Gesellschaft

Junge Familie öffnet ihr Heim für Menschen auf der Flucht

Junge Familie öffnet ihr Heim für Menschen auf der Flucht

Junge Familie öffnet ihr Heim für Menschen auf der Flucht

Hadersleben/Haderslev
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Obwohl das Ehepaar Maass Søndergaard einen fordernden Berufsalltag hat und mehrmals wöchentlich lange Pendlerstrecken zurücklegt, engagieren sich beide für andere Menschen. Foto: Ute Levisen

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Gäbe es einen Orden für Nächstenliebe, Sanne und Thomas Søndergaard aus Hadersleben hätten ihn verdient. Das sagt ihr Nachbar. Denn die jungen Eltern engagieren sich seit Jahren für die Weihnachtshilfe. Als der Krieg nach Europa kam, nahmen sie Geflüchtete aus der Ukraine bei sich auf.

Ihr Nachbar Eric Vesterlund würde Sanne und Thomas Maass Søndergaard am liebsten einen Verdienstorden für praktizierte Nächstenliebe verleihen. Davon aber möchte das Ehepaar aus Hadersleben nichts wissen. Ihr Engagement für Menschen in Not betrachten die Eltern zweier Kinder im Alter von sechs und neun Jahren als Selbstverständlichkeit. 

Flucht aus Butscha-Region nach Hadersleben

Dabei ist der Dienst am Nächsten kein Tanz auf Rosen. „Das ist uns klar, doch wir möchten unseren Kindern vorleben, dass man Menschen hilft, die weniger privilegiert sind“, sagt Sanne Maass Søndergaard. Und genau das machen sie und ihr Mann seit vielen Jahren.

Als im Frühjahr viele Menschen vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine flüchten mussten, öffneten sie spontan ihr Zuhause für vier Flüchtlinge. Eine Mutter und ihre drei Kinder fanden bei den Søndergaards in Hadersleben für ein Vierteljahr ein neues Zuhause. Später kam eine Verwandte ihrer Gäste hinzu.

Ohne eine Krone in einer fremden Kultur

„Sie hatten praktisch kaum mehr als das, was sie auf dem Leibe trugen, als sie zu uns kamen. Zwei Plastiktüten mit Sachen und einen Rucksack. Das war’s“, erinnert sich die zweifache Mutter.

„Wir möchten unseren Kindern vorleben, dass man anderen Menschen hilft", sagen die Eltern. Foto: Ute Levisen

Neuanfang in einem fremden Land

Das Ehepaar nahm die Mutter und drei KInder aus der Region von Butscha bei sich auf – half ihnen bei Behördengängen, beispielsweise zur Ausländerbehörde SIRI in Odense, sprach gemeinsam mit ihnen bei der Kommune vor, begleitete sie zum Arbeitsamt, damit sie dort ihr Startgeld in Empfang nehmen konnten – und erleichterte ihnen so den Neuanfang in einem fremden Land.

Der sechsjährige Storm hatte sich auf den „Familienzuwachs" gefreut: So bekamen er und sein Bruder Jonas neue Spielkameraden. Foto: Ute Levisen

Behördengänge ohne Ende

„Am Anfang sind wir sehr viel unterwegs gewesen“, erinnert sich Thomas Søndergaard. Ohne zu zögern hatte er eingewilligt, als seine Frau wildfremde Menschen, noch dazu aus einer anderen Kultur, aufnehmen wollte.

Beide haben von Berufs wegen viel mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zu tun: Sanne Søndergaard arbeitet für Danfoss in Gravenstein (Gråsten) und ihr Mann beim Spielzeughersteller „Lego“ in Billund. Zwei Jahre haben sie in China gelebt.

Spontan nahm die Familie Geflüchtete aus der Ukraine für ein Vierteljahr bei sich auf. Heute stehen ihre früheren Gäste auf eigenen Beinen. Foto: Ute Levisen

Familie aus der Ukraine steht heute auf eigenen Beinen

„Natürlich ist es anfangs nicht einfach gewesen“, sagt Sanne Søndergaard. Mit ihren Hausgästen konnten sie nur mit Händen und Füße sprechen: „Sie verstehen kein Englisch und wir kein Ukrainisch, aber irgendwie haben wir uns doch verständlich gemacht, zumeist mit Händen und Füßen. Und für unsere Kinder war es großartig, neue Spielkameraden zu bekommen.“

Das war im Frühjahr 2022. Heute, fast ein Jahr später, steht die Familie aus Butscha auf eigenen Beinen, hat eine Wohnung, ist in Lohn und Brot. Das heißt, eine der jungen Frauen hat ihren Job im Aarösunder Badehotel mit dessen Konkurs inzwischen wieder verloren.

Seit drei Jahren engagiert sich Sanne Søndergaard im Rahmen der Weihnachtshilfe auch für die Aktion „Wunschbaum" in Zusammenarbeit mit dem Haderslebener Einzelhandel „Haderslev Butikker". Foto: Privatfoto

Zwischen Jobsuche, Unfallambulanz und Weihnachtshilfe

„Wir müssen also wieder auf Arbeitssuche gehen“, sagt Sanne Søndergaard: „Aber ich habe – Gott sei Dank – ein großes Netzwerk, das hilft dabei.“

Das neue Jahr beginnt somit turbulent – und genau so, wie das alte ausgeklungen ist. Die Silvesternacht verbrachte die Familie mit dem sechsjährigen Storm in der Unfallambulanz. Er hatte sich den Kopf an einer Tischkante aufgeschlagen, und in der Vorweihnachtszeit hatte Sanne Maass Søndergaard mit der Weihnachtshilfe alle Hände voll zu tun.
 

Das schönste Geschenk

Seit acht Jahren engagiert sich die 39-Jährige für die landesweite, gemeinnützige Organisation „Julehjælpen“. Sie verpackt Geschenke und hilft bei der Organisation der Weihnachtsfeier für bedürftige Familien in Hadersleben.

Seit drei Jahren ist sie außerdem bei der Aktion „Wunschbaum“ in Zusammenarbeit mit dem Einzelhandelsverband „Haderslev Butikker“ dabei: In dessen Geschäften stehen in der Vorweihnachtszeit Weihnachtsbäume, an denen Kärtchen mit Kinderwünschen hängen. Viele Kundinnen und Kunden der Läden haben auch in diesem Jahr Wünsche erfüllt – und damit Kindern ein schönes Weihnachtsfest beschert.

Alle Jahre wieder verwandelt sich das Einfamilienhaus der Søndergaards in eine Art Frachtzentrale. Foto: Privatfoto

Hunderte von Kinderüberraschungen

550 auf diese Weise gespendete Kinderüberraschungen hat Sanne Maass Søndergaard nachfolgend in ihrem Eigenheim liebevoll verpackt und zu den Kindern gebracht.

„Alle Jahre wieder sieht unser Haus zur Weihnachtszeit aus wie ein Frachtzentrale“, lacht Thomas Søndergaard. Sein Frau Sanne nickt: „Aber es ist die Mühe wert – und für uns das schönste Geschenk, die Freude in den Augen der Kinder zu sehen.“

Landesweite Weihnachtshilfe

Die landesweite agierende gemeinnützige Organisation Julehjælpen vermittelt, den Kontakt zwischen bedürftigen Menschen und Spenderinnen und Spendern. Das können Privatpersonen, aber auch Unternehmen sein. Ehrenamtlich engagierte Menschen im ganzen Land halten die Weihnachtshilfe am Laufen. In Hadersleben sorgen Sanne Maass Søndergaard und ihr Netzwerk dafür, dass die Weihnachtshilfe zu 100 Prozent bei den Menschen ankommt.

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