Hadersleben

Julia Tabakova: Die Organistin des Doms im Porträt

Julia Tabakova: Die Organistin des Doms im Porträt

Julia Tabakova: Die Organistin des Doms im Porträt

Hadersleben/Haderslev
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Julia Tabakova ist leidenschaftliche Organistin des Haderslebener Doms. Foto: Donna Scherlinzky

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Die Orgel als Superkraft: So empfindet es die ukrainischstämmige Julia Tabakova aus Hadersleben. Die Organistin des Doms erzählt von ihrem Neustart in Dänemark, hohem Besuch im vergangenen Jahr und von ihrer Familie, die einiges mitgemacht hat.

„Orgel zu spielen ist ein gutes Gefühl. Es ist, wie wenn du eine Superkraft hast. Du entscheidest über alles.“

Julia Tabakova ist Organistin für die Domkirche in Hadersleben. Schon seit 15 Jahren spielt die 42-Jährige die Orgel und lebt ihre Leidenschaft damit aus. Seit 2021 arbeitet Tabakova im Dom und hat im Rahmen dessen im vergangenen Jahr für Kronprinzessin Mary und die First Lady der Ukraine, Olena Selenska, gespielt.  

Umzug nach Dänemark

Dass die Organistin überhaupt nach Dänemark gezogen ist, verdankt sie ihrer Klavierprofessorin, erinnert sich Tabakova. „Sie sagte, ich würde gerne deine Lehrerin sein, wenn du nach Dänemark kommen willst.“ Gesagt – getan, Julia Tabakova packte ihre Taschen und zog dann nach Aarhus, um dort zu studieren. Das war 2005.

Eigentlich hatte die heutige Organistin nie geplant, Orgel zu spielen. Darauf wurde sie nur durch ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen gebracht, erklärt die 42-Jährige. Eigentlich war der Plan, Pianistin zu werden – der wurde dann aber umgeworfen. Darüber ist Julia Tabakova aber froh, denn: „Es ist die einzige Profession, wo du wirklich musikalisch frei bist.“

Das merke sie im Gottesdienst. Ständig improvisiere sie, um etwas im Moment Passendes zu spielen, so die Ukrainerin.

Neue Kirche, neues Glück

Bevor sie 2021 im Haderslebener Dom als Organistin anfing, hat Julia Tabakova in Woyens (Vojens) als Musiklehrerin gearbeitet. Dann wechselt sie nach Hadersleben, „weil es eine Kirche ist, weil es hier drin groß ist, es eine wundervolle Orgel hier gibt. Also warum nicht?“

Julia Tabakova ist zufrieden mit ihrer Arbeit. Für sie ist es ein wahr gewordener Traum, in der Domkirche Orgel spielen zu können.

Hauptsache, die Kirche ist groß und hat eine wundervolle Orgel: Tabakova ist gern Organistin in Hadersleben. Foto: Ute Levisen

Royaler Besuch in Hadersleben

Im August vergangenen Jahres bekam der Dom hohen Besuch: Kronprinzessin Mary und die First Lady der Ukraine, Olena Selenska, nahmen an einem dänisch-ukrainischen Gottesdienst in Hadersleben teil.

Dass Selenska an diesem Tag auch dabei sein würde, wusste vorher kaum jemand. Es sollte eine Überraschung sein, was am Ende gut gelungen ist.

Tabakova hatte am Morgen des Gottesdienstes eine Vorahnung, dass die First Lady der Ukraine auch mit von der Partie sein würde. Selenska wäre am Vorabend in Norwegen auf Tour gewesen, also ergab es für die Organistin Sinn, wenn sie bei dieser Veranstaltung auch auftauchen würde.

„Ich habe meinen Kollegen gesagt, wir sollten zur Sicherheit noch einen Blumenstrauß holen. Am Ende hatten wir zum Glück genügend Blumensträuße, für Kronprinzessin Mary und für Olena Selenska“, erinnert sich Julia Tabakova.

Ein außergewöhnlicher Moment

Drei oder vier Tage hatte die 42-Jährige Zeit, um den besonderen dänisch-ukrainischen Gottesdienst vorzubereiten. Tabakova bereitete vom Dänischen ins Ukrainische übersetzte Transkripte vor und stürzte sich in die Arbeit.

Den Gottesdienst hat die Organistin zusammen mit ihrer Schwester Olga Tabakova gespielt, die selbst auch als Organistin an der Domkirche angestellt ist. „Professionell gesehen, war es einfach“, erinnert sich Julia Tabakova. „Aber menschlich gesehen und den Umständen entsprechend, war es unbezahlbar.“

Das liegt auch daran, dass sie mit ihrer Schwester gespielt hat, die damals nach Dänemark geflohen ist, als der Krieg in der Ukraine begann.  

Olena Selenska und Kronprinzessin Mary beim Besuch der Domkirche in Hadersleben. Im Hintergrund steht die strahlende Organistin. Foto: Ukraine Presidency Via Bestimage/Ritzau Scanpix

Normal angefühlt

„Mit ihnen zu reden, hat sich ganz normal angefühlt, aber ich konnte sehen, dass Selenska müde von ihrer Reise war“, erinnert sich die Organistin an den warmen Tag im August, als sie diesen hohen Besuch hatten.

Nach dem sehr vollen Gottesdienst war Julia Tabakova eine der wenigen, die mit der Kronprinzessin und Selenska geredet haben. Die First Lady der Ukraine hatte der Organistin für das gespielte Stück gedankt – ein ukrainisches Stück. 

Olena Selenska dankte ihr auch für die Rolle, die die 42-Jährige für ihre Familie und Bekannten gespielt hatte. „Ich habe getan, was ich konnte, als der Krieg begonnen hat“, erinnert sich Tabakova.

Geholfen hatte die in Dänemark lebende Ukrainerin vor allem mit Informationen. Sie habe herausgefunden, welche Brücken noch offen waren, half, Informationen zur Einreise der Hunde ihrer Familie zu beschaffen. Informationen, bei denen sie gedacht habe, dass sie nicht der Grund war, wieso ihre Familie aus der Ukraine fliehen konnte.

Ihre Schwester meinte später: „Nein, dank dir haben wir es geschafft“, erzählt Tabakova, als sie an die Zeit zurückdenkt.

Tabakova freut sich, ihre Schwester als Kollegin zu haben. Foto: Donna Scherlinzky

Eine vereinte Familie

Die Familie ist inzwischen vereint in Dänemark. Dabei war es gerade am Anfang nicht einfach und hat die Ukrainerin viel Energie gekostet. Die 42-Jährige hat sich Zeit genommen, um ihnen beim Ankommen zu helfen. „Hauptsache, sie hatten einen Ort zum Leben. Danach kam alles andere Bürokratische, wie MitID“, erzählt Julia Tabakova.

Inzwischen hat sich alles eingespielt, und das wortwörtlich: Ihre Schwester Olga Tabakova spielt nämlich mit ihr in der Domkirche und kann auch Dänisch sprechen.

Mit ihrer Schwester zu spielen, fühle sich für die Organistin gut an. „Es ist wie ein Geschenk, sie ist eine sehr gute Musikerin“, versichert sie.

Deswegen ist ihr Plan für das neue Jahr auch, noch mehr Konzerte zu spielen, auch mit ihrer Schwester.

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