Deutsche Minderheit

50 Jahre Fahrschule Jürgensen: Es läuft rund

50 Jahre Fahrschule Jürgensen: Es läuft rund

50 Jahre Fahrschule Jürgensen: Es läuft rund

Hadersleben/Haderslev
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Seit 50 Jahren als Fahrlehrer unterwegs: Christian Jürgensen Foto: Ute Levisen

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„Wo ist nur die Zeit geblieben?“ – Christian Jürgensen von der Fahrschule „Firma Jürgensen“ reibt sich verwundert die Augen. Vor 50 Jahren legte er gemeinsam mit seiner Frau Inge den Grundstein für die älteste Fahrschule der Domstadt. Es läuft rund in der „Firma“, trotz mancher Schlaglöcher in einem geschäftigen Alltag auf der Straße.

Ein halbes Jahrhundert ist ins Land gezogen, seit Inge und Christian Jürgensen ihre gleichnamige Firma aus der Taufe gehoben haben. In diesem Jahr feiert die Fahrschule „Firma Jürgensen“ aus Hadersleben ihr 50-jähriges Bestehen. Heute ist „die Firma“ die älteste ihrer Art in der Domstadt.

Schluss mit dem Globetrotten

Das Gründungsjahr 1973 war in vielerlei Hinsicht für das Ehepaar Jürgensen, das aus der Minderheit stammt, ein ereignisreiches: „Wir haben geheiratet. Anderthalb Jahre später kam unser Sohn Carsten zur Welt“, erzählt Inge Jürgensen.

Blutjung waren die beiden damals. Christian Jürgensen war Anfang der 70er-Jahre gerade fertig mit seiner Unteroffiziersausbildung an der Kaserne und viel auf Achse. Als sich bei den  jungen Leuten Nachwuchs einstellte, war es für Globetrotter Christian an der Zeit, sesshaft zu werden – fand seine Frau: Die Idee einer eigenen Fahrschule war geboren.

Ausbilder für Bereitschaft und Polizei

Der Louisevej in Hadersleben war die erste Station der Firma Jürgensen. Es folgte der Firmensitz am Gammelting, einem der zentralen Plätze in Hadersleben, gleich gegenüber der Polizeiwache.

Dies wiederum erwies sich als praktisch, denn zur Klientel der Firma gehören die Motorradflotte der Polizei sowie Fahrschüler des nordschleswigschen Katastrophenschutzes „Beredskabsstyrelsen“ und die Kaserne Hadersleben.

Die Firma Jürgensen war somit während der Coronakrise besser aufgestellt als andere Fahrschulen, obgleich auch sie die Schotten für Zivilisten währenddessen dichtmachen musste.

„Etwa ein halbes Jahr ging das so“, erinnert sich Jürgensen. Der Fahrschulbetrieb für das Militär in der Domstadtkommune lief unterdessen weiter.

Als Fahrlehrer erlebt man so einiges. Darüber könnte Christian Jürgensen Bücher schreiben, wenn er Zeit dafür hätte. Foto: Ute Levisen

Junior Jürgensen übernimmt die Firma

2011 übernahm Sohn Carsten das Steuer in der Firma, in der auch seine Frau Nadia arbeitet. Beide bilden auch Fahrlehrerinnen und -lehrer aus.

Nadia Jürgensen hat sich zudem auf Kundschaft mit besonderen Herausforderungen spezialisiert, etwa Menschen mit Autismus – und dies mit großem Erfolg: „Nadia ist wirklich gut. Sie hat das richtige Gespür dafür“, lobt der Schwiegervater.

Der Sitz der Firma liegt nach wie vor am Gammelting, wo das inzwischen fünfköpfige Team des Familienbetriebs in Theorie unterrichtet. Erste fahrpraktische „Schritte“ macht die Kundschaft auf der Anlage der Mitglieder von „Haderslev & Omegns Kørelærerforening“ in Marstrup (Mastrup). Im Industriegebiet am Porsevej liegt die Garage der Firma, zu deren Fuhrpark Motorräder und Pkw der Marken BMW und Mercedes gehören sowie Lkw von MAN.

Frau am Steuer: Mit dem Bus durch Haderslebens Gassen

Ende der 90er setzte sich auch Inge Jürgensen ans Steuer der Firma. Bislang hatte sie im Büro den Betrieb am Laufen gehalten. Im wahrsten Sinne des Wortes.

„Aber manchmal musste ich eben auch einen Bus von einem Ort zum anderen bewegen“, erzählt die heute 73-Jährige.

Vor 25 Jahren machte sie daher ihren Busführerschein. Sie kann sich noch lebhaft erinnern, wie es war, mit dem zwölf Meter langen Gefährt durch die Gassen der Domstadt zu „kutschen“ und nach allen Regeln der Fahrkunst Wendemanöver zu vollziehen: „Ich habe damals keine Ecke ausgelassen“, sagt sie lachend.

Dafür könnte sie heute noch einen 13-Tonner auf einem Teller wenden, wenn es denn unbedingt sein müsste: „Und das als Frau!“
 

Die Frauen und der Straßenverkehr

Apropos: Frau am Steuer. Was ist eigentlich dran an den viel zitierten Vorurteilen über Frauen im Straßenverkehr?

Christian Jürgensen winkt müde lächelnd ab: „Gar nichts! Frauen sind genauso schlechte oder gute Autofahrer wie Männer.“

Autofahren – das sei auch eine Frage des Talents, und das halte sich bei Männern und Frauen die Waage, stellt der 74-Jährige nach 50 Jahren auf der Straße fest.


 

Die Firma Jürgensen schwört auf deutsche Automarken. Foto: Ute Levisen

Nach 65 Stunden am Ziel

Seine persönliche Rekordhalterin ist eine Frau: „65 Fahrstunden hat sie gebraucht, um zu bestehen“, erzählt Christian Jürgensen. Seine Frau Inge nickt. Sie kann sich noch gut an diese Fahrschülerin erinnern: „Eine sympathische Frau. Mit ihren vielen Fahrstunden hat sie unseren Mallorca-Urlaub finanziert.“

„Genau“, bestätigt ihr Mann: Die Fahrerlaubnis habe sie schließlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Empfang genommen und gesagt: „Ach Christian, wie schade, dass es schon zu Ende ist. Es war so schön mit dir.“

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