Zugemüllt

Ein hoffnungsloser Fall

Ein hoffnungsloser Fall

Ein hoffnungsloser Fall

Süderballig/Sønderballe
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An der ausgewiesenen Margeriten-Route bekommt man einiges zu sehen – ob man will oder nicht. Foto: Ute Levisen

Im dänischen Sommerland zwischen Djernis und Süderballig wachsen die Müllberge an der alten Meierei und auf dem Grundstück des ehemaligen Kaufmannsladens. Die Schrottberge haben zur Frustration der Dorfbewohner der Tourismusregion gute Wachstumsbedingungen, denn die Kommune Hadersleben ist machtlos. Angeblich.

An der Ferienstraße Margeriten-Route bekommen Einheimische und Touristen einiges zu sehen. Seit mehr als 20 Jahren lässt Ebbe Storm in bester Lage auf seinen Grundstücken in Süderballig/Sønderballe und Djernis/Diernæs Schrottberge in den Himmel wachsen.

Schrott, der in den Himmel wächst

„Und seit 21 Jahren sehen wir ihm dabei machtlos zu“, sagt Dorfbewohnerin Sonja Nielsen. „Ebbe häuft immer mehr Schrott an. Er schreckt auch nicht davor zurück, seine Sammlung auf die öffentliche Straße auszudehnen.“ Neulich, im Dunkeln, wäre sie fast in das Alteisen gefahren, das der passionierte Sammler am Straßenrand und gar auf der Straße angehäuft hatte. „Mein Mann hat das Ganze mit dem Traktor auf Ebbes eigenes Grundstück verfrachtet“, erzählt Nielsen.

 

Sonja Nielsen (vorn) und Kathrine Tryk verdeutlichen, wie weit der Schrottplatz auf die Straße ausgedehnt worden ist - bis ein beherzter Anwohner mit seinem Trecker einschritt. Foto: Ute Levisen

Kathrine Tryk, Vorsitzende des Bewohnervereins von Süderballig, kann sich nur allzu gut an Episoden wie diese erinnern, in denen die Sammelwut die öffentliche Sicherheit im Dorf gefährdet.

Venstre: Kommune sind die Hände gebunden

Der Venstre-Politiker Bent Kloster ist Vorsitzender des Landdistriktsausschusses. Er kennt den Fall nur allzu gut. Kloster stellt im gleichen Atemzug fest, dass der Kommune rechtlich die Hände gebunden seien.

Es herrsche das private Eigentumsrecht. Was aufgeräumt sei und was nicht, sei auch immer eine subjektive Wahrnehmung.

Kathrine Tryk und Sonja Nielsen: „Wir haben nichts unversucht gelassen.“ Foto: Ute Levisen

SP: Es gibt rechtlichen Spielraum

Dies sieht Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP) anders. Als Süderballiger ist er nicht nur persönlich betroffen, sondern setzt sich seit Jahren dafür ein, reinen Tisch mit dem ganzen Schrott zu machen: „Natürlich kann man dagegen was unternehmen. Bau- und Umweltgesetzgebung bieten eine rechtliche Handhabe, die bei Regelverstößen zumindest für alle Normalsterblichen streng geregelt ist.“

Beispiel: Container. Diese müssten, so Leth Schmidt, sechs Wochen nach Bauabschluss verschwinden. Ansonsten werden Bußgelder fällig.

Die Container, die Storm auf seinem Grundstück deponiert hat, stehen dort sei 15 Jahren. Gänzlich unbehelligt, sagen die Nachbarn.

Einer von ihnen ist Niels Friis. Er muss, wie so viele andere, eine Wertminderung seiner Immobilie in Kauf nehmen. Das könne er von seinem Makler auch schriftlich bekommen.

Carsten Leth Schmidt, Anwohner und Politiker, engagiert sich seit Jahren gegen die wachsenden Schrottberge. Foto: Ute Levisen

Sammelwut auf Gedeih und Verderb ausgeliefert

„Doch es kann nicht sein, dass die Menschen hier auf Gedeih und Verderb wohnen bleiben müssen. Sie bekommen weder einen Kredit für eine Sanierung noch können sie ihre Häuser verkaufen – und dies aufgrund der Sammelwut eines einzigen Mannes.“

Seinen Nachbarn, ein im Frühjahr verstorbenes älteres Ehepaar, sei es nicht vergönnt gewesen, ihr unter Denkmalschutz stehendes schmuckes Haus in unmittelbarer Nachbarschaft des Sammlers zu verkaufen und in eine kleinere Wohnung zu ziehen.

„Damit haben diese netten alten Menschen bis zum Schluss gehadert“, sagt Friis.

Für Niels Friis ist das Maß des Erträglichen längst erreicht. Er fordert politisches Eingreifen. Foto: Ute Levisen

„Tour de Schrott“

Als Sonja Nielsen und Kathrine Tryk an der wunderschön gelegenen Margeriten-Route in Süderballig eine Besichtigungsrunde entlang des dort weithin sichtbar ausgestellten Schrotts, eine Tour de Schrott, drehen, gesellt sich ein freundlich dreinblickender Mann zu ihnen. Der gebürtige Seeländer, der nicht in die Zeitung möchte, ist ein Freund Storms und hilft diesem seit vielen Jahren  beim Aufräumen. Bislang ergebnisoffen.

„Kannst du nicht mal mit ihm reden?“ – Die Bitte der Vereinsvorsitzenden klingt flehend. Der freundlich dreinblickende Mann winkt ab: „Das bringt nichts. Ebbe ist ein hoffnungsloser Fall.“

Der Schrottplatz ist direkt an der landesweiten Ferienstraße gelegen. Passanten bekommen dort in der Tat einiges zu sehen, was einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Foto: Ute Levisen

Mit Bitten und Betteln haben es auch die Dorfbewohner versucht. „Ebbe ist ja kein schlechter Mensch. Er gelobt Besserung, und dann passiert – nichts! Im Gegenteil, es kommt immer mehr dazu“, seufzt Kathrine Tryk.

So trug es sich zu, dass seit nunmehr 21 Jahren der Schrott in der Tourismusregion in den Himmel wächst. „Ursprünglich hätte die Tour de France hier vorbeigehen sollen“, erzählt Carsten Leth Schmidt. Für die Sportler wäre dies wohl ein Erlebnis fürs Leben gewesen. Laut dem SP-Politiker sind die zugemüllten Grundstücke des einstigen Kaufmannsladens in Süderballig und die ehemalige Meierei in Djernis die größten Müllhalden in Privatregie in der Domstadtkommune.

Das unter strengem Denkmalschutz stehende Haus in der Nachbarschaft, eines von 15 in der Kommune, habe seinen inzwischen verstorbenen Besitzern in deren letzten Jahren nicht viel Freude bereitet, sagt Nachbar Niels Friis. Foto: Ute Levisen

Kommunales Angebot

Nun liegt der Ball erneut bei Kommunalverwaltung und Politik. Die Stormschen Schrottberge sollen weichen – koste es, was es wolle. Sagen die einen.

Momentan, so Leth, arbeitet die Kommunalverwaltung an einem Kostenvoranschlag für Abriss und Aufbereitung des Erdreichs der Grundstücke. Ziel ist es, die betroffenen Immobilien zu kaufen.

Politisch herrscht derweil Uneinigkeit darüber, wie viel eine derartige Aktion kosten darf.

„Wenn in all den Jahren nichts passiert ist, dann weil der politische Fokus fehlt – und die technische Verwaltung nicht genügend Ressourcen hat“, betont Leth Schmidt. Doch nicht nur er meint, dass das Maß übervoll ist.  

Niels Friis findet deutliche Worte: „Welche Schweinereien darf man auf dem Lande anrichten, ohne dass dies Folgen hat?“

Umgeben von Unkraut und ausrangierten Druckluftbehältern: Die Bushaltestelle des Dorfes ist auch ein Kapitel für sich. Neben der Bushaltestelle ist ein Fahrradständer, über den Gras gewachsen ist. Somit gibt es für Buspassagiere keine Möglichkeit, ihre Räder dort abzustellen. Foto: Ute Levisen
Die Bushaltestelle von Süderballig Foto: Ute Levisen

Ein in die Jahre gekommener Fernsehbeitrag von TV Syd. Es ist nicht der erste in diesem Fall. Hier ist ein weiterer Beitrag.

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