Analyse

Politische Baustellen für Brückenbauer

Politische Baustellen für Brückenbauer

Politische Baustellen für Brückenbauer

Hadersleben/Haderslev
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Mads Skau (links), flankiert von seinem künftigen Vize-Bürgermeister Kjeld Thrane (Konservative Volkspartei), ist am Mittwochabend „vereidigt“ worden. Foto: Ute Levisen

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Seit Mittwochabend ist es amtlich: Das künftige Kommunalparlament von Hadersleben hat sich mit dem neuen Bürgermeister Mads Skau konstituiert. Was dürfen die Bürgerinnen und Bürger der Domstadtkommune von ihrem neuen Rat erwarten? Alten Wein in neuen Flaschen, unken einige. Wohl kaum.

Es ist vollbracht: Die politischen Posten sind vergeben – der Kommunalvorstand steht in den Startlöchern, ab Januar die neue Legislaturperiode in Angriff zu nehmen. Offiziell besiegelte diese Ära der dienstälteste Kommunalpolitiker im Haderslebener Stadtrat, Jens Christian Gjesing von den Sozialdemokraten. Bei der Konstituierung am Mittwochabend überreichte er seinem politischen Kontrahenten Venstres Mads Skau die Bürgermeisterkette.

„Deutliche Opposition“

Skau steht fürder an der Spitze einer 19-köpfigen politischen Mehrheit, bestehend aus dem bürgerlichen Block und der Allianz der Mitte. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Henrik Rønnow, der im Wahlkampf unterlag, hat bereits eine „deutliche Opposition“ angekündigt. Schützenhilfe bekommen die Genossen von den Volkssozialisten (SF) und der Einheitsliste (EL).

Er wolle eine breite politische Zusammenarbeit, hatte Skau im Wahlkampf propagiert. Wie die meisten Parteien. Formal scheint es ihm damit ernst zu sein. Zumindest wächst die Zahl der politischen Ausschüsse von neun auf zehn und damit auch die Verteilung der politischen Verantwortung auf mehr Schultern.

Oppositionsführer Henrik Rønnow (links) hat eine deutliche Opposition angekündigt. Foto: Ute Levisen

Grund zu verhaltenem Optimismus

Ob es damit getan ist, bleibt abzuwarten. Gibt es doch in der Zusammensetzung des neuen Kommunalparlaments einige Unbekannte – im wahrsten Sinne des Wortes.


Verhalten optimistisch stimmt, dass der neue Rat „weiblicher“ und jünger wird: 12 Frauen und 19 Männer werden im Kommunalvorstand und in den Ausschüssen arbeiten. Vor allem in den sozialen Ausschüssen sind einige Newcomerinnen vertreten – in just jenen Ausschüssen, die zugleich einige der größten kommunalen „Baustellen“ umfassen. Das sind politisch neuralgische Punkte, die die Kommune Hadersleben wegen stümperhaften Krisenmanagements in den vergangenen beiden Legislaturperioden immer wieder in die Schlagzeilen gebracht haben – auch landesweit. Zu den kommunalpolitischen Schwerpunkten gehören der Arbeitsmarkt- und Schulbereich sowie die Ressorts, die sich mit der Senioren- und Behindertenpolitik befassen.

Als Vorsitzender des künftigen Ausschusses für Technik und Klima wird Carsten Leth Schmidt von der SP deutliche Fußabdrücke hinterlassen können. Hier ist er mit Hans Fedder Kley von den Jungen Spitzen zu sehen. Das Wahlbündnis der SP mit Christendemokraten und Die Alternative hat ein zweites Mandat um 22 Stimmen haarscharf verfehlt. Foto: Ute Levisen

Öffnung über die Mitte

Politik, gerade Kommunalpolitik, ist die Kunst des Machbaren. Sie stößt in der realpolitischen Wirklichkeit an ihre finanziellen Grenzen. Wenn der Idealismus der „Neuen“ im Rat gedämpft ist, werden sie nach einer Schonfrist an ihren Ergebnissen gemessen. Tröstlich ist, dass sich mit der Konstituierung ein Ende der bürgerlichen Blockpolitik abzeichnet, eine Aufteilung in Blau-Schwarz und Rot-Rosa, wie wir es aus den vergangenen acht Jahren kennen. Es wird eine Öffnung über die politische Mitte hinaus geben.

Die Mitte muss liefern

Gut so. Nicht zuletzt auf der Allianz der Mitte, bestehend aus Konservativer Volkspartei, Radikaler Venstre und Schleswigscher Partei, wird das Augenmerk der Öffentlichkeit ruhen: Sie muss liefern! Zeigen, dass es ihr ernst ist mit den Ansagen im Wahlkampf. Mit Blick auf den großen politischen Einfluss, den diese Gruppe in Zukunft auf das politische Geschehen in der Großkommune haben wird, ist zumindest der Weg dafür geebnet.

Energiewende und Wohlfahrt: Es gibt viel zu tun

Und was können wir von dem neuen Venstre-Bürgermeister erwarten? Dessen unaufgeregte Persönlichkeit dürfte hilfreich dabei sein, eine Brücke zu schlagen – selbst zu einer „deutlichen Opposition.“ Energiewende, Wohlfahrt, Bürgernähe – das sind nur einige der kommunalpolitischen Herausforderungen, die es anzupacken gilt. In der Theorie sind sich hier – fast – alle Parteien einig.
In der Praxis kann die Großkommune Hadersleben, die sich von Ost nach West über etwa 70 Kilometer erstreckt, mit einem latenten Konflikt zwischen Stadt und Land, angesichts dessen jeden Brückenbauer, jede Brückenbauerin gebrauchen.
Am besten alle 31.

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Henrik Rønnow
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