien Foto: Ute Levisen

Gepokert und gewonnen

„Wir haben gepokert und gewonnen“, freut sich Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP) über den Zusammenhalt innerhalb der Allianz.

Während der stundenlangen Gespräche in der Wahlnacht bis in den frühen Morgen, auch daraus macht Leth keinen Hehl, hat es zahllose Zitterpartien gegeben. Nahezu alle denkbaren politischen Kombinationen und Variationen haben die Unterhändler der einzelnen Parteien ins Spiel gebracht.

Allan Emiliussen (Venstre) gratuliert Carsten Leth Schmidt zum Wahlergebnis. Foto: Ute Levisen

Traumergebnis für die SP

Es endete für die Allianz der Mitte, nicht zuletzt für die SP, mit einem Wunschszenario: Die SP erhält den Vorsitz im Technischen Ausschuss sowie einen Sitz im Finanzausschuss. Entsprechend zufrieden zeigte sich Leth Schmidt. Gern sehe er auch Einheitsliste, Volkssozialisten und Sozialdemokraten in einer politisch breit aufgestellten Zusammenarbeit im neuen Kommunalparlament, sagte er am Tag danach.

Der neue Mann bei Venstre: Jens Friis Felber aus Hørløkke bei Woyens (Vojens) Foto: Ute Levisen

Freiwilliger Rückzug von Neue Bürgerliche

Bislang steht auch die Partei Neue Bürgerliche (NB) außen vor. Hatten doch sowohl SP als auch die Radikale Venstre eine Koalition mit der Rechtsaußenpartei im Vorfeld ausgeschlossen. NB-Spitzenkandidat Benny Bonde zog daraus eine sehr persönliche Konsequenz. Seine Partei trat freiwillig den Rückzug aus den Koalitionsverhandlungen an – allerdings unter einer Bedingung: dass Mads Skau Bürgermeister wird.

 

Mirjam Fibiger Olesen vom SP-Bündnispartner Christdemokraten (links), hier zu sehen mit Helene Hellesøe Appel, fehlten gerade einmal 49 Stimmen. Foto: Ute Levisen

Ausgestreckte Hand an die Sozialdemokraten

„Mit einem sozialdemokratischen Bürgermeister können wir nicht leben“, erklärte Bonde vor laufender Kamera, als er eine Stunde vor der Präsentation der neuen Koalition gegen 3 Uhr nachts das Ergebnis der weiter hinter gläsernen Türen laufenden Verhandlungen einer staunenden Presse kundtat.

Die Partei von Jon Krongaard (rechts), Dänische Volkspartei, büßte drei ihrer vier Mandate ein. Foto: Ute Levisen

Mads Skau hat unterdessen seinen Kontrahenten Henrik Rønnow und dessen Partei zur Zusammenarbeit eingeladen und den Sozialdemokraten den Vorsitz im Kinder- und Familienausschuss angeboten. Ob die Genossen die ausgestreckte Hand annehmen werden, das werden die nächsten Tage zeigen.

Henrik Rønnow war die Enttäuschung über den Ausgang der Koalitionsgespräche anzusehen. Foto: Ute Levisen
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