Höchstgericht

Grundsatzentscheidung: Anwalt Berg lässt die Korken knallen

Grundsatzentscheidung: Anwalt Berg lässt die Korken knallen

Grundsatzentscheidung: Anwalt Berg lässt die Korken knallen

Woyens/Vojens
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Stephan Ravn Berg, Anwalt aus Hadersleben, betrachtet das Vorgehen der Kommune mit Verwunderung. Foto: Ute Levisen

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In seiner Kanzlei ließ Stephan Ravn Berg am vergangenen Freitag die Sektkorken knallen: Der Anwalt aus der deutschen Minderheit hat vor dem Höchstgericht einen Fall von Dummejungenstreich gewonnen, der die bisherige Rechtspraxis bei Einbruchsdelikten verändern dürfte.

Stephan Ravn Berg ist bestens gelaunt. Am Freitag floss der Champagner in Woyens. Dort, in der Kanzlei „Berg Advokater“, stießen er und seine Partner auf den Erfolg an.

Der langjährige Strafverteidiger hat vor dem Höchstgericht für seinen Klienten einen Sieg errungen. Nicht irgendeinen, sondern er gewann einen Prozess mit einer Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs, was die bisherige Rechtsprechung bei Einbruchsdelikten verändern wird.

„Es ist zugegebenermaßen ein besonderer Fall. Doch es ist das erste Mal, dass ein Einbruchsdelikt nicht per se mit einer Haftstrafe geahndet wird“, erläutert Ravn Berg.

 

Auf sieben Seiten begründet das Höchstgericht seine Entscheidung. Der Anwalt rechnet damit, dass die Grundsatzentscheidung die dänische Rechtspraxis bei Einbruchsdelikten verändern wird: „Sie wird wohl in einigen Fällen zum Tragen kommen.“ Foto: Ute Levisen

Mit Kanonen auf Spatzen schießen

Sein Klient, der heute 19-jährige Ricco Rosenberg aus Woyens, war vor zwei Jahren mit zwei Freunden in ein ehemaliges Schulgebäude in Skrydstrup eingedrungen. Das Trio ließ Sprudel im Wert von 225 Kronen mitgehen, bedauerte die Tat allerdings noch am selben Abend.

Die reuigen Jugendlichen brachten das Gestohlene zurück an den Tatort. Mehr noch: Die getrunkene Brause ersetzten sie. Just dabei flogen sie auf – und die Sache kam ins Rollen.

Dabei hätte das Ganze mit einem Bußgeld für die jungen Delinquenten damals enden können, sagt der Anwalt: „Mein Klient hat keine Vorstrafen, war zur Tatzeit minderjährig und hat nichts zerstört. Zudem war der Einbruch nicht geplant.“

 

Es ist eine Frage des Prinzips – und dafür opfere ich gern meine Freizeit.

Stephan Ravn Berg, Strafverteidiger aus Hadersleben

Denkzettel für Lausbubenstreich

Natürlich hätten die Jugendlichen für ihren Dummejungenstreich einen Denkzettel verdient, betont Ravn: „Ein Bußgeld von der Polizei – und gut wäre es gewesen!“

Doch weit gefehlt.

Der Anwalt aus Hadersleben, der seit über 25 Jahren Strafverteidiger ist, hatte sich damals sogar an die Staatsanwaltschaft gewandt – mit der Bitte, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen: „Es war das erste Mal, dass ich so etwas gemacht habe, aber in diesem Fall hat man wirklich mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“

Die Anklagevertretung war anderer Meinung und bekam zunächst sowohl vor dem Stadtgericht Sonderburg (Sønderborg) als auch vor dem Westlichen Landgericht recht. Beide Instanzen verurteilten die Jugendlichen zu einer 14-tägigen Haftstrafe auf Bewährung.
Das Höchstgericht verhängte ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 1.000 Kronen.

 

Berg hat den Fall kostenlos übernommen und etwa 30 Arbeitsstunden darin investiert. Da der Haderslebener Anwalt den Fall vor dem Höchstgericht gewonnen hat, erstattete ihm der Staat sein Salär. Foto: Ute Levisen

Anwalt gab nicht auf: Eine Frage des Prinzips

Doch Stephan Ravn Berg blieb am Ball. Er beantragte beim Prozessbewilligungsgremium Rechtsbeschwerde vor dem Höchstgericht.

Die Zusage kam – nach reiflicher Überlegung von einem halben Jahr: Das Gremium gab grünes Licht, da es hierbei um einen Fall von prinzipieller Bedeutung geht.

„Ladendiebstahl, beispielsweise im Wert von 7.000 Kronen, wird auch nicht mit Freiheitsentzug geahndet“, argumentiert Berg: „Und hier ging es um Brause im Wert von 225 Kronen. Das Ganze ist nicht zuletzt auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit.“

Das Höchstgericht sieht das genauso. Mehr noch: Es legte der Staatsanwaltschaft nahe, auch die Urteile der beiden anderen Jungen einer Revision zu unterziehen.

 Die Anklagevertretung war ihrerseits mit der Forderung nach einer 30-tägigen Haftstrafe vor den Kadi gezogen.

Stephan Ravn Berg hat den Fall pro bono für seinen Klienten geführt: „Es ist eine Frage des Prinzips – und dafür opfere ich gern meine Freizeit.“

 

„Mit Riccos Fall können sich wohl die meisten von uns identifizieren“, sagt der Anwalt. Auch Tage nach der Grundsatzentscheidung verhehlt er seine Freude über den juristischen Triumph nicht. Foto: Ute Levisen

Erneut ein Platz im „Karnov“

Dieser Fall ist nicht nur von prinzipieller Bedeutung: Er kommt den dänischen Staat auch teuer zu stehen.

„Die Verfahren dürften einige Hunderttausend Kronen gekostet haben. Man sollte glauben, die ohnehin überlasteten Gerichte hätten Besseres zu tun“, sagt Ravn Berg – und lächelt.

Er hat auch gut lachen. Der Triumph vor dem Höchstgericht – es ist bereits sein zweiter – bringt Stephan Ravn Berg erneut einen Platz in der Rechts- und Urteilssammlung „Karnov“, der „Bibel“ für Juristinnen und Juristen, ein.

Es ist gewissermaßen der Lohn der guten Tat für den Strafverteidiger aus Hadersleben.

 

Die Anwaltskanzlei von „Berg Advokater“ hat mehrere Niederlassungen im Landesteil. Hier ist Stephan Ravn Berg vor der Woyenser Filiale zu sehen. Foto: Ute Levisen
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