Deutsche Schule Hadersleben

Im Kriegsfall: Keller unter der Sporthalle bietet Schutz

Im Kriegsfall: Keller unter der Sporthalle bietet Schutz

Im Kriegsfall: Keller unter der Sporthalle bietet Schutz

Hadersleben/Haderslev
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Im Schutzkeller unter der Sporthalle der Deutschen Schule Hadersleben finden sich noch immer einige Relikte aus der Zeit des Kalten Krieges, wie dieses Schild des lokalen Bereitschaftsdienst, erklärt Geschichtslehrer Kim Hoffmann Bjerringgaard. Foto: Annika Zepke

Seit der russischen Invasion in der Ukraine werden auch in Dänemark immer mehr Fragen nach Sicherungskellern im Falle eines Angriffs auf Dänemark laut. „Der Nordschleswiger“ hat sich mit Geschichtslehrer Kim Hoffmann Bjerringgaard von der Deutschen Schule Hadersleben in einer solchen Zufluchtstätte unterhalb der DSH-Sporthalle umgeschaut.

26.809. So viele Sicherungs- und Schutzplätze gibt es in der Kommune Hadersleben. Verteilt auf 236 verschiedene Orte, finden die Bürgerinnen und Bürger dort im Falle eines Angriffs aus der Luft Zuflucht.

Die genauen Standorte der Sicherungsräume sind – bis auf wenige Ausnahmen – nicht bekannt, werden sie doch in Zeiten des Friedens als Waschräume, Abstellkammern oder Fahrradkeller genutzt. Erst im Ernstfall werden die Sicherungsräume entrümpelt und in Betrieb genommen.

Da der Sicherungskeller unterhalb der DSH-Sporthalle im Krisenfall für alle öffentlich zugänglich ist, gibt es zwei Eingänge zu dem unterirdischen Gemäuer: einen von der Straße und einen vom Schulhof aus. Foto: Annika Zepke

Spuren der Vergangenheit

Das gilt auch für den Sicherungsraum unterhalb der Sporthalle der Deutschen Schule Hadersleben. Dort lagert derzeit jede Menge altes Schulmobiliar. Auch ein Kanu und zwei Seifenkisten haben sich unter die ausrangierten Gegenstände gemischt. Bei genauem Hinsehen stößt man in dem Sicherungskeller allerdings auch auf das eine oder andere Relikt aus der Zeit seiner Entstehung.

„Das war Anfang der 1960er Jahre“, erzählt Kim Hoffmann Bjerringgaard, Geschichtslehrer an der Deutschen Schule Hadersleben, als er den „Nordschleswiger“ auf einen Rundgang durch die unterirdischen Gemäuer mitnimmt.

Kim Hoffmann Bjerringgaard, Geschichts- und Gesellschaftskundelehrer an der Deutschen Schule Hadersleben, nimmt den „Nordschleswiger“ mit auf einen Rundgang durch den Sicherungsraum. Foto: Annika Zepke

Rasanter Zuwachs an Sicherungsräumen

Während des Kalten Krieges wurde 1950 in Dänemark ein Gesetz über den Bau von Zivilschutzmaßnahmen erlassen, wonach im Stadtbereich in allen neuen Gebäuden für mehr als zwei Haushalte oder für Firmen mit mehr als zehn Angestellten ein sogenannter Sicherungsraum eingerichtet werden musste.

„Anfang der 1960er Jahre hat es aufgrund dieses Gesetzes einen drastischen Anstieg an Sicherungsräumen gegeben“, erklärt der Geschichtslehrer. Gab es 1964 landesweit gerade einmal 656.000 Plätze in Sicherungskellern, war die Zahl zum Ende des Kalten Krieges auf etwa drei Millionen Schutzplätze angestiegen.

Heute lagern in den Räumen neben ausrangiertem Schulequipment auch ein Kanu und zwei Seifenkisten. Foto: Annika Zepke

Heute finden sich in ganz Dänemark etwa 3.743.800 dieser Schutzplätze, obgleich die Anzahl laut Mutmaßungen der Bereitschaftsbehörde seit der letzten Erhebung im Jahr 2002 rückläufig sei. „Damit ist Dänemark im europäischen Vergleich dennoch eines der Länder mit der größten Anzahl an Sicherungsplätzen gemessen an der Bevölkerungsdichte“, erklärt der Lehrer für Geschichte, Gesellschaftskunde, Englisch und Dänisch.

Deutsche Schule bildete keine Ausnahme

Da auch Schulen, Schwimmhallen und andere Orte des gesellschaftlichen Zusammenseins von diesem neuen Gesetz umfasst waren, durfte auch beim Bau der deutschen Schule am Ryes Møllevej Ende der 1950er Jahre ein ausreichend großer Sicherungskeller nicht fehlen.

Kim Hoffmann Bjerringgaard entdeckt bei genauerem Hinsehen auch noch einige Relikte aus der Anfangszeit des Sicherungsraumes, wie diese Sicherheitsschürze zum Handtieren von heißen Gegenständen. Auch alte Schutzbrillen und Taschenlampen aus den 1960er Jahren hat die dänische Bereitschaftsbehörde bei ihrem „Auszug“ zurückgelassen. Foto: Annika Zepke

Dieser war jedoch keineswegs nur für Schulkinder und Lehrende der deutschen Schule gedacht, wie Kim Hoffmann Bjerringgaard zu bedenken gibt. „Die Sicherungsräume sind grundsätzlich öffentliche Sicherungsräume. Daher ist der Keller auch von außerhalb des Schulgeländes zugänglich.“ Anfangs, als der Sicherungsraum noch aktiv von der dänischen Bereitschaftsbehörde für Übungszwecke genutzt wurde und man auf den Ernstfall jederzeit vorbereitet war, habe die Schule überhaupt keinen Zugang zu den Räumlichkeiten gehabt, so der DSH-Lehrer.

Im Notfall gibt es einiges zu tun

Mittlerweile ist das anders: Zahlreiche ausrangierte Tische und Stühle stapeln sich in den Räumen, und auch ein altes Klassenfoto liegt ungeachtet zwischen den Schulsachen. „Rein prinzipiell müssten wir die Sachen im Ernstfall binnen 24 Stunden aus dem Keller schaffen“, erklärt Kim Hoffmann Bjerringgaard.

Früher war in dem Schutzkeller ein Nothospital mit etwa 30 Betten eingerichtet. Heute zeugen nur noch einige Matratzen von der einstigen Funktion des Raumes. Foto: Annika Zepke

Doch das Leeren des Kellers sei nicht die einzige Herausforderung, sollte der Verteidigungsminister die Wiederinbetriebnahme des Sicherungskellers, der bis vor einigen Jahren noch als Feldlazarett mit mehr als 30 Betten eingerichtet war, anordnen. Auch neue Luftfilter müssten installiert werden, sagt Hoffmann Bjerringgaard. Diese habe die Bereitschaftsbehörde bei ihrem „Auszug“ ebenfalls abmontiert.

Die Notlüftung habe sogar per Handkurbel betätigt werden können, erzählt der Geschichtslehrer, der seit gut 13 Jahren an der Deutschen Schule Hadersleben arbeitet: „Das habe ich selbst allerdings nie gesehen. Das ist mir nur berichtet worden.“

Anfang der 1960er Jahre, kurz nach der Errichtung des Schutzraumes, hat die dänische Bereitschaftsbehörde in dem Keller noch regelmäßig Übungen durchgeführt, wie dieses Protokoll belegt. Foto: Annika Zepke

Kein Schutz vor Atom- und Chemiewaffen

Trotz Notlüftung sei der Sicherungsraum jedoch nicht für jede Art von Angriff als Schutz dienlich, betont Hoffmann Bjerringgaard: „Die Stahltüren an den Eingängen sind zwar massiv, haben jedoch keine Gummidichtung. Zur Abwehr von biologisch-chemischen Angriffen ist der Keller daher nicht geeignet.“ Gleiches gelte für einen Atomkrieg, fügt er hinzu: „Dafür müsste die Tür aus Blei bestehen, um die Strahlung abzuwehren.“

Im Fall eines militärischen Angriffs aus der Luft könne das unterirdische Gemäuer jedoch für schätzungsweise 150 bis 300 Leute einen Ort der Zuflucht bilden, meint Kim Hoffmann Bjerringgaard: „Aber hoffen wir, dass es so weit nicht kommt.“

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