Deutsche MInderheit

Als die Väter abgeholt wurden

Als die Väter abgeholt wurden

Als die Väter abgeholt wurden

Kollund
Zuletzt aktualisiert um:
Carsten Lund macht sich bezüglich eines Vormarsches rechtsextremer und antidemokratischer Positionen große Sorgen. Foto: Helge Möller

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Nach dem Krieg arbeitete die dänische Regierung die Besatzungszeit juristisch auf. Angehörige der deutschen Minderheit wurden interniert und die Kinder sahen dabei zu. Sie erzählten am Donnerstag von ihren Erlebnissen im Haus Quickborn. Einige Erinnerungen, die blieben, waren von lustiger Natur, andere nicht. Teil 2 des Veranstaltungsberichts.

„Es gibt viel Erinnerungsliteratur zum Thema Faarhuslager, in der ehemalige Inhaftierte der deutschen Minderheit über ihr Leben im Lager berichten“, so Hauke Grella, Leiter des Deutschen Museums in Sonderburg. Da wäre es interessant zu hören, wie die Kinder die Verhaftung ihrer Väter erlebten, so der Gedanke von Grella, der mit dem Sozialdienst Nordschleswig eine Erinnerungsveranstaltung organisierte, in der diese Kinder, nun auch in einem stolzen Alter, von ihrem Erleben berichten konnten – oder zuhörten.

Viele der rund 60 Gäste, die sich am Donnerstag im Haus Quickborn einfanden, hatten die Verhaftungen erlebt, als Kinder oder gar als Jugendliche, wie etwa Carsten Lund, der mit 92 Jahren nach vorne trat und mit einigem Humor von der Zeit erzählte.

Am Ende, nach etwa eineinhalb Stunden und einigen Erinnerungen, war deutlich: Vor allem die Verhaftung an sich hat sich ins Gedächtnis der Kinder eingebrannt. Wie Polizisten und Freiheitskämpfer mit Maschinenpistolen und Gewehren kamen und die Väter abholten. Mal freundlicher, weil man sich kannte, mal weniger freundlich, jedoch immer zivilisiert – dies ließ sich aus den geschilderten Erlebnissen heraushören.

Nicht nur lustige Erlebnisse

Wie den Bewachern ein Schnippchen geschlagen wurde, indem die Ehefrauen oder gar das Kind Zigaretten und Lebensmittel in das Lager in Faarhus  oder ins Gefängnis in Sonderburg (Sønderborg) schmuggelten, war auch eine Erinnerung, die blieb.

Aus dem Publikum kam dann aber auch die Frage nach den Nöten, denn nur lustig sei die Zeit ja nicht gewesen. Die Frauen waren auf sich allein gestellt und mussten die Kinder und eventuell auch den Hof versorgen. Wie sie das schafften, das erfuhren die Kinder nicht.

Carsten Lund schilderte auch, wie er als junger Mann mit seinem Vater über die Vergangenheit sprechen wollte, dies aber nicht gelang. Auch blieb ihm verborgen, wie die Eltern die Nachkriegszeit ohne Einkommen des Vaters überstehen konnten. Diese Frage stellten sich einige der Anwesenden. Lunds Vater war NSDAP-Mitglied und Zeitfreiwilliger und galt somit als belastet. Sein Sohn Carsten war später engagierter Gewerkschaftler in Dänemark und wurde, das unterstrich er an diesem Abend, immer fair von seinen dänischen Kollegen behandelt.

Das erging nicht allen so. Am Ende der Veranstaltung wurde es nach einigen Lachern noch einmal düster. Als eine Teilnehmerin davon berichtete, dass sie und ihre Geschwister verprügelt wurden, als sie auf die neue deutsche Schule in Hoyer gingen und mit gefrorenen Exkrementen beworfen wurden.

Nicht nur das Deutsche Museum in Sonderburg zeigt Interesse an den Erinnerungen der Angehörigen. Gry Scavenius Bertelsen vom Museum Frøslevlejr nutzte die Gelegenheit am Ende der Veranstaltung, ihr Anliegen vorzutragen: Sie würde gern mit den nunmehr erwachsenen Kindern der inhaftierten Väter ins Gespräch kommen, damit die Erinnerungen für die Zukunft gesichert werden. Ein Fernsehteam, das für den Sender „TV-Syd" arbeitet, will zusammen mit der Museumsinspektorin gern die Erinnerungen in einer Dokumentation zusammenführen.

Mehr lesen